Bertelsmann-Report: Potsdam gilt als finanzstarke Kommune
Potsdams Finanzkraft ist im Osten in der Spitzengruppe. Im bundesweiten Vergleich sieht es anders aus, wie der Finanzreport der Bertelsmann-Stiftung zeigt.
Ein Badneubau, viele neue Schulen und Kitas, mehr Personal im Rathaus – Potsdam investiert kräftig. Und tatsächlich kann sich die Stadt das auch ganz gut leisten. Denn die Landeshauptstadt zählt zu den finanzstärksten Kommunen des Landes. Die Steuerkraft ist weiter gewachsen und bei den kurzfristigen Kassenkrediten – dem Dispo der Kommunen – glänzt Potsdam schon seit Jahren mit einer Null. Es kann seine Rechnungen also aus den laufenden Einnahmen bezahlen.
Das geht aus dem am Dienstag veröffentlichten Kommunalen Finanzreport der Bertelsmann Stiftung hervor. Die Studie erscheint alle zwei Jahre. Sie basiert auf den jeweils aktuellsten amtlichen Finanzstatistiken und untersucht die Finanzentwicklung aller 397 kreisfreien Städte und Landkreise. Die Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen werden nicht betrachtet.
Die Forscher beziehen sich in ihrer Bewertung auf die entsprechenden Daten aus den Jahren 2012 und 2017.
In Brandenburg auf Platz 4
Der Studie zufolge erzielte die Stadt im vorletzten Jahr 1090 Euro Steuereinnahmen je Einwohner. Das waren fast 45 Prozent mehr als fünf Jahre zuvor. Damit liegt sie im Land Brandenburg auf Platz vier. Nur der wirtschaftsstarke Flughafenkreis Dahme-Spreewald, der Landkreis Teltow-Fläming und der Landkreis Oberhavel erzielten pro Kopf höhere Einnahmen als Potsdam. Auffällig ist auch, wie gut Potsdam verglichen mit den anderen kreisfreien Städten im Land Brandenburg dasteht: So nahm Cottbus im Jahr 2017 mit 877 Euro pro Jahr und Einwohner mehr als 200 Euro weniger ein als Potsdam. In Brandenburg an der Havel sind es 776 Euro gewesen. Außerdem haben beide Städte zwischen 2012 und 2017 nur um rund 30 Prozent zugelegt – der Abstand zu Potsdam ist also weiter gewachsen. Nur Frankfurt (Oder) konnte unter den kreisfreien Städten mithalten. Seine Steuereinnahmen wuchsen um 50 Prozent – allerdings auf viel niedrigerem Niveau. 2017 nahm die Stadt 765 Euro Steuern pro Einwohner ein.
Potsdam hängt Städte wie Leipzig oder Dresden ab
Auch über die Landesgrenzen hinaus betrachtet habe sich Potsdam gut entwickelt, sagte René Geisler, Experte für Kommunalfinanzen bei der Bertelsmann Stiftung und Mitautor des Finanzreports, den PNN. In Ostdeutschland ist Potsdam die steuerstärkste kreisfreie Stadt und hängt sogar Städte wie Leipzig, Jena oder Dresden ab.
Nur fünf Landkreise, nämlich Dahme-Spreewald, Teltow-Fläming, Oberhavel, der Saalekreis und der Burgenlandkreis (beide Sachsen-Anhalt) haben pro Kopf höhere Steuereinnahmen als Potsdam.
Im bundesweiten Vergleich im Mittelfeld
Im bundesweiten Vergleich relativiert sich das Bild jedoch etwas. Nach der Steuerkraft rangiert die Landeshauptstadt auf Platz 213 von 398 untersuchten Landkreisen und kreisfreien Städten – also im Mittelfeld. Allerdings hat Potsdam innerhalb von zwei Jahren 71 Plätze gut gemacht. Der Landkreis Potsdam-Mittelmark landet mit 908 Euro pro Jahr und Einwohner nur auf Rang 303 – fünf Plätze schlechter als vor zwei Jahren.
Anders als die anderen kreisfreien Städte in Brandenburg hat Potsdam schon seit Jahren keine sogenannten Kassenkredite. Cottbus, Brandenburg an der Havel und Frankfurt (Oder) stehen hingegen mit jeweils mehr als 2000 Euro pro Einwohner im Dispo. Das heißt, sie müssten ein mehrfaches ihrer Jahreseinnahmen aufwenden, um die diese kurzfristigen Schulden zu tilgen.
Die Schulden des Kommunalen Immobilienservice sind gestiegen
Das bedeutet allerdings nicht, dass Potsdam schuldenfrei ist. Zwar ist der Schuldenstand im Kernhaushalt seit 2009 von 97 Millionen Euro auf 72 Millionen Euro im Jahr 2017 gesunken. Dafür sind die Schulden des Kommunalen Immobilienservice, der für die Stadt Schulen, Kitas und Verwaltungsgebäude errichtet und betreibt, deutlich gewachsen: 247 Millionen Euro waren es im Jahr 2017. Insgesamt lasten mehr als 1800 Euro städtische Schulden auf jedem Potsdamer. Tendenz steigend. Die Verbindlichkeiten der kommunalen Unternehmen wie den Stadtwerken oder der Immobilienholding Pro Potsdam sind dabei noch gar nicht eingerechnet. Allerdings stehen Potsdams Schulden auch Werte gegenüber. Denn häufig wurden damit Investitionen finanziert. Außerdem erwirtschaftet die Stadt seit Jahren Überschüsse im laufenden Haushalt.
Vor allem Rückzahlung der Kitabeiträge schlagen zu Buche
Geißler warnt allerdings vor Risiken: Die Stadt sei durch die hohen Einnahmen in Zeiten guter Konjunktur verwöhnt. Die Stadtpolitik werde ausgabefreudiger. „Viele Millionen Euro für die Rückzahlung von Kitabeiträgen muss man sich auch leisten können“, sagte er. „Da schauen andere Städte kritisch drauf.“ Das Wachstum der Stadt habe finanziell Vor- und Nachteile. Einerseits bekommt die Stadt für zusätzliche Einwohner auch mehr Zuweisungen vom Land, andererseits entstehen Kosten – zum Beispiel für den Bau von Kitas und Schulen.
Auch Potsdams Kämmerer Burkhard Exner weist darauf hin, dass weitere Lasten auf die Stadt zukommen. „Wir müssen weiter investieren.“ Allerdings deute die konjunkturelle Entwicklung nicht auf weitere steigende Steuereinnahmen hin. Vor allem die Gewerbesteuer sei auch in Potsdam noch unter dem Niveau vieler Städte in den alten Bundesländern. „In ostdeutschen Städten gibt es kaum Zentralen von großen Unternehmen“, so Exner. Doch nur diese bringen hohe Gewerbesteuereinnahmen.