zum Hauptinhalt

Interview mit Springer-Vorstand über Pfingstberg-Streit: Döpfner: „Die Rolle der beleidigten Leberwurst liegt mir nicht“

Im PNN-Interview spricht Springer-Vorstand Mathias Döpfner über seine "unvernünftige Leidenschaft für alte Architektur". Er bleibt bei seinen Plänen für die Sanierung der Villa Schlieffen und des Parks am Pfingstberg.

Herr Döpfner, halten Sie an Ihrem Vorhaben fest, den Park und die Villa Schlieffen am Pfingstberg denkmalgerecht wiederherzustellen?

Ja. Ich stehe grundsätzlich zu meinen Zusagen. Obendrein gibt es unterschriebene Verträge.

Wie beurteilen Sie die Vorgänge um das Projekt, das Sie mit der Schlösserstiftung vertraglich vereinbart haben?

In all der Aufregung noch mal ganz sachlich zur Erinnerung: Das Vorhaben war nicht meine Idee. Die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten hat mich vor einigen Jahren gefragt, ob ich bereit wäre, den ursprünglichen Villengarten der Villa Henckel in seiner gartendenkmalgerechten Originalgestalt wiederherzustellen, da die Stiftung dafür kein Geld hatte oder auftreiben konnte. Im Gegenzug sollte ich das Gelände als Pächter privat nutzen können. Das habe ich nach einigem Zögern zugesagt. Darüber wurde ein Vertrag geschlossen. Dann regte sich Widerstand. Der Bürgermeister beauftragte eine Expertengruppe, in einem sogenannten Genehmigungsverfahren einen Kompromiss zu erarbeiten, bei dem ein Teil des Geländes privat, ein größerer Teil öffentlich genutzt werden sollte. Dieser Vorschlag wurde vorgelegt: 30 Prozent des in Rede stehenden Stiftungsgeländes sollten um das Privatgrundstück herum eingezäunt werden – als Sicherheitsabstand, vor allem aber, um einigermaßen plausible historische Wegebeziehungen gemäß der steil abfallenden Topografie sicherzustellen.

Das heißt, würde Potsdams Stadtparlament zustimmen, wäre gesichert, dass 70 Prozent des Parks, den Sie pachten, öffentlich zugänglich sind?

Ja, drei Viertel des Geländes, genauer 70 Prozent – und nicht wie zuletzt behauptet 60 Prozent –, sollten öffentlich zugänglich sein. Außerdem sollte die Villa Schlieffen restauriert werden und als Kunsthaus der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen. Das war zwar wirklich nicht meine Idealvorstellung, denn 70 Prozent meiner Restaurierungsaufwendungen und der laufenden Pflegekosten würden ausschließlich in eine öffentliche Fläche fließen, aber um des lieben Friedens willen und weil ich es wichtig finde, dass dieses Gartendenkmal wieder entsteht, habe ich zugestimmt. Und dazu stehe ich nach wie vor.

Ist es richtig, dass es sich bei dem Teil des Parks, den Sie privat nutzen wollen, um eine Hanglage handelt, die sowieso kaum zu betreten ist?

So ist es. Eine Begehung vor Ort – um sich einen Eindruck zu machen – wurde mehrmals vorgeschlagen, aber weder die Stadtverordneten noch der Bürgermeister haben bisher davon Gebrauch gemacht.

Sonst wüssten sie auch, dass sich die Attraktionen des einstigen Parks – Grotte, Bach und Flusslauf – im öffentlichen Teil befinden würden, richtig?

Die Hälfte von ihnen. Was die Sache besonders absurd macht.

Ein Wort noch zu den Öffnungszeiten des Parks. Sind diese im Vorschlag der Expertengruppe auch festgelegt worden?

Mir ist jede Öffnung tagsüber recht. Den letzten Stand kenne ich nicht.

Wie erklären Sie sich die Haltung von Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) und den Fraktionen im Stadtparlament, die mehrheitlich erklärt haben, dass sie den Bebauungsplan nicht für eine anteilige private Nutzung des Parks ändern wollen?

Das war vor allem deshalb überraschend, weil der Bürgermeister dieses Genehmigungsverfahren ja eingeleitet hat. Da haben über Monate Experten gearbeitet. Wenn man das Ganze grundsätzlich nicht will, hätte man sich das vorher überlegen können und Arbeit, Zeit und Steuergeld sparen können.

Wie hat Oberbürgermeister Jakobs Ihnen seine Ablehnung des Vorschlags der Expertengruppe – also der Aufteilung des Parks in eine öffentliche und eine private Fläche – erläutert?

Die öffentliche Stimmung sei nicht danach. Das sei politisch jetzt nicht durchsetzbar. Mich verwundert das, denn mein Eindruck ist, dass sich nicht wenige Potsdamer gefreut hätten, wenn aus der unbegehbaren Wildnis wieder ein öffentlich begehbares Gartendenkmal plus Museum geworden wäre, ohne dass dafür Steuergelder eingesetzt werden müssen.

