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Gereifte Spielerin. Anne Hölzig (M.) machte anfangs Trainer Davide Carli „immer sauer“ - nun ist sie Führungsfigur beim SCP.
© Gerhard Pohl

Erstes Saisonheimspiel des SC Potsdam: Vom kritisierten Talent zur Kapitänin

Der Volleyball-Bundesligist SC Potsdam bestreitet seinen Saison-Heimauftakt gegen den VC Olympia Berlin. Die 21 Jahre alte Außen-Annahme-Spielerin Anne Hölzig steckt dabei nach starker Entwicklung in einer neuen Rolle.

Potsdam - Trainingsschluss in der MBS-Arena. Die Bundesliga-Volleyballerinnen des SC Potsdam räumen ihre Übungsutensilien weg. Vor allem viele Bälle. Das Netz schnappt sich Anne Hölzig und wickelt es mit einigen Handbewegungen Stück für Stück auf. In diese Szene lässt sich Hölzigs persönlicher sportlicher Werdegang hineininterpretieren. Wie sie über Jahre eine stetige Weiterentwicklung genommen hat – vom großen Talent, über den Status einer Stammspielerin im Frauenbereich hin zur Rolle als Erstliga-Mannschaftskapitänin. Diese wird sie am Sonntag beim Saison-Heimauftakt des SCP erstmalig in eigener Halle einnehmen – gegen den VC Olympia Berlin, den Verein, von dem die Außen-Annahme-Akteurin 2015 nach Potsdam gewechselt war.

Hölzig und Dannemiller teilen sich Kapitänsaufgaben

Nach dem Training sitzt Anne Hölzig auf der Arena-Tribüne und lächelt verlegen. „Ich war schon überrascht, als Charly mir gesagt hat, dass er mich gerne zur neuen Kapitänin ernennen möchte“, erzählt sie. „Charly“ ist SCP-Cheftrainer Davide Carli. Vorige Saison war seine Spielführerin Ivona Svobodnikova. Sie hat den Club verlassen, darum brauchte es Ersatz. Der Coach entschied sich für eine Doppellösung. Anne Hölzig, die inzwischen Dienstälteste des Teams, und der US-Neuzugang Lexi Dannemiller teilen sich die Aufgaben. Nach außen – zum Beispiel gegenüber dem Fernsehen oder für die Kommunikation mit den Schiedsrichtern – fungiert Hölzig. Zuspielerin Dannemiller ist derweil für die internen Ansprachen zuständig. „Da kann ich mir noch viel von ihr abgucken. Sie ist so offen und direkt“, sagt Anne Hölzig.

Sie selbst ist eher zurückhaltend. Allerdings: „Ich möchte gerne mehr Verantwortung tragen und das auch ausstrahlen. Verbal sowie durch spielerische Akzente.“ Der Kapitänsjob sei eine gute Möglichkeit, das noch besser umzusetzen. Mit ihren 21,5 Jahren liegt Anne Hölzig ziemlich genau im Altersdurchschnitt der jungen Potsdamer Mannschaft – Lexi Dannemiller ist 25. „Dass ich jetzt schon Kapitänin hier bin, ist eine Ehre“, sagt die Spielerin mit der Trikotnummer 10. Trainer Davide Carli nennt es derweil „eine Wertschätzung für ihre Arbeit“. Sie habe sich das Amt verdient.

"Ich muss mutiger sein, mehr volle Pulle gehen"

Als Schülerin hatte sich Anne Hölzig damals dem SC Potsdam angeschlossen. In ihrem ersten Jahr pendelte sie, schließlich besuchte die mehrfache Deutsche Jugendmeisterin noch die Berliner Sportschule und legte dort ihr Abitur ab. Ihre SCP-Debütsaison bestritt sie unter der Leitung von Coach Alberto Salomoni, sammelte sporadisch Einsatzzeiten. Dann wurde Davide Carli Trainer – und Hölzig kassierte viel Mecker. „Im ersten Jahr war ich immer sauer auf Anne“, erinnert sich Carli an eine Menge Kritik. „Aber sie hat das sehr gut aufgenommen und umgesetzt. Und jetzt ist sie Kapitänin – das sagt alles.“ Die frühere Junioren-Nationalspielerin, die auch schon Erfahrungen in der deutschen Frauen-Auswahlmannschaft machen durfte, ist gereift. Einen guten Überblick auf dem Feld und ordentliches Ballgefühl hatte sie längst, allerdings fehlte ihr es oft an Konstanz und Sicherheit bei den Aktionen. „Da bin ich inzwischen deutlich weiter“, meint sie. „Momentan arbeite ich vor allem am Angriff. Ich muss mutiger sein, mehr volle Pulle gehen.“

Beim Bundesligastart vorige Woche klappte das bereits gut. Starke 21 Punkte erzielte die Lehramtsstudentin der Universität Potsdam (Mathematik und Deutsch). Aber nach 2:0-Führung verlor ihr Team noch 2:3 auswärts gegen den VC Wiesbaden. „Dieses Spiel haben wir einfach verschenkt. Bitter“, sagt sie. Danach folgte ein 3:1-Erfolg im Deutschen Pokal gegen den ambitionierten Zweitligisten VC Printus Offenburg. „Das haben wir unter dem Strich souverän gemacht. In den beiden bisherigen Spielen konnten wir andeuten, dass unser Potenzial hoch ist.“

Ihr eigenes großes Potenzial ist quasi bereits genetisch vordefiniert. Vater Franko war einst Volleyball-Nationalspieler. In Düren kam Anne Hölzig zur Welt – als ihr Vater dann zum Bundesligakontrahenten SCC Berlin wechselte, zog die Familie in die Hauptstadt. Auch ihr Bruder Max schaffte es später bis in die erste Liga. Trotz der familiären Volleyball-Begeisterung trat sie erst spät aktiv ans Netz. „Ich wollte nicht so recht, habe zunächst Fußball gespielt, dann Turnen und Akrobatik gemacht.“ In der vierten Klasse begann sie aber doch mit Volleyball beim SC Rotation Prenzlauer Berg. Ab 2012 schlug die Angreiferin für das nationale Nachwuchs-Förderteam VC Olympia Berlin auf und wurde von dort an den Luftschiffhafen gelotst. Wo Anne Hölzig nunmehr in einer Führungsrolle steckt.

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