Kitabeiträge-Chaos in Potsdam: Eltern fordern neue Beitragsregeln
Die Nachricht, dass auch die aktuell zu zahlenden Kita-Gebühren in Potsdam aus Sicht des Jugendministeriums falsch berechnet sind, sorgt für Kritik. Eine Elternvertreterin hat besonders weitreichende Forderungen.
Potsdam - Nachdem das Landesjugendministerium auch die Bemessung der aktuellen Kitabeiträge in der Stadt als rechtswidrig eingestuft hat, fordert der Potsdamer Kita-Elternbeirat nun Konsequenzen. Um gerichtliche Klagen zu den aktuell gezahlten Gebühren bei betroffenen Kitaträgern „zu vermeiden“, müssten Lösungen für das laufende und das kommende Beitragsjahr gefunden werden, damit Fehler nicht fortgesetzt würden, teilten die Elternvertreter am Dienstag via Facebook mit. Ferner forderten sie vom Rathaus eine „proaktive Kommunikation“ zu dem Thema.
Es geht um die Betriebskosten
Konkret beruft sich der Beirat dabei auf die Einschätzung des Ministeriums, dass die Stadt die Kita mit dem niedrigsten Betriebskostensatz als Bemessungsgrundlage für die Kitabeiträge nehmen müsse – und nicht, wie bisher, mit Durchschnittswerten zur Herleitung der Beiträge arbeiten dürfe. So könne man auch einheitliche Beiträge erheben, so der Beirat. Was dieses Vorgehen die Stadtverwaltung extra kosten würde, ist unklar.
Wie berichtet hat das Ministerium bereits im Dezember das aktuelle Vorgehen der Stadt bei einem Treffen gerügt. Es sei nicht zulässig, den Beitragshöchstsatz für die Eltern auf Basis der Durchschnittsbetriebskosten aller Kitas einer Stadt zu bilden – denn so würden an Einrichtungen, die nur geringe Kosten erzeugen, die Kosten für die Eltern zu hoch ausfallen. Die Stadt hatte erklärt, dies widerspreche der „jahrzehntelangen fachaufsichtlichen Praxis“ des Ministeriums – man verfahre wie viele andere Kommunen in Brandenburg.
Kritik vom Städte- und Gemeindebund Brandenburg
Das bestätigte auf PNN-Anfrage auch der Chef des Städte- und Gemeindebundes Brandenburg, Jens Graf. Die jetzige Auslegung des Kitagesetzes durch das Ministerium sei „neu für uns“. Er kritisierte, solche Fragen müssten im Vorfeld mit den Kommunen besprochen werden – so entstehe durch das Vorgehen des Ministeriums viel Unsicherheit, auch bei den Eltern. Letztlich sei vor allem ein einfaches, rechtssicheres und verständlich geregeltes Kitagesetz nötig, forderte Graf. Auch die Grünen-Fraktion im Landtag mahnte eine „überfällige“ Novellierung des aus ihrer Sicht undurchsichtigen Kitagesetzes an. Dass das Ministerium erst jetzt die Bedenken öffentlich mache, sei gleichwohl unerklärlich, so die Grünen-Abgeordnete Marie Luise von Halem.
"Hilflosigkeit und Beratungsresistenz"
Der neue Ärger kommt für das Rathaus zur Unzeit. Wie berichtet plant die Stadt schon jetzt die Rückzahlung zu hoch angesetzter Kitagebühren für die Jahre 2015 bis 2018, was bis zu 45 Millionen Euro kosten soll. Maßgeblich aufgedeckt hatte dies alles vor zwei Jahren die frühere Kita-Elternbeirätin Wiebke Kahl, die zur Kommunalwahl im Mai für Die Linke antritt.
Kahl betonte am Dienstag, schon vor einem Jahr habe man auf den jetzt auch vom Ministerium erkannten Gesetzesverstoß hingewiesen. Daher zeuge das Agieren der Stadt auch von „absoluter Hilflosigkeit und Beratungsresistenz“. Kahl sagte auch, die unterschiedlichen Betriebskosten der Potsdamer Kitaträger seien maßgeblich auf die Einberechnung von Gebäude- und Grundstückskosten in Elternbeiträge zurückzuführen. Diese Kosten müsse eigentlich die Stadt tragen, forderte Kahl – was diese bisher ablehnt. Es geht dabei um weitere Millionenbeträge.