Pläne des Potsdam Museums für 2017: Götzmann: „Die Möglichkeiten sind begrenzt“
Jutta Götzmann, die Leiterin des Potsdam Museums, spricht im PNN-Interview über ihren kommunalen Auftrag, die Nachbarschaft zum Museum Barberini – und das Stadtmuseum der Zukunft.
Frau Götzmann, 2017 ist für das Potsdam Museum ein schönes Jahr: Es hat keine Baustelle mehr vor der Tür. Aber mischt sich in die Vorfreude auf die Nachbarschaft mit dem neuen Museum Barberini auch ein bisschen Sorge?
Sorge, inwiefern?
Ob die Aufmerksamkeit für alle reicht zum Beispiel. Die Häuser haben zwar völlig unterschiedliche Profile. Aber zu den Besuchertagen des Barberini kamen 24 500 Menschen – etwa so viele wie ins Potsdam Museum im gesamten Jahr 2016.
Ich schaue zuversichtlich ins neue Jahr und ich glaube, dass der zusätzliche Kulturpartner für Potsdam eine Bereicherung ist, auch für die bestehende Kulturszene. Ich habe auch keine Sorge um eine mögliche Konkurrenz. Bei den Besuchertagen im Barberini zeigte sich ein großes, verständliches Interesse für einen spektakulären Neubau. Und wenn ich die Entwicklung unseres eigenen Hauses betrachte, dann muss ich sagen: Sie ist sehr positiv. Erstens haben wir keine Baustelle mehr vor dem Haus – diese hat uns zwei Jahre lang schon beeinträchtigt und hat sich auch auf die Besucherzahlen niedergeschlagen. Die gegenwärtige Schau zu den 80er-Jahren erfährt aber so viel Zuspruch wie kaum eine Sonderausstellung des Potsdam Museums je zuvor – besonders in der überregionalen Presse. Die Ausstellung ist ein Beweis, wie man es schafft, lokale Künstler wie Bernd Krenkel und Stephan Velten mit internationalen Größen wie Neo Rauch oder Georg Baselitz zu verbinden. Das ist ein Ansatz, den das Barberini so gar nicht anstrebt. Daher können wir uns getrost auf unsere eigenen Stärken konzentrieren.
Ganz so positiv ist die Jahresbilanz aber nicht: 2016 kamen 3000 Menschen weniger ins Stadtmuseum als 2015. Woran lag das?
Das Ausstellungs- und Veranstaltungsprogramm war 2016 attraktiv, dennoch sind wir von vielen Potsdam-Besuchern faktisch nicht gesehen worden. Wie gesagt hat der Baustellenriegel unseren Eingang völlig verdeckt. Grundsätzlich sind nicht allein die Besucherzahlen der Gradmesser für solide Museumsarbeit, natürlich arbeitet ein Haus mit großem Sammlungsbestand „hinter den Kulissen“ wissenschaftlich, tätigt Grundlagenarbeit in den Depots zur Inventarisierung und Konservierung – auch Leih-, Foto- und Rechercheanfragen sind täglicher Teil unserer Arbeit. Aber wie gesagt: Ich bin überzeugt, dass das neue Jahr ein gutes Jahr für das Potsdam Museum wird.
Nur ist es natürlich so, dass ein neuer Nachbar in der Größenordnung es auch im positiven Sinne möglich macht, sich selbst von außen zu betrachten. Eine Frage, die sich angesichts des Barberini mit einer Fläche von 2200 Quadratmetern Ausstellungsfläche auftut: Hat das Potsdam Museum mit 1400 Quadratmetern genug Platz? Die großartige Ausstellung zu den 80er-Jahren platzt aus allen Nähten.
