Klimaschutz, Verkehrswende und mehr: Das will Potsdams rot-grün-rotes Bündnis erreichen
SPD, Grüne und Linke in Potsdam haben sich auf eine neue Rathauskooperation verständigt. Das sind die wichtigsten Punkte des Papiers, das gerade im Rathaus vorgestellt wird.
Potsdam - Mehr Klimaschutz, eine ökologische Verkehrswende, mehr sozialer Wohnungsbau, Maßnahmen gegen Kinderarmut und für eine modernere Stadtverwaltung: Die SPD, die Grünen und die Linken haben sich in Potsdam auf eine neue Rathauskooperation verständigt, die in den kommenden Jahren gemeinsam mit Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) die Geschicke der Stadt lenken will. Zur Stunde stellen die neuen Partner ihr Programm für Potsdam vor. Die PNN haben die Vereinbarung bereits vorliegen und nennen die wichtigsten Punkte des 25 Seiten umfassenden Papiers, das einen Querschnitt der Wahlprogramme der drei Partner vorstellt. Gemeinsam mit Schubert hat das rot-grün-rote Bündnis 32 der 57 Stimmen im Stadtparlament, in vielen Fragen kann es zudem wohl auf Unterstützung durch die Fraktion Die Andere bauen - etwa beim Thema Klinikum oder ökologische Verkehrswende.
Auf dem Weg zur autofreien Innenstadt
Beim Thema Verkehr und Klimaschutz werden die Partner konkret, unter anderem soll ein sogenannter Klimanotstand ausgerufen werden, wie dies auch andere Kommunen in Deutschland bereits tun: "Wir werden den Masterplan 100 Prozent Klimaschutz finanziell unterlegen und umsetzen. Mit abrechenbaren Maßnahmen wollen wir den menschengemachten Klimawandel auch auf kommunaler Ebene stoppen, den Temperaturanstieg begrenzen und den CO2-Ausstoß senken. Unser Ziel ist es, bis spätestens 2050 CO2-neutral zu leben und die klimaneutrale Stadt Realität werden lassen. Bei Abschreibungszyklen von zum Beispiel 30 Jahren bedeutet das, dass wir ab heute nur noch CO2-neutrale Investitionen tätigen können." So müssten die Stadtwerke langfristig 100 Prozent erneuerbare Energien anbieten. Auch ein Klimschutzfonds wird aufgelegt.
Und: "Wir wollen eine Verkehrswende in Richtung Umweltverbund. Der öffentliche Nahverkehr ist dabei für uns das zentrale Element. Ihn werden wir ausbauen und attraktiver machen." Für den Potsdamer Norden bedeute das, den raschen Ausbau für Tram, Bus und Rad und die Anbindung bis zum Bahnhof Marquardt. Auch die autofreie Innenstadt ist als Ziel definiert: "Für Potsdam wollen wir ein Konzept der autoarmen Stadt vorantreiben. Für das Gebiet rund um die Brandenburger Straße wollen wir autofrei werden. Die Umsetzung dazu erfolgt bis 2024 schrittweise und mit Bürgerbeteiligung." Und man wolle prüfen, wie ein kostenloses U18-Ticket realisiert werden kann.
Neue Wege beim Thema Wohnen, mehr Geld für Schulen
Auch beim Thema Wohnen sind neue Wege geplant. "Wir wollen eine aktive kommunale Bodenpolitik mit einem nachhaltigen Flächenmanagement realisieren. Für soziale und Wohnzwecke streben wir Flächenankäufe an", heißt es da etwa. Oder: "Wir wollen den Potsdamer Wohnungsmarkt auf eine neue Gemeinnützigkeit im Wohnungsbau ausrichten: Sozialerhaltungssatzungen, Milieuschutzsatzungen, Vorkaufsrechte, Erbbaupacht und Umnutzungsverbote wenden wir dazu an. Eine Milieuschutzsatzung für die Teltower Vorstadt zwischen Schlaatzstraße bis Kolonie Daheim soll als Modell verabschiedet werden." Ebenso heißt es: "Behutsam verdichten durch Geschoss- vor Einzelbebauung. Reihengaragenflächen, Supermärkte und andere eingeschossige Gewerbebauten werden für Wohnbebauung unter Einbeziehung der Eigentümer geprüft."