Im vergangenen September haben Sie im PNN-Interview gesagt, bei den Protesten gegen Ihr Projekt gehe es „in Wahrheit um Partikular-Interessen sehr weniger wohlhabender Nachbarn“. Hat sich die Stadtpolitik von diesen Anwohnerinitiativen instrumentalisieren lassen?

Das weiß ich nicht.

Hätten die Stiftung und Sie selbst – um die Turbulenzen und Proteste zu vermeiden – das Pfingstberg-Vorhaben nicht gemeinsam und von Anfang an öffentlich präsentieren und erklären müssen?

Anders als gerne behauptet, haben wir das. Wir haben mit Journalisten gesprochen, die darüber berichtet haben. Und es gab vor genau einem Jahr, am 19. Mai 2014, um 9 Uhr, einen zweistündigen Termin, zu dem von der Stiftung Vertreter der Nachbarschaftsinitiative, alle direkten Nachbarn und die dort beheimateten Kultur-Institutionen eingeladen wurden, um im Detail über das Vorhaben zu informieren. Dabei wurde sogar der Verlauf des Zauns diskutiert und in Teilen abgeschritten, der zur historischen Einfriedung und Sicherung der Baustelle nötig war. Ich schlug sogar noch einen zurückgesetzten Zaunverlauf vor. Das wurde abgelehnt. Man wollte sich an den kartografierten Grenzverlauf halten. Am Ende der Sitzung wurde mir herzlich für das Engagement gedankt.

Worin sehen Sie dann die Ursache für die Proteste, für den Widerstand gegen das Vorhaben?

Ich will da nicht spekulieren. Mit der Sache hat es eher weniger zu tun, fürchte ich.

Kritiker meinen, es handele sich bei Ihrem Engagement nicht um Mäzenatentum. Wie sehen Sie es?

Ich habe den Begriff für mich nicht erfunden. Ich bin ein Potsdamer Bürger, der diese Stadt liebt und der eine etwas unvernünftige Leidenschaft für alte Architektur und Gartendenkmäler hat. Wie ich das meine, zeigt die Villa Schöningen, die wir wiederhergestellt und seit sechs Jahren als ausschließlich öffentlichen Ort zur Verfügung stellen. Die Villa Henckel ist ein Privathaus. Ich möchte deshalb, dass die Privatheit durch das Engagement für Park und Villa Schlieffen nicht auch noch eingeschränkt wird.

Finden Sie den Vorstoß von Oberbürgermeister Jakobs, Park und Villa dann eben mit öffentlichem Geld herzurichten, richtig und nachvollziehbar?

Ich verstehe den Vorschlag noch nicht ganz, deshalb kann ich ihn nicht kommentieren. Irgendwo war von 40 000 Euro die Rede, mit dem man das Gelände sichern und öffentlich zugänglich machen kann. Das ist erstens völlig unrealistisch. Zweitens geht es – wenn ich den Eigentümer, die Stiftung, richtig verstehe – nicht um eine Begehbarkeit des Urwaldes, sondern um die Wiederherstellung eines historischen Gartendenkmales. Drittens weiß ich nicht, ob die Stiftung das Gelände überhaupt an die Stadt überträgt oder ob die Stadt das in einem Rechtsstaat einfach enteignen kann. Da sind, glaube ich, zwischen Stadt und Stiftung noch viele offene Fragen zu klären. Am wichtigsten aber ist die Frage: Wo soll das Geld herkommen? Ich habe Investitionen von mindestens 1,8 Millionen Euro garantiert und eher die Befürchtung, dass es deutlich mehr werden könnte. Ich dachte, die Stadtkasse ist so leer, dass es nicht mal zur notdürftigen Instandsetzung des Straßennetzes reicht. Ich weiß nicht, wie man den Steuerzahlern das vermitteln will, dass ein kleines Gartenstück inmitten der riesigen Parklandschaft zwischen Neuem Garten, Mirbachwald und Pfingstpark urplötzlich die höchste Priorität hat. Aber diese Diskussion müssen jetzt andere führen. Ich warte ganz gelassen ab, was zwischen Stadt und Stiftung vereinbart wird.

Und wenn die Stadt Potsdam plötzlich doch zwei Millionen Euro lockermacht, der Schlösserstiftung das Gelände abkauft und saniert?

Dann wäre das denkmalpflegerische Ziel erreicht und ich habe viel Geld und Arbeit gespart.

Werden Sie aus dem Fall Pfingstberg Konsequenzen für Ihr privates Leben in Potsdam ziehen?

Die Rolle der beleidigten Leberwurst liegt mir nicht. Der Flieder blüht und hier und da schon die ersten blauen Rhododendren.

Die Fragen stellten Henri Kramer und Sabine Schicketanz

Lesen Sie weiter:

Potsdam hat im Fall Pfingstberg das Maß verloren - von Sabine Schicketanz

Alle haben unterschätzt, wie wichtig Transparenz ist - von Henri Kramer

Zur Startseite