"blu"-Bad in Potsdam öffnet später und wird teurer: Eine unerwartete Veröffentlichung
Das neue Bad "blu" am Brauhausberg öffnet fast ein halbes Jahr später und wird deutlich teurer. Dabei sollte die Nachricht doch noch gar nicht an die Öffentlichkeit.
Potsdam - Vor zehn Monaten klang Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) noch optimistisch. Gefragt nach seinen Wunsch-Schlagzeilen für dieses Jahr sagte er: „Endlich geschafft: Bad in Potsdam eröffnet, Jakobs hat angeschwommen und ist in der Badehose mit Hechtsprung vom Drei-Meter-Turm gesprungen – mehr traue ich mir nicht zu.“ Doch daraus wird dieses Jahr nichts mehr. Das neue Sport- und Freizeitbad der Potsdamer Stadtwerke wird frühestens im Mai 2017 eröffnen können, ein knappes halbes Jahr später als geplant. Und teurer wird es auch.
Die Eckdaten bestätigte der Aufsichtsratsvorsitzende der Stadtwerke, Potsdams Kämmerer Burkhard Exner (SPD), am Mittwoch auf PNN-Nachfrage. Demnach kostet das Bad 3,5 Millionen Euro mehr als geplant, womit der eigentlich schon mit einem Puffer für Kostensteigerungen versehene Finanzrahmen von 36,2 Millionen Euro klar überschritten wird. Zunächst hatten die Stadtverordneten im Jahr 2012 sogar einen Kostendeckel von 23 Millionen Euro beschlossen. Doch nachdem klar war, dass die Potsdamer ihr neues Bad am Brauhausberg und nicht im Bornstedter Feld gebaut sehen wollten, stiegen die Kosten auf 30 Millionen Euro – so die Angabe im Sommer 2013. Schließlich wird am Brauhausberg eine Tiefgarage benötigt, und auch die Architektur ist an solch zentralem Ort der Stadt nicht ganz egal. Außerdem gab es „topografische Besonderheiten“, und auch die Passivbauweise verursacht Mehrkosten – unterm Strich kam man nun auf 36,2 Millionen Euro, inklusive Puffer.
Schon länger Hinweise, dass Eröffnungstermin und Kostenplan nicht zu halten sind
Hinweise darauf, dass neben den Kosten auch der Eröffnungstermin im Dezember dieses Jahres nicht zu halten ist, gibt es schon länger. Speziell die Sportvereine, die jetzt noch die alte Halle am Brauhausberg nutzen, ahnten dies. Man habe von der Stadt aber die Zusage, am alten Standort so lange trainieren zu können, bis die neue Halle im Mai fertig ist, hieß es aus Kreisen der Wasserballer des Olympischen Sportclubs Potsdam gegenüber den PNN. Auch diese Übergangsfrist für die alte Brauhausberg-Halle bestätigte Exner.
Dass die beiden Negativ-Nachrichten ausgerechnet jetzt bekannt werden, kurz vor einer für den Freitag angesetzten Aufsichtsratssitzung der Stadtwerke zu dem Bad-Thema und ohne Vorwarnung für die meisten Stadtverordneten – das liegt ausgerechnet an der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit der Stadtwerke. Diese gibt einmal im Quartal die Kundenzeitschrift „Quartett“ heraus. Sie ist diese Woche erschienen. Darin diesmal prominent zu finden: Eine aufklappbare, herausnehmbare Panoramabeilage mit detaillierten Grafiken des zweigeschossigen Bades. Nach PNN-Informationen wurde die Beilage ohne nennenswerte Abstimmung mit dem Rathaus veröffentlicht. Und es fehlte darin ein wesentlicher Punkt, der nun die PNN-Nachfragen provozierte: ein Eröffnungsdatum für den Neubau. Und eine Angabe der Kosten. Zu beidem wollte die Pressestelle der Stadtwerke gestern im Vorfeld der Aufsichtsratssitzung zunächst keine Stellung nehmen. Verwiesen wurde auf eine Pressekonferenz, die erst Mitte Oktober geplant sei. Dann solle auch erstmals über die Höhe der Eintrittspreise informiert werden, hieß es weiter.
Bisher unbekannte Einblicke in das neue Bad "blu"
Umso detaillierter fällt die Übersicht in der Kundenzeitschrift aus, die bisher unbekannte Einblicke in das neue Bad liefert. Der Betrachter kann einen kleinen imaginären Rundgang unternehmen: An der Kasse erhält der Badegast einen elektronischen Chip für das Handgelenk. Alternativ gibt es für Eltern, die zum Beispiel ihre Kinder vom Schwimmtraining abholen wollen, einen Wartebereich samt Bistro. Für die Badbesucher stehen nach Umkleide und Duschen entweder der Freizeit- oder Sportbereich zur Wahl. Familien sehen dabei zunächst ein 1,35 Meter tiefes Badebecken mit Strömungskanal, einem künstlichen Wasserfall, Sprudelliegen und einer drei Meter hohen Kletterwand direkt am Beckenrand – wer fällt, platscht ins Wasser. Daneben befinden sich zwei Rutschen: Eine gewellte, sechs Meter hohe Breitrutsche sowie eine über eine Wendeltreppe erreichbare Röhrenrutsche. „Über 114 Meter sind Adrenalin und Spaß garantiert“, heißt es in der Stadtwerke-Zeitschrift. Zu sehen ist ebenso ein Kleinkindbecken mit Spielecke, das eine Wassertemperatur von 35 Grad Celsius haben sowie einen Schiffchenkanal, eine Rutsche, eine Fontäne und einen Wasserpilz bieten soll.
Vom Freizeitbereich gibt es einen direkten Durchgang zu den Außenanlagen – mit einer großen Liegewiese sowie einem Spielplatz mit Tischtennisplatte. Vom Erdgeschoss und auch von der Liegewiese führen zwei Treppen und ebenso zwei Fahrstühle in das erste Obergeschoss, in dem sich das „blu“-Restaurant befindet. Im zweiten Obergeschoss sind der Wellness- und Saunabereich mit zahlreichen Angeboten zu finden – unter anderem ein römisches sowie ein orientalisches Dampfbad, eine Infrarotkabine, ein Fußerlebnisweg, ein Eisbrunnen, ein Meditationsgarten, ein kleines, warmes Außenschwimmbecken, ein Dachgarten sowie diverse Ruhe- und Massageräume. Eine Saunabar ist ebenfalls vorhanden. Ebenso planen die Stadtwerke bereits möglichst profitable Erweiterungsmöglichkeiten: So soll die Zahl der Saunen von jetzt fünf auf acht wachsen. Dazu kommen noch weitere Ruheflächen. Ebenso könnte nach PNN-Informationen auch ein Fitnessstudio angebaut werden.
Aber auch für Potsdams Sportler soll das Bad optimale Trainings- und Wettkampfbedingungen bieten. Vom Familienbereich abgegrenzt – unter anderem mit einer Wand aus Fliesen des alten Bades am Brauhausberg – gibt es im Erdgeschoss ein Sportschwimmbecken mit zehn 50-Meter-Bahnen und 2,05 Wassertiefe, das durch eine tiefere „Sprunggrube“ samt Drei-Meter-Turm ergänzt wird. Daneben befindet sich eine Tribüne für bis zu 400 Besucher. Dazu gibt es ein 12,5 mal 10 Meter großes Lehrschwimmbecken, dessen Tiefe durch einen höhenverstellbaren Boden verändert werden kann.
Technische Einblicke
Die Veröffentlichung zum Bad bietet auch technische Einblicke. So befinden sich im Untergeschoss die Pumpen sowie die Wasseraufbereitungs- und Filteranlagen. Das Wasser und die Saunen werden den Angaben nach mit Fernwärme beheizt. Für Besucher sind 400 Fahrradstellplätze und 105 kostenpflichtige Parkplätze in der Tiefgarage vorgesehen, die über die Leipziger Straße erreichbar sein werden. Dazu kommt die Anbindung über die zentrale Bus- und Tramhaltestelle am Hauptbahnhof. Errichtet wird das Bad nach einem Entwurf des Berliner Architekturbüros Gerkan, Marg und Partner (GMP), die den Berliner Hauptbahnhof und den Pannen-Flughafen BER mitgeplant haben. Voraussichtlich werden 55 Mitarbeiter in dem Bad arbeiten, nach Angaben der Stadtwerke 30 mehr als bisher. Doch auch sie werden sich, wie Oberbürgermeister Jakobs, noch ein halbes Jahr länger gedulden müssen.
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Die Stadtwerke-Übergangs-Chefs und ihre noch zu bestimmenden Nachfolger müssen dem kommunalen Unternehmen endlich eine auf Transparenz und Offenheit fußende Kommunikationskultur einimpfen. Ein Kommentar >>
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