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Clara Sonntag spielt Maria Anna Mozart mit Power.
© Thomas M. Jauk

"Mozarts Schwester" am Hans Otto Theater: Im Schatten des berühmten Bruders

Sie war fast ebenso begabt wie ihr Bruder Wolfgang Amadeus Mozart, ist aber heute quasi vergessen. Das Stück „Mozarts Schwester“ am Hans Otto Theater erzählt von Maria Anna Mozart.

Potsdam - Was für eine Zumutung: Eine Frau, die Violine spielt und sich dazu im Takt der Musik wiegt. Ob dieser optischen Reize kann sich nun wirklich kein Mann mehr auf die Musik konzentrieren – findet zumindest die Gesellschaft des 18. Jahrhunderts. Maria Anna Mozart, die ältere Schwester von Wolfgang Amadeus Mozart, hat unter dieser sexistischen Denkweise gelebt und gelitten. Das Theaterstück „Mozarts Schwester“, das am gestrigen Donnerstagvormittag in der deutschen Uraufführung in der Reithalle des Hans Otto Theaters Premiere feierte, erzählt davon.

Maria Anna ist 1751 geboren, wird von allen Nannerl genannt und lernt bereits früh das Klavierspiel. Sie ist talentiert, spielt auch schwierige Stücke problemlos. Ein Wunderkind, so freut sich ihr Vater Leopold (Tilmar Kuhn) und fördert die Tochter so gut es geht. Sie ist die Erzählerin des Stückes, das Regisseurin Milena Paulovics nach dem Text von Daniël van Klaveren unterhaltsam flott für drei Personen inszeniert. Und sie ist es auch, die gleich von Anfang an klar macht: Ohne den berühmten Wolfgang Amadeus kann ihre Geschichte nicht erzählt werden.

Clara Sonntag und Robin Jentys haben viel Spaß als Nannerl und Wölfchen Mozart.
Clara Sonntag und Robin Jentys haben viel Spaß als Nannerl und Wölfchen Mozart.
© Thomas M. Jauk

Teile der Handlung werden erzählt, nicht gespielt

Im Jahr 1756 wird er geboren. Der Junge, der schon als Kleinkind genauso viel, wenn nicht sogar mehr Talent als die Schwester zeigt. Clara Sonntag mimt als Nannerl eine herzlich liebende große Schwester. Schnell teilt sie den Klavierhocker mit dem Bruder, freut sich über sein Talent, preist es vor dem Publikum an. Gemeinsam mit dem Vater gehen die Geschwister auf Tour durch Europa, denken sich eine Fantasiesprache aus, um die Langeweile zu vertreiben und machen sich über die feine Gesellschaft lustig.

Das Klavierspiel müssen die Schauspieler nur andeuten, die Musik kommt vom Band. Witzig: Nannerl und Wolfgang musizieren gemeinsam und spielen statt klassischer Musik, die Hauptthemen aus den Filmen „Fluch der Karibik“ und „Harry Potter“. Ein cleverer Einschub um das junge Publikum wachzuhalten – denn das muss ziemlich viele Informationen verdauen. In etwa 70 Minuten werden die Biografien von Nannerl und Wolfgang erzählt. Manche Fakten sprechen Clara Sonntag oder Wolfgang-Darsteller Robin Jentys direkt ins Publikum, andere werden durch gespielte Szenen dargestellt.

Maria Anna liest Briefe ihres Bruders.
Maria Anna liest Briefe ihres Bruders.
© Thomas M. Jauk

Das Bühnenbild erlaubt flotte Szenenwechsel

Das clevere und ästhetisch ansprechende Bühnenbild von Juan León erlaubt schnelle Szenenwechsel: Übergroße Noten werden je nach Bedarf zu einer Kutsche, einem Klavier oder dem Bett. Lange Bahnen mit Notenlinien zur Rutsche. Durch seine Einfachheit entfrachtet es das Stück, bedarf nicht noch zusätzlicher Aufmerksamkeit. Das gut gelaunte Spiel des Ensembles rückt dadurch in den Vordergrund. Besonders eindrücklich ist die Szene, in der Leopold Mozart Maria Anna das Geigenspiel verbietet, weil es bei Wolfgangs Förderern Anstoß erregt und weil sie nun mal ein Mädchen ist. Fuchsteufelswild wird Nannerl deswegen, doch der Widerstand nutzt nichts: Sie wird in den Hintergrund gedrängt, Wolfgang als Wunderkind bis zur Erschöpfung herumgereicht.

Auch diese Erschöpfung zeigt das Stück. Den liebesbedürftigen Jungen, der die Schwester vergöttert und ohne sie eigentlich überfordert ist. Robin Jentys spielt dieses Schwanken zwischen Mozartschem Kind und genialem Wahnsinn sehr nachdrücklich – ohne Clara Sonntag die Show zu stehlen. Sein Mozart gibt der Schwester den Entfaltungsraum, den das Stück leider nur andeutet.

Maria Annas Biografie ist hier immer sehr dicht an Wolfgangs geknüpft, was bis zu einem gewissen Punkt nur logisch ist. Doch als der Bruder nach Italien geht, um seine erste Oper zu schreiben, scheint Nannerls Leben immer noch an seinem zu kleben. Anstatt ihren Alltag zu zeigen, ihre spätere Tätigkeit als Klavierlehrerin, ihre Ehe, ihre Mutterrolle, wird all das nur kurz heruntererzählt. Für ein Kinderstück ab 6 Jahren ist das Auserzählen ihrer Biografie, ihrer Gefühlswelt vielleicht auch zu viel verlangt. Ein Beigeschmack bleibt trotzdem. 

>>Nächste, noch buchbare Vorstellung am 16. Februar um 15 Uhr in der Reithalle

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