Auch beim Thema Bildung wird man konkret: "Wir werden nur weiterführende Schulen errichten, die alle Schulabschlüsse anbieten." Auf die Fahne schreibt man sich auch die "Förderung von reformpädagogischen, modernen und vielfältigen Ansätzen an staatlichen Schulen" sowie die "Erhöhung der finanziellen Ressourcen für die Instandhaltung von Schulen und Kitas". Im Bereich Sport sollen Schulsportplätze für den Vereinssport und den nichtorganisierten Sport geöffnet werden. Für die Kultur ist unter anderem formuliert: "Die freie Kulturszene wird durch die Mitfinanzierung von Kostensteigerungen weiter unterstützt. Neben den geltenden Vergabe- und Mindestlöhnen braucht es auch Honoraruntergrenzen."
Gegen Kinderarmut, für ein moderneres Rathaus
Auch ein Maßnahmenplan Kinderamut ist vorgesehen. Als weiterer Punkt ist auch die "bedarfsgerechte Ausweitung eines kostenlosen Frühstücks und Mittagessens ohne Nachweis der Bedürftigkeit an allen Potsdamer Schulen mit (sozial-)pädagogischer Begleitung" verankert. Auch in Kitas sollen "Frühstück und Vesper" ohne zusätzliche Gebühr angeboten werden. Für erstmals wieder städtische Kitas soll ein kommunaler Eigenbetrieb gebildet werden. Für die ältere Generation vermerkt ist etwa "die Entwicklung von Handlungsstrategien gegen die Isolation älterer Bürgerinnen und Bürger".
Für die Modernisierung der Stadtverwaltung will man unter anderem an den Sanierungsplänen für den Rathauscampus festhalten und den IT-Bereich besser ausstatten. Auch die Frauenförderung hat man im Programm: "Die Fraktionen verpflichten sich, für eine paritätische Besetzung von Führungsfunktionen in der Stadtverwaltung, öffentlichen Ämtern sowie in Aufsichtsräten und Vorständen von städtischen Gesellschaften zu sorgen." Der Anteil der Beschäftigten mit Migrationshintergrund solle ebenfalls erhöht werden. Zugleich will man Prozesse im Rathaus transparenter gestalten und auch die Bürgerbeteiligung ausbauen. Verankert ist auch der "schrittweise Aufbau eines kostenfrei zugänglichen und stadtweiten WLANs".
Konkret wird man beim Klinikum, bei der Mitte nicht
Für das kommunale Klinikum "Ernst von Bergmann" wird man ebenso konkret: "Für die Bezahlung der Beschäftigten des Klinikums Ernst von Bergmann wollen wir schnellstmöglich unter Berücksichtigung der rechtlichen Rahmenbedingungen in den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst zurückzukehren." Dazu hat Oberbürgermeister Schubert bereits eine Sondersitzung der Stadtverordneten angekündigt.
Allerdings gibt es auch Leerstellen, etwa beim Thema Potsdamer Mitte. Dort heißt es nur: "Das weitere Baugeschehen am Alten Markt soll sich am Verfahren der Vergabe von Baufeld 3 orientieren. Die Pro Potsdam und Potsdamer Genossenschaften sollen aussichtsreich mitplanen können. Neben der damit erfolgenden Stärkung des sozialen Wohnungsbaus in Potsdam soll das Studentenwerk eine Fläche für studentischen Wohnungsbau erhalten. Das Kunst- und Kreativquartier auf dem Areal Langer Stall/Plantage werden wir entwickeln und fördern." Zur Zukunft des Staudenhofs und auch zum Stadtkanal treffen die Partner keine Aussagen.
Bund und Land sollen helfen
Als einen wichtigen Geldgeber hat die neue Kooperation das Land und auch den Bund ausgemacht. "Wir fordern von Bund und Land mehr Unterstützung beim Klimaschutz mit dem Ziel, dass Klimaschutzmaßnahmen Potsdams nachhaltig unterstützt und gefördert werden." Oder: "Eine Erweiterung der Förderkