Möglicher Streik in Potsdam: Im Nahverkehr droht Arbeitskampf
Bus- und Tramfahrer in Potsdam wollen mehr Geld, es geht um 120 Euro zusätzlich im Monat. Wenn ihre Forderung kein Gehör findet, wollen sie streiken.
Betroffen wären Tausende Fahrgäste in der Stadt Potsdam und im Landkreis Potsdam-Mittelmark: Im öffentlichen Nahverkehr der Region droht ein Arbeitskampf mit Warnstreiks. „Wir gehen davon aus, dass wir in dieser Tarifrunde deutlichen Druck auf die Arbeitgeber entwickeln müssen“, sagte der Verhandlungsführer bei der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, Marco Pavlik, den PNN am Dienstag auf Anfrage. Die schwierige Gemengelage habe vor wenigen Tagen eine erste Sondierungsrunde gezeigt.
Verhandelt wird für knapp 20 Nahverkehrsunternehmen in Brandenburg, darunter die Potsdamer Verkehrsbetriebe und die Beelitzer Verkehrs- und Servicegesellschaft, die die einstigen Havelbus-Linien im Landkreis Potsdam-Mittelmark übernommen hat. Verdi will für die Beschäftigten unter anderem eine Erhöhung der monatlichen Entgelte um mindestens 120 Euro erreichen – und zwar rückwirkend ab Anfang diesen Jahres. „Das ist eine Mindestforderung, für die wenig Verhandlungsspielraum nach unten besteht und mit der wir uns an anderen Tarifverhandlungen orientieren“, sagte Pavlik. Besonders die Mitarbeiter in unteren Entgeltgruppen, also im Fahrdienst und in den Werkstätten, müssten deutlich mehr Geld erhalten – so bekämen neu eingestellte Busfahrer aktuell nur rund 1800 Euro brutto. Zudem verlangt Verdi, dass der Tarifvertrag lediglich zwölf Monate gelten soll – dann will man mit den Arbeitgebern neu verhandeln.
Verhandlungsführer: "Fast sicher, dass wir Warnstreiks erleben"
Auf Unternehmensseite gibt es dagegen Widerspruch. Verhandlungsführer ist dort Klaus-Dieter Klapproth vom Kommunalen Arbeitgeberverband (KAV) für das Land Brandenburg. Dieser sagte, zwar wollten sich die Unternehmen erst Ende Januar auf eine gemeinsame Linie verständigen. Nach seiner persönlichen Einschätzung – Klapproth hat schon etliche Tarifkonflikte erlebt – sei er aber angesichts der Ausgangslage „fast sicher, dass wir im Frühjahr Warnstreiks erleben werden – auch wenn wir das natürlich vermeiden wollen“. Unter anderem kritisierte er das von Verdi geforderte pauschale Plus von 120 Euro pro Mitarbeiter. Damit würde der Lohn für die unteren Entgeltgruppen um neun Prozent steigen, für besondere Leistungsträger in den Unternehmen aber nur um drei Prozent.
Ein weiteres Problem sei, dass Verdi nur für Gewerkschaftsmitglieder eine jährliche Urlaubsbeihilfe in Höhe von 400 Euro fordere – zuzüglich 50 Euro pro Kind. „Wir tun uns sehr schwer mit solchen Sonderregelungen“, so Klapproth. Man werde als Arbeitgeber nicht die Beiträge für die Mitgliedschaft bei Verdi bezahlen. Die Gewerkschaft teilte mit, ihre Mitglieder in den Verkehrsbetrieben hätten einen finanziellen Nachteil von bis zu 300 Euro im Jahr.
Potsdamer Verkehrsbetrieb äußerst sich nicht - vorerst
Der Potsdamer Verkehrsbetrieb (ViP) wollte sich zu den anstehenden Tarifverhandlungen zunächst nicht äußern und verwies auf den KAV. Beim ViP arbeiten mehr als 400 Mitarbeiter, 240 davon fahren Busse und Bahnen. Auch die neu gegründete Beelitzer Verkehrs- und Servicegesellschaft, die für Potsdam-Mittelmark zuständig ist, wollte sich zunächst nicht zu den Verhandlungen positionieren.
Dagegen forderte Pavlik die Unternehmen auf, ihrerseits Druck bei ihren finanziellen Trägern zu machen – also den Landkreisen und kreisfreien Städten. „Diese müssen sich zu einem guten Nahverkehrsangebot bekennen und bei Mehrkosten im Ergebnis von Tarifverhandlungen auch die erforderlichen Mittel zur Verfügung stellen“, sagte Pavlik. Insofern kritisierte er auch die Pläne der Potsdamer Stadtverwaltung, im Bereich des Nahverkehrs sogar noch Kosten sparen zu wollen: „Das darf nicht auf dem Rücken der Beschäftigten geschehen.“
Potsdam spart auch im Nahverkehr
Bekanntlich sieht die Stadt für den kommenden Doppelhaushalt 2015/2016 vor, insgesamt 1,5 Millionen Euro weniger Zuschuss für den öffentlichen Nahverkehr zu zahlen. Bisher zahlt die Stadt 4,5 Millionen Euro pro Jahr. Schon im Sparplan der Stadt wird eingeschätzt, es bestehe das Risiko, den ViP mit der Reduzierung der städtischen Mittel zu überfordern, zumal auch die Bundes- und Landesmittel für den öffentlichen Nahverkehr rückläufig seien. Gewerkschafter Pavlik warf dem Land Brandenburg vor, Nahverkehrsmittel des Bundes zurückzuhalten. Hier müssten wiederum Oberbürgermeister und Landräte intervenieren, so Pavlik. Erste konkrete Tarifverhandlungen für den Nahverkehr sind nun für den Februar geplant.
Auch für ein anderes kommunales Unternehmen in Potsdam könnten Warnstreiks bevorstehen: Das Klinikum „Ernst von Bergmann“ befindet sich in Tarifverhandlungen mit Auszubildenden und Mitarbeitern aus den Bereichen Pflege sowie Diagnostik. Dagegen gibt es für die Stadtverwaltung in diesem Jahr keine Verhandlungen: Der aktuelle Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst gilt noch bis 2016.
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