Die Corona-Lage in Potsdam am Freitag: Kitas bleiben jetzt doch geschlossen – bis Februar
Kehrtwende im Potsdamer Rathaus: Die Stadtverwaltung bereitet ein Schutzprogramm für Erzieher vor, deswegen setzen Kitas nur die Notbetreuung fort. Die erweiterte Maskenpflicht gilt auch in Potsdam
Potsdam - Riesen-Wirrwarr um die Kinderbetreuung in Pandemiezeiten: Potsdams Kitas bleiben bis auf die bestehende Notbetreuung nun doch eine Woche länger für alle Kinder geschlossen. Am 1. Februar sollen sie geöffnet werden – mit zusätzlichen Sicherheitsmaßnahmen für Kinder und besonders ältere Erzieherinnen und Erzieher. Das kündigte die Stadtverwaltung von Rathauschef Mike Schubert (SPD) Freitagnachmittag per Pressemitteilung an.
Kurzfristige Mitteilung am Freitagnachmittag
Dabei hatte es in den Tagen zuvor mal mehr, mal weniger deutliche Ankündigungen aus der Potsdamer Stadtspitze gegeben, wonach die mehr als 100 Kitas in Potsdam ab Montag bis auf Einschränkungen wieder regulär öffnen könnten.
So hatte man nach einer Sitzung des Corona-Krisenstabs am Mittwoch erklärt, die Kitas würden „unter bestimmten Umständen“ schon ab Montag in den Regelbetrieb wechseln – verbunden mit dem Appell, dass Eltern ihre Kinder möglichst zu Hause betreuen sollen und Einschränkungen bei Corona-Fällen in den Einrichtungen möglich seien. Wer das Kind nicht in die Kita gibt, zahlt auch keine Beiträge. Am Donnerstag hatte Familiendezernentin Noosha Aubel (parteilos) im Jugendhilfeausschuss eine Sieben-Tage-Inzidenz von 200 als Grenzwert genannt, ab dem Kitas wieder geschlossen würden. Aktuell liegt die Inzidenz in Potsdam bei 128, Tendenz fallend.
In der gleichen Sitzung hatten aber auch Kitaträger ihre Bedenken zum mangelhaften Schutz von Erzieherinnen und Erziehern geäußert – was die Stadt nun als einen wichtigen Grund für den Kurswechsel angibt. Man folge damit auch den Argumenten des Kita-Elternbeirats, der bei geöffneten Kitas zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen gefordert hatte, hieß es in der Mitteilung. Zudem hieß es aus dem Rathaus hinter vorgehaltener Hand, mehrere Kitaträger hätten signalisiert, sie hätten organisatorische Probleme, sofort wieder in den Regelbetrieb zurückzukehren.
Die Stadt will die Antigen-Spucktest selbst zahlen
In der Vorbereitungszeit soll nun mit einer neuen Allgemeinverfügung verordnet werden, dass die 2000 Mitarbeiter in Kitas und Horten regelmäßig per Antigen-Spucktest auf das Coronavirus getestet werden. „Der Spucktest erfolgt ohne körperlichen Eingriff und liefert ein Ergebnis innerhalb von zehn bis 15 Minuten.“ Zahlen will das die Stadt. Sollte der Spucktest positiv ausfallen, würde ein PCR-Test folgen. Zudem sollen die Mitarbeitenden in den Einrichtungen medizinische Masken tragen, auch die will das Rathaus stellen. Kinder müssen in Kitas keine Masken tragen. Für das Kita-Sicherheitsprogramm müssten aber noch Vorkehrungen getroffen werden, so das Rathaus. Daher könnten die Kitas noch eine Woche nur die Notbetreuung öffnen, unter anderem für Eltern mit systemrelevanten Berufen und Alleinerziehende. Laut letzten Meldungen der Stadtverwaltung besuchen fast die Hälfte der sonst anwesenden Kinder aktuell die Kitas. In dieser Konstellation gab es zuletzt in sechs Einrichtungen Corona-Fälle, nach PNN-Informationen speziell unter Erzieherinnen aus dem Potsdamer Umland mit höheren Infektionswerten. Das zog wiederum Quarantäneanordnungen für Dutzende Kinder nach sich, was nach PNN-Informationen laut einer internen Analyse des Krisenstabs auch Eltern mit systemrelevanten Berufen betraf.
Kritik am Agieren der Landesregierung
Verwiesen wurde in der Mitteilung der Stadt auch auf die hohen Inzidenzwerte in Potsdam-Mittelmark, wo die Kitas noch offen sind, und das Beispiel Berlin, wo die Kitas ab Montag schließen, unter anderem aus Sorge vor der hochansteckenden Virusmutation B117, die wie berichtet bereits die Bundeshauptstadt erreicht hat. Krisenstabsleiterin und Gesundheitsbeigeordnete Brigitte Meier (SPD) sagte, derzeit gebe es „keine Garantie für langfristig geöffnete Kitas“, die Lage sei gerade wegen des mutierten Virus unsicher.
