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Es soll noch nicht Schluss sein. Mit einem Auswärtssieg am Donnerstag möchte der SCP um Eva Hodanova (r.) ein viertes Spiel erzwingen. 
© Gerhard Pohl

Playoff-Halbfinale zwischen Potsdam und Schwerin: Im Rausch der Niederlagen

Die Bundesliga-Volleyballerinnen des SC Potsdam verlieren trotz erneut guter Leistung auch das zweite Playoff-Halbfinalspiel gegen den Schweriner SC, bleiben aber unerschrocken kämpferisch. Die starke Entwicklung des SCP sorgt für Anerkennung in Schwerin.

Potsdam - Die MBS-Arena wurde zur gemeinsamen Partyzone. „Oh, oh, ooohhh“ gröhlte es am späten Samstagnachmittag berauschend aus hunderten Kehlen zum Lied „Sweet Caroline“. Sowohl die Fans des Frauenvolleyball-Bundesligisten Schweriner SC als auch diejenigen, die es mit dem SC Potsdam hielten, stimmten ein. Für die Gäste aus Mecklenburg-Vorpommern war es ein Jubelgesang angesichts des nahenden dritten Finaleinzugs in Folge ihres Teams. Doch auch die Potsdamer Mannschaft wurde frenetisch gefeiert – für eine erneut mitreißende Leistung.

Wenn der Oberbürgermeister zur Pfeife wird

Nach der 2:3-Auswärtsniederlage am Donnerstag verlor der SCP am Samstag in eigener Halle auch das zweite Bundesliga-Halbfinalspiel. Diesmal 1:3 (20:25, 18:25, 21:25, 23:25). Damit kann der Titelverteidiger am Donnerstag daheim durch einen dritten Erfolg in der Best-of-five-Playoffserie bereits die Finalqualifikation perfekt machen. „Das wollen wir aber unbedingt verhindern. Wir wollen ein viertes Spiel erzwingen“, sagte Potsdams Kapitänin Anne Hölzig

Volles Haus. Knapp 1800 Zuschauer bildeten einen angemessenen Halbfinalrahmen in der MBS-Arena.
Volles Haus. Knapp 1800 Zuschauer bildeten einen angemessenen Halbfinalrahmen in der MBS-Arena.
© Tobias Gutsche

Knapp 42 Stunden, nachdem sich beide Mannschaften in Schwerin den Kraftakt bis zum Tie-Break geliefert hatten, erwischte nun der Semifinalneuling aus Brandenburg den besseren Start. Potsdam gewann überzeugend den ersten Satz. Erstmalig an diesem Nachmittag kam Partystimmung am Luftschiffhafen auf. 1780 Zuschauer – SCP-Rekord in der aktuellen Saison – bildeten einen würdigen Rahmen beim historisch ersten Liga-Halbfinalheimspiel des märkischen Clubs. So gab beispielsweise Geh-Olympiateilnehmer Hagen Pohle kurz nach seinem Start bei der Deutschen Meisterschaft völlig enthusiastisch mit Schlachtrufen den Einheizer auf der Tribüne. Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) wollte sogar ganz nah dran am Geschehen sein. Irgendwo im VIP-Bereich herumlungern? Nicht mit ihm! Das Stadtoberhaupt verbrachte die knapp zwei Stunden Spielzeit konsequent direkt hinter den Teambänken, fieberte leidenschaftlich mit, begleitete die kollektiven Klatschrhythmen mit grellen Pfiffen, die bis in die letzte Ecke der Halle vordrangen. „Die Atmosphäre war großartig“, schilderte Anne Hölzig ihren Eindruck vom Feld aus.