Wir hätten natürlich kein Problem, auch weitere Räume zu bespielen. Es gab mal die – inzwischen gekippte – Planung, dass es einen Bereich geben soll, der das Haus erweitert. Jetzt konzentrieren wir uns auf die Flächen, die wir haben. Dass wir mehr bespielen könnten, sehen Sie an dem Projekt im Landtag, wo wir 2017 parallel Ausstellungen machen – zweimal mit je 160 Arbeiten. Was die Sammlung, die Themen und unseren Forschergeist anbelangt, hätten wir durchaus Potenzial. Um so viel Fläche aber dauerhaft zu bespielen, bräuchte man eine enorme Man- oder Woman-Power für die Erarbeitung. Die personellen und finanziellen Möglichkeiten sind ja nicht unbegrenzt, wenn man einen kommunalen Auftrag hat.
Ist die Schau zu den „Wilden 80ern“ im Potsdam Museum die freundliche Erinnerung daran, dass Sie nicht vorhaben, den Kollegen im Barberini das Terrain der DDR-Kunst zu überlassen?
Den Eindruck könnte man haben, wenn man die Vorgeschichte nicht mit bedenkt. Als ich vor acht Jahren die Museumsleitung übernahm, war es ein wesentliches Ziel, die Bestände der ehemaligen Galerie Sozialistische Kunst, die als Abteilung unseres Hauses 1976 gegründet wurde, zu bearbeiten. „Freiheit der Idee. 7x Kunst vor ’89“ war 2009 der erste Anlauf, dann kam „Stadt-Bild/Kunst-Raum. Entwürfe der Stadt in Werken von Potsdamer und Ost-Berliner Künstlerinnen und Künstlern 1949–1990“. Mit der Dauerleihgabe von Bernhard Heisig kam dann der Fokus auf die Figur. Insofern hat die Beschäftigung mit dem Thema eine Tradition am Haus. Ich sehe es als eine schöne Schnittmenge, die wir zum Barberini haben.
Das Modell Stadtmuseum scheint gerade einem Wandel zu unterliegen. Wie sieht es aus, das Stadtmuseum der Zukunft?
Ja, das Modell Stadtmuseum ist im Umbruch. Das Stadtmuseum der Zukunft verbindet lokale Stärken und Thematiken mit dem Blick über den regionalen Tellerrand, mit dem Beschreiten neuer Wege. Es greift Fragestellungen der Stadt auf, wie etwa den Wandel der Stadtgesellschaft. Wie entwickelt sich eine Museumssparte weiter, die eine Zeit lang so etwas wie das Stiefkind der Museumsszene war? Auch große Förderer wie die Bundeskulturstiftung denken jetzt darüber nach, dass das Stadtmuseum eigentlich das Haus ist, in dem sich die Stadtbevölkerung wiederfindet. Das ist ein Trumpf, den wir gegenüber anderen Museen haben. Ich bin Mitglied in der Jury der Bundeskulturstiftung für den Fonds „Stadtgefährten. Stadtmuseen in neuen Partnerschaften“. Wir planen auch Projektveranstaltungen dieses neuen Fonds in Potsdam.
Stichwort Förderung: Wird das Stadtmuseum genug gefördert?
Wir haben mit dem Einzug hier im Haus eine Anhebung des Etats erfahren, womit wir jetzt ein Budget von 1,9 Millionen Euro erhalten. Davon steht aber nur ein Viertel der Summe für sämtliche museale Bereiche wie Sammlungserhaltung, Depotausstattung, künstlerische und kuratorische Arbeit, Öffentlichkeitsarbeit, Verwaltung und Ankäufe zur Verfügung. Was die Lage etwas erschwert, ist, dass ein Stadtmuseum kaum die Möglichkeit hat, Anträge auf Förderungen zu stellen. Sie haben normalerweise nicht die Möglichkeit, Bundesmittel zu beantragen oder kommunale Fördermittel abzufordern. Daher muss man auch schauen, was sich über Förderstiftungen und in der freien Wirtschaft beantragen lässt.
Wie sieht es mit privaten Spenden für das Potsdam Museum aus?
Hier gibt es zahlreiche Einzelpersonen, die fördern, etwa über unseren aktiven Förderverein. In vielen westdeutschen Städten existiert zusätzlich eine jahrelang gewachsene Schicht, beispielsweise der Kaufmannschaft oder mittelständische Betriebe, die sich sehr stark in die Kulturförderung einbringen. In Potsdam gibt es das deutlich weniger.
