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Das "Ernst von Bergmann"-Klinikum in der Abenddämmerung.
© Ottmar Winter

Bergmann-Klinikum in Potsdam: Ermittlungen wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung

Nach dem Corona-Ausbruch ist jetzt die Staatsanwaltschaft am Zug. Oberbürgermeister Schubert warnt vor "pauschaler Verurteilung".

Potsdam - Nach dem wohl bundesweit heftigsten Corona-Ausbruch in einem Krankenhaus hat die Staatsanwaltschaft Potsdam am Montag gegen drei leitende Mediziner und die beurlaubte vormalige Geschäftsführung des Potsdamer „Ernst von Bergmann“-Klinikums ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung und der fahrlässigen Körperverletzung eingeleitet.  Das teilte die Staatsanwaltschaft am Montag mit. 

Seit dem 26. März sind im kommunalen Bergmann-Klinikum 47 Menschen mit oder an Covid-19 gestorben. 44 der Toten waren nach Angaben des Klinikums Patienten, die nicht wegen einer Coronainfektion, sondern mit einer anderen Diagnose in das Krankenhaus gekommen waren.

Insgesamt infizierten sich laut Klinikum 138 aus anderen Gründen aufgenommene Patienten mit dem Coronavirus – jeder Dritte (32 Prozent) starb mit oder an der Infektion. Zudem wurden 213 Mitarbeiter des Klinikums positiv auf Sars-CoV-2 getestet.

"Pflichtwidrige Versäumnisse"?

Die Staatsanwaltschaft sieht nunmehr Anhaltspunkte dafür, dass sich Bergmann-Patienten möglicherweise „durch pflichtwidrige Versäumnisse der Beschuldigten mit dem Sars-CoV-2-Virus vermeidbar infiziert haben“ und ein Teil der Patienten „infolge der hervorgerufenen Infektion an Covid-19 verstorben sind“. Dabei beruft die Staatsanwaltschaft sich auf Erkenntnisse und Feststellungen des Potsdamer Gesundheitsamts sowie aus der Ausbruchsanalyse des Klinikums selbst, teilte der Leitende Oberstaatsanwalt Wilfried Lehmann mit. Ermittelt wird nun gegen den kaufmännischen Geschäftsführer Steffen Grebner und gegen die medizinische Geschäftsführerin Dorothea Fischer sowie zunächst drei Mediziner - nach PNN-Informationen sind dies der kürzlich abgesetzte Ärztliche Direktor und Infektiologie-Chefarzt Thomas Weinke, die Chefärztin der Geriatrie und die Krankenhaushygienikerin.

Amtsärztin Kristina Böhm und Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) verkünden am 7. April 2020 die Einleitung von Ordnungswidrigkeitenverfahren gegen die Klinikum-Chefs.
Amtsärztin Kristina Böhm und Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) verkünden am 7. April 2020 die Einleitung von Ordnungswidrigkeitenverfahren gegen die Klinikum-Chefs.
© Ottmar Winter

Die Staatsanwaltschaft werde jetzt „die Frage der Verantwortung klären und bewerten“, sagte Potsdams Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD). Es gehe nicht um eine „pauschale Verurteilung des Krankenhauses und der Mitarbeitenden“. In den vergangenen Wochen sei im Klinikum hart daran gearbeitet worden, „das Vertrauen der Menschen zurückzugewinnen“. Die Stadt werde mit ihrem Klinikum weiter daran arbeiten, die medizinische Versorgung in der Region „auf hohem Niveau abzusichern“.

Das Bergmann-Klinikum teilte mit, die Aufnahme des Ermittlungsverfahrens sei „keine Vorentscheidung über die Frage einer Anklageerhebung“. Für alle fünf Personen gelte weiterhin die Unschuldsvermutung, daher seien die Arbeitsverhältnisse „nicht unmittelbar betroffen“. Die Staatsanwaltschaft habe die Aufgabe, „sowohl belastende als auch entlastende Tatsachen zu ermitteln“. Das Klinikum werde die Staatsanwaltschaft „bei der Aufklärung des Sachverhalts umfassend unterstützen“.

Die Potsdamer Angehörige einer im Klinikum an einer Covid-19-Erkrankung verstorbenen Patientin befürwortet die Ermittlungen. Sie begrüße es, dass „die Staatsanwaltschaft der Sache auf den Grund geht“, sagte Ulrike Neuwirth, deren Mutter zu den Potsdamer Corona-Toten gehört.

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