Hölzig, Wilczek und Weske zum Nationalteam eingeladen

Dort stellten sich die Gäste nach dem ersten Seitenwechsel besser auf die Potsdamer Spielweise ein. Sie sicherten sich die Sätze zwei und drei. „Die Serie gegen Potsdam ist extrem hart“, sagte später Schwerins Assistenztrainer Martin Frydnes. „Gegen sie müssen wir uns jeden einzelnen Punkt hart erkämpfen.“ Beim vierten Durchgang ganz besonders. Dabei zeigte sich wieder, was die Mannschaft von Cheftrainer Guillermo Hernandez so sehr auszeichnet. „Wir sind eine Einheit, halten zusammen und geben nie auf“, erklärte Mittelblockerin Nia Grant. Von Rückständen lassen sich die „Rothemden“ nicht unterkriegen. Sie lagen 8:13 zurück, schafften den Ausgleich. Sie gerieten 17:20 ins Hintertreffen, erzielten wieder die Pattsituation. Ebenso nach 21:23. „Gegen Potsdam ist es so schwer, weil das Team fast keine Fehler macht“, urteilte Frydnes. Allerdings musste Anne Hölzig einräumen: „In den entscheidenden Momenten machen wir dann doch den einen Fehler zu viel, weil wir volles Risiko gehen.“ Der Deutsche Rekordmeister wiederum behielt mit all seiner Klasse die Ruhe und verbuchte den Erfolg in Spiel zwei der Serie.

Doch das hat auch bei den Gewinnern Spuren hinterlassen. Schwerins Chefcoach Felix Koslowski hatte die Stimme verloren, keinen Ton brachte er mehr heraus. Dabei hätte er Interessantes zu erzählen gehabt. Koslowski ist zugleich Trainer der deutschen Frauen-Nationalmannschaft und hat für deren nächsten Lehrgang gleich drei Potsdamerinnen eingeladen. Neben der bald 22 Jahre alten Anne Hölzig, die schon sieben A-Länderspiele bestritten hat, überraschend auch die Youngster Natalie Wilczek (19) und Emilia Weske (18). „Eine Riesenehre, mit der wir überhaupt nicht gerechnet haben“, sagte Mittelblockerin Wilczek. Von ungefähr kommt die Nominierung allerdings auch nicht. Sie ist zur Stammspielerin eines Top-4-Bundesligisten gereift und Angreiferin Weske lässt bei ihren Kurzeinsätzen immer wieder ebenso großes Potenzial aufblitzen. Am Samstag, wenn sie zur Entlastung von Spitzenscorerin Marta Drpa hereinkam, steuerte sie vier Punkte bei, drei sogar in Folge.

Schwerins Co-Trainer Frydnes: In Potsdam "geht es immer weiter voran"

Die individuellen und mannschaftlichen Positiventwicklungen des SC Potsdam sind Felix Koslowski in Schwerin nicht verborgen geblieben. „Hier wird ein richtig guter Job gemacht. Es geht immer weiter voran“, zollte Martin Frydnes stellvertretend für seinen verstummten Chef Respekt. „Potsdam spielt richtig guten Volleyball. Vor allem seit Guillermo Hernandez im Dezember hier übernommen hat, ist nochmal ein Schub entstanden.“

Und der ist so kräftig, dass der nationale Meister der vergangenen beiden Saisons sowie diesjährige Pokalsieger im Halbfinale alles investieren muss, um zu bestehen. Gewiss sei der Ausgang der beiden Partien jeweils am Ende enttäuschend, gestand Anne Hölzig. „Aber wir können Selbstvertrauen daraus ziehen, dass wir voll mithalten“, meinte sie. Natalie Wilczek betonte zugleich mit Blick auf Spiel drei am Donnerstag: „Dann wollen wir nicht nur mithalten, sondern auch siegen.“ Und Marta Drpa ging sogar noch einen Schritt weiter. Sie erklärte, es sei ja okay, dass Schwerin jetzt zwei Siege eingefahren habe. Doch nun würden noch drei Erfolge des SC Potsdam folgen. "Oh, oh, ooohhh!" Ein Team im Rausch trotz zweier Niederlagen.

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