Und die, die sich durch Spenden hervortun, investieren lieber in den Wiederaufbau alter Architektur und nicht in die Förderung bestehender Museumsstrukturen. Wünschen Sie sich das anders?
Ja, natürlich. Daran arbeiten wir auch.
Zur Zukunft des Stadtmuseums gehört auch das Thema Museumspädagogik. Wie sind Sie da aufgestellt?
Die Museumspädagogik ist enorm wichtig. Wir haben eine Mitarbeiterin, die inzwischen eine Dreiviertelstelle innehat, aber noch nicht im Stellenplan verankert ist.
Das klingt ungenügend. Auch hier ist das Museum Barberini ganz anders aufgestellt.
Es ist eines unserer Vorhaben für 2017, dass wir diese Stelle endlich verfestigen, da wir die Konstanz in der konzeptionellen Arbeit der Vermittlung erreichen müssen.
2016 stand – mit Peter Weiss, den 80er-Jahren und der Fotoausstellung von Monika Schulz-Fieguth – im Zeichen der Kunst. Folgt 2017 mit der Schau der Potsdamer Veduten und der Glasproduktion die Rückkehr in die Regionalität?
Nein, es ist eine Rückbesinnung auf das Land Brandenburg. Wir sind zum zweiten Mal vom Land Brandenburg gefördert worden, für das Digitalisierungsprojekt „historische Stadtansichten im Land Brandenburg“. Das Potsdam Museum agiert als Projektleiter für vier Museen, neben unserem für die Museen in Neuruppin, Eberswalde und jenes der Stadt Brandenburg. Daraus ist unsere Ausstellung „Potsdamer Veduten“ hervorgegangen, die sich zusätzlich an das städtische Themenjahr unter dem Motto „Stadt trifft Kirche“ andockt. Das passt natürlich wunderbar, der Blick auf Kirchen ist ein wichtiges Motiv in den Veduten. Damit setzen wir unser Format „Fokus Sammlung“ fort.
Das Highlight dieses Jahres wird die Ausstellung „Gläserne Welten“ zur Glasproduktion aus Potsdam sein. Eine wirkliche Entdeckung – die wenigsten wissen, dass in Potsdam das Goldrubinglas erfunden wurde.
Es ist ein Thema, in dem sich Wirtschaftsgeschichte, Kulturgeschichte und Kunstgewerbe treffen. Ein ureigenes Potsdamer Thema. Johannes Kunckel und das Potsdamer Glas kommen natürlich in der Dauerausstellung vor, aber es ist uns so wichtig, dass wir dazu eine Sonderausstellung vorbereiten. Das hat es so noch nicht gegeben. Das heißt, dass auch die wissenschaftliche Aufarbeitung einiges von uns fordert. So werden wir im Rahmen eines Symposiums im Februar Wissenschaftler dazu einladen, ihre Forschungen vorzustellen. Die Universität Potsdam haben wir ebenso eingebunden wie Museen in Kassel und das Grüne Gewölbe in Dresden. Der Aufwand ist enorm hoch, aber so heben wir einen unglaublichen Motivschatz, der sich auf den Gläsern zeigt.
Zum Schluss: Was wünschen Sie sich für 2017?
Zunächst wünsche ich mir, dass wir weiter in der Wahrnehmung ansteigen. Dass es ein Jahr wird, in dem wir unsere schöne Idee der Netzwerkpolitik weiter ausweiten. Und dann wünsche ich mir eine Entscheidung zum Depotstandort. Die steht schon lange an und hier brauchen wir endlich eine Perspektive für die dauerhafte Unterbringung unserer Sammlung.
Das Interview führte Lena Schneider
ZUR PERSON Jutta Götzmann, geboren 1965 im westfälischen Ascheberg, ist Kunsthistorikerin und seit 2008 Gründungsdirektorin des „Potsdam Museums – Forum für Kunst und Geschichte“.
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