Potsdam: In Brandenburg Spitze, bundesweit drittklassig
Verglichen mit anderen kreisfreien Städten steht Potsdam, was seine Finanzlage angeht, prächtig da. Doch in Zukunft drohen große Lasten.
Potsdam - Geld allein macht nicht glücklich. Schaden kann es aber nicht. Verglichen mit anderen kreisfreien Städten steht Potsdam, was seine Finanzlage angeht, prächtig da. Die Steuerkraft ist gewachsen und bei den kurzfristigen Kassenkrediten – dem Dispo der Kommunen – glänzt Potsdam mit einer Null. Es kann seine Rechnungen also aus den laufenden Einnahmen bezahlen. Das geht aus dem am Mittwoch veröffentlichten Kommunalen Finanzreport der Bertelsmann Stiftung hervor.
Die Stiftung bezieht sich in ihrer Bewertung auf die entsprechenden Daten aus den Jahren 2005 und 2015. Demnach hatte Potsdam pro Einwohner im Jahr 2005 Kassenkredite in Höhe von 504 Euro laufen. Zehn Jahre später gab es keine kurzfristigen Schulden mehr. Auch bei den Einnahmen sieht es vergleichsweise gut aus. 838 Euro Steuereinnahmen erzielte die Stadt den Daten zufolge im Jahr 2015 je Einwohner. Damit liegt sie im Land Brandenburg auf Platz drei. Nur der wirtschaftsstarke Flughafenkreis Dahme- Spreewald und der Landkreis Oberhavel erzielten pro Kopf höhere Einnahmen.
Potsdam im bundesweiten Vergleich schlechter als Mittelmaß
Verglichen mit den anderen kreisfreien Städten in Brandenburg fällt jedoch auf, dass die Steuereinnahmen pro Kopf in Potsdam langsamer gewachsen sind – nämlich um etwa 50 Prozent in zehn Jahren. In Frankfurt (Oder) sind sie hingegen um 83 Prozent gestiegen. Das falle Potsdam allerdings nicht zur Last, so René Geißler, der bei der Bertelsmann Stiftung am Kommunalreport mitgearbeitet hat und selbst Potsdamer ist. Das Wachstum der anderen Städte sei von einem viel niedrigeren Niveau aus erfolgt. Da falle es leichter, prozentual mehr zuzulegen.
Im bundesweiten Vergleich sehe es hingegen schlechter aus. „Da ist Potsdam nicht mal zweite Liga“, so Geißler. Nach der Steuerkraft rangiert die Landeshauptstadt auf Platz 284 von 398 untersuchten Landkreisen und kreisfreien Städten. Der Landkreis Potsdam-Mittelmark landet mit 819 Euro pro Jahr und Einwohner nur auf Rang 298.
2000 Euro Miese pro Kopf: Kreisfreie Städte in Brandenburg im Dispo
Noch deutlicher hebt sich die Stadt bei den Kassenkrediten von Cottbus, Brandenburg/Havel und Frankfurt (Oder) ab. Mit über 2000 Euro pro Einwohner stehen die drei anderen brandenburgischen kreisfreien Städte im Dispo. Das Kriterium habe man verglichen, weil es aussagt, inwieweit eine Stadt in der Lage sei, ihre Aufgaben aus den eigenen Einnahmen zu bestreiten. In Potsdam sei das der Fall. „Das ist eine bemerkenswert positive Leistung“, so Geißler – gerade angesichts der im überregionalen Vergleich nicht üppigen Einnahmen. Tatsächlich landet Potsdam bundesweit in den Top 10 der Städte, die ihre Kassenkredite am stärksten reduziert haben.
Also alles bestens in Potsdam? Eher nicht. Ab 2020 gibt es nämlich keine Mittel mehr aus dem Solidarpakt II. Damit hatte der Bund über viele Jahre Investitionen in den neuen Bundesländern unterstützt. Potsdam versucht sich darauf einzustellen. Seit 2014 peilt Kämmerer Burkhard Exner (SPD) einen sogenannten investitionsorientierten Haushalt an. Das heißt, er will Überschüsse erwirtschaften, um damit Investitionen zu tätigen. Durchschlagenden Erfolg hatte das bislang nicht. In der Haushaltssatzung für das laufende Jahr ging man noch von einem Fehlbetrag von rund zehn Millionen Euro aus. Einen ersten kleinen Überschuss will man 2019 erreichen.
Allein 60 Millionen würde die Sanierung der Straßen in Potsdam kosten
Für die Stadt dürfte das trotz der guten Konjunktur ein Kraftakt werden. Das wird schon in der Begründung der Haushaltssatzung deutlich: „Die Pflege und der Erhalt der städtischen Infrastruktur sind bereits im Bestand nur schwer zu finanzieren.“ Wie berichtet hatte die Stadt jüngst allein für das 630 Kilometer lange kommunale Straßennetz einen Instandhaltungsrückstand von 60 Millionen Euro beziffert.
Hinzu kommt, dass das eigentlich erfreuliche Wachstum der Stadt auch als Belastung zu Buche schlägt. „Da läuft Potsdam auf ein Problem zu“, sagt Geißler. So sind im Wirtschaftsplan des Kommunalen Immobilienservice (Kis), der im Auftrag der Stadt Schulen und Verwaltungsgebäude errichtet und bewirtschaftet, für das Jahr 2020 Einnahmen in Höhe von 65 Millionen Euro geplant. Die stammen im Wesentlichen aus Mieten und Betriebskosten, die die Stadt zahlen muss. Fünf Jahre zuvor waren es 17 Millionen Euro weniger. Die Steigerung resultiert überwiegend aus Neubauten im Zuge des Schulentwicklungsplans.
Investitionen und Betrieb von Schulen und anderen Gebäuden ausgelagert
Jahr für Jahr muss die Stadt diese enormen Beträge erwirtschaften. Auch wenn sich die Stadt für den Schulbau nicht direkt selbst verschuldet, muss sie dennoch künftig für die Kosten geradestehen. Potsdam hatte sich vor Jahren dafür entschieden, Investitionen und Betrieb von Schulen und anderen Gebäuden an den Kis auszulagern. Zehn Jahre nach seiner Gründung war der Kis 2015 laut statistischem Jahresbericht der Stadt mit mehr als 211 Millionen Euro verschuldet. Im vergangen Jahr nahm er laut Wirtschaftsplan weitere fast 30 Millionen Euro auf. Einen genauen Schuldenstand konnte die Stadtverwaltung am Mittwoch wegen der Urlaubszeit nicht nennen.
Wie viele andere Städte versucht Potsdam, durch die Auslagerung bei der Finanzierung flexibler zu sein und strengeren Vorgaben der Kommunalaufsicht zu entgehen. Die Verschuldung im Kernhaushalt lag dementsprechend mit 78 Millionen Euro Ende 2015 vergleichsweise niedrig.
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