Zugleich kritisierte Meier die Landesregierung von Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) für dessen Vorgehen in Sachen Kita. Demnach sollen in den Städten und Landkreisen die Einrichtungen nur bei Inzidenzen von über 300 geschlossen werden. „Der Stab macht deutlich, dass er die Haltung des Landes Brandenburg diesbezüglich nicht teilt“, heißt es im internen Lagebild des Krisenstabs. Denn das Vorgehen des Landes orientiere sich nicht an den Beschlüssen der Ministerpräsidentenkonferenz vom Dienstag. Dort war von geschlossenen Schulen bis Mitte Februar die Rede – und einem analogen Vorgehen bei Kitas, und zwar mit „restriktiver Umsetzung“. „Wir hatten erwartet, dass gerade Brandenburg mit seinen hohen Inzidenzwerten eine restriktive Begrenzung vornimmt“, erklärte Dezernentin Meier in der Mitteilung. Zumindest könne man als Kommune selbst Schutzmaßnahmen ergreifen, hieß es weiter. Die finale Entscheidung, ob die Kitas ab 1. Februar geöffnet werden, will der Verwaltungsstab laut Rathaus am Mittwoch treffen.
Maskenpflicht - mit besseren Masken
Zugleich veröffentlichte das Land Brandenburg am Freitag die auch in Potsdam nun geltenden verschärften Corona-Regeln, insbesondere bei der Maskenpflicht. Die Potsdamer müssen demnach ihre Alltagsmasken im öffentlichen Nahverkehr, in Geschäften und Büros durch besser schützende Masken ersetzen. Dafür sind nach Angaben der Landesregierung sogenannte OP- und FFP2-Masken zulässig. Die verschärfte Maskenpflicht gilt in Bussen und Bahnen inklusive Haltestellen, im Einzelhandel sowie den dortigen Parkplätzen, bei Physiotherapie und Fußpflege sowie in Büros mit Ausnahme fester Plätze und wenn der Abstand eingehalten werden kann. Kinder bis zum vollendeten sechsten Lebensjahr sind ausgenommen. Potsdam hatte schon für Teile der Stadt – unter anderem im Zentrum und in Babelsberg – eine eigene Maskenpflicht verhängt.
Inzidenzwert fällt
Der Inzidenz-Wert in Potsdam ist am Freitag weiter gesunken – den zehnten Tag in Folge. So lag die Sieben-Tage-Inzidenz, also die Zahl der neuen Corona- Fälle bezogen auf 100.000 Einwohner, in Potsdam bei 128,1. Das ist der niedrigste Wert seit dem 2. Dezember 2020. Insgesamt registrierte das Gesundheitsamt 45 neue Infektionen, zehn mehr als am Vortag. Die Zahl der Potsdamer in Quarantäne erhöhte sich um rund 30 auf 693. In den Kliniken wurden noch 87 Personen behandelt, davon 21 auf den Intensivstationen. Vor einer Woche waren es noch 99 Patienten.
Diskrepanzen bei Zahlen
Ferner teilte das Rathaus mit, es komme immer noch zu großen Diskrepanzen bei den täglichen Lage-Meldungen der Stadt und den Zahlen, die in der Deutschland- Übersicht des Robert- Koch-Instituts (RKI) veröffentlicht werden. Maßgeblich seien dabei die Zahlen der Stadt, so das Rathaus. Und: „Wir arbeiten gemeinsam mit dem Land und dem RKI daran, die Zahlen wieder zu synchronisieren.“ Beim RKI wurde für Potsdam am Freitag eine Inzidenz von 224 angezeigt – und 143 Verstorbene im Zuge der Pandemie. Tatsächlich starben bisher laut Rathaus 171 Potsdamer.
Eingeschränktes Jugenddezernat
Unterdessen sagte Bildungsdezernentin Aubel (parteilos) am ebenso im Jugendhilfeausschuss, die Arbeitsfähigkeit ihres Fachbereichs sei „stark eingeschränkt“, weil mehr als 30 Mitarbeiter bis 31. März bei der Pandemiebekämpfung eingesetzt seien. Das betreffe Stellen wie die Jugendberufsagentur. Der Pflichtauftrag Kinderschutz sei aber gewährleistet, sagte sie. Auch durch die Organisation der Corona-Notbetreuung in den Kitas sei Arbeit in dem Bereich liegen geblieben, erklärte Aubel weiter.
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