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Modellathlet. Max Zimmermann war 2018 Leistungsträger der Royals.
© Gerhard Pohl

Footballer Max Zimmermann wechselte aus Potsdam nach Kanada: Ein Royal bei den Melonenköpfen

Der bisherige Potsdamer Footballer Max Zimmermann darf sich in Kanadas Profiliga beweisen. Für die Chance im Vorhof der NFL kündigte er seinen Lehrerjob und spielt nun bei einem Club mit Kult-Fans. Indes sind die Royals nach ihrem Eurobowl-Sieg gefordert.

Regina/Kanada - Max Zimmermann kannte Wassermelonen bislang nur als erfrischenden Snack. Doch in seinem neuen Zuhause – Regina, Hauptstadt der kanadischen Provinz Saskatchewan – wird er sie nun auch als modisches Accessoire zu sehen bekommen. Der aus dem Brandenburgischen Landkreis Oberhavel stammende Footballer startet am Freitag mit den Saskatchewan Roughriders in die Saison 2019 der Canadian Football League (CFL). Das Team ist bekannt für seine frenetischen Fans, die sich bei Spielen ausgehöhlte Melonenhälften in Form eines Helmes auf den Kopf setzen. „Melonheads“ werden sie daher genannt, Melonenköpfe. Eine lange Tradition. Wo deren Ursprung liegt, ist nicht sicher geklärt, wie aus zahlreichen Artikeln nordamerikanischer Medien hervorgeht. Es werde einfach gemacht, heißt es nur.

Die CFL gilt als zweitbeste Football-Liga der Welt

Diesen außergewöhnlichen Kult wird Max Zimmermann nun hautnah erleben. Auf der Position des Wide Receivers ist es gemeinhin sein Job, den Ball nach einem Pass zu fangen, doch mit seiner Profi-Anstellung bei den Roughriders ist ihm selbst ein großer Wurf gelungen. Die CFL gilt als zweitbeste Football-Liga der Welt, als Vorhof der schillernden US-amerikanischen NFL. „Es ist großartig, hier dabei sein zu dürfen“, sagt der 25-Jährige, der zuletzt in Berlin lebte und in der German Football League (GFL) für die Potsdam Royals auflief.

Große Herausforderung. Max Zimmermann spielt jetzt beim viermaligen Meister aus der Stadt Regina. 
Große Herausforderung. Max Zimmermann spielt jetzt beim viermaligen Meister aus der Stadt Regina. 
© Potsdam Royals

Grundstein für die große sportliche Football-Chance im Land des Eishockeys war eine Anfang dieses Jahres geschlossene Kooperation zwischen der CFL und GFL, die im internationalen Maßstab Europas beste Spielklasse ist und weltweit an dritter Stelle eingeordnet werden kann. Die Zusammenarbeit beinhaltete unter anderem, dass GFL-Akteure auf Vorschlag der Clubs und anschließender verbandsinterner Auswahl beim Combine in Kanada antreten durften. Sechs deutsche Spieler stellten sich dieser Leistungsschau. Max Zimmermann überzeugte mit seiner physischen und psychischen Stärke bei den Athletiktests und Gesprächen. Im Draft, der ersten Kaderberufung, entschlossen sich die Saskatchewan Roughriders, ihn bei sich aufzunehmen. Außerdem wurde Thiadric Hansen, der erst im Januar aus Kiel zu den Potsdam Royals gekommen war, von den Winnipeg Blue Bombers herausgepickt und der Frankfurter Marc Anthony Hor von den Toronto Argonauts. Nach der Trainingscamp-Phase haben es letztlich Hansen und Zimmermann in die finalen Saisonkader ihrer Mannschaften geschafft.

Andere Spielweise in Kanada aufgrund anderer Regeln

Beide betonten, dass dies eine große Ehre sei. Sie leben jetzt ihren Traum vom Dasein als Football-Profi. Max Zimmermann kündigte deswegen seinen Vollzeitjob als Lehrer für Sport und Wirtschaft-Arbeit-Technik an der Hohen Neuendorfer Schule, an der er selbst das Abitur abgelegt hatte. Nach rund einem Monat bei den Roughriders in Regina ist der 1,83 Meter große und 87 Kilogramm schwere Modellathlet völlig überwältigt von den Eindrücken. „Es ist einfach Wahnsinn, wie viel Organisation und Engagement in so eine Mannschaft gesteckt wird – vom Equipmentmanager bis zum Headcoach“, schwärmt er. „Man kann sich einfach voll und ganz auf Football konzentrieren.“

Das hat Max Zimmermann auch zwingend nötig, um richtig Fuß zu fassen. Hoch sei das Anforderungsniveau, zudem müsse er sich an andere Regeln gewöhnen. In Kanada ist zum Beispiel das Spielfeld zehn Yards länger und zwölf Yards breiter als in Deutschland sowie den USA. Die Endzonen sind mit 20 Yards doppelt so lang. Auch stehen einem Team immer nur drei statt vier Versuche, sogenannte Downs, zur Verfügung, um mindestens zehn Yards für das Erkämpfen eines neuen ersten Downs voranzukommen. „Das verändert unglaublich viele grundlegende Prinzipien in der Spielweise“, erklärt er. Entsprechend komplex und vielfältig ist die Offensivtaktik. „Das kostet mich einige Stunden Lernzeit.“ Erste Spielpraxis durfte der Receiver bereits sammeln. Bei den beiden Vorbereitungspartien – eines gegen Thiadric Hansens Winnipeg – wurde er eingesetzt.

Dass gleich zwei wichtige Säulen des Teams die Potsdam Royals unmittelbar vor Saisonstart nach Übersee verließen, war für deren Cheftrainer Michael Vogt ein herber Verlust im Kampf um die Playoff-Qualifikation. Allerdings sagt er: „Wir hatten die beiden ja selbst zum CFL-Combine vorgeschlagen. Wir wollten ihnen diese tolle Möglichkeit eröffnen. Sie können Profis sein und nicht hier für eine Mark fünfzig spielen.“ Aufgrund des kurzfristigen Abgangs von den „Königlichen“ habe Max Zimmermann „ein bisschen Wehmut“ verspürt, gesteht er. „Aber ich träume von dieser Gelegenheit, schon seit ich angefangen habe, zu spielen.“

Auf der Jagd nach dem "perfekten Play" und dem Grey Cup

Das war 2012. Sein jüngerer Bruder Paul hatte sich bereits ein halbes Jahr zuvor entschlossen, vom Judo zum Football zu wechseln. Max, der Fußball gespielt hatte, brachte noch die Saison zu Ende und zog nach. Über Internetvideos wurden die Geschwister vom Football-Virus angesteckt. Ein Sport, der fasziniert. Körperlich knallhart, aber taktisch mit ganz viel Köpfchen. „Die viele Arbeit, die man reinstecken muss, um dann in vielleicht nur einem Moment das Richtige zu tun, reizt mich“, sagt Max Zimmermann. Es sei die Jagd nach dem „perfekten Play“.

Bei den Berlin Adlern lernten die beiden „Zimmermänner“ das Football-Abc, reiften zu deutschen Nationalspielern. 2018 wechselten sie dann zu den Potsdam Royals, jenem Club, der den sechsfachen Meister aus Berlin bei der Relegation in die zweite Liga gestürzt hatte. In elf Spielen erzielte Max Zimmermann vorige Saison zehn Touchdowns. Während Paul aktuell Start-Quarterback beim ambitionierten Brandenburger Verein ist, fiebert Max dem Saisonauftakt in der CFL entgegen.

Neun Mannschaften kämpfen um den Titel. Zimmermanns Saskatchewan Roughriders, die im 33.000 Zuschauer fassenden Mosaic-Stadium ihre Heimspiele austragen, erreichten bisher 19-mal das Meisterschaftsfinale, gewannen dabei viermal den Grey Cup – zuletzt 2010. Ziel sei es, die Trophäe dieses Jahr wieder nach Regina zu holen, sagt er entschlossen und hofft auf eine gute eigene Entwicklung. „Ich möchte so viel wie möglich beitragen.“ Max Zimmermann wird versuchen, den Roughriders-Fans mit guten Aktionen die Melonenköpfe zu verdrehen.

+++ Royals empfangen den Rekordmeister aus Braunschweig+++

Eine Woche nach dem Erfolg im Eurobowl sind die Potsdam Royals auf höchstem nationalen Niveau gefordert. Am Samstag empfängt der Potsdamer Football-Erstligist die New Yorker Lions Braunschweig (Beginn: 16.30 Uhr/Stadion Luftschiffhafen). Der Club aus Niedersachsen ist deutscher und europäischer Rekordmeister. Im Hinspiel Ende Mai hatten die Royals nach Halbzeitführung mit 14:35 bei den noch verlustpunktfreien Lions verloren. Max Zimmermann, der mit dem Potsdamer Team die Saisonvorbereitung absolviert hatte, ehe er nach Kanada ging, macht den „Königlichen“ Mut. Das Team sei „super talentiert“, meint er. „Wenn sie es schaffen, das Potenzial aufs Feld zu bringen, steht ihnen, glaube ich, fast niemand im Weg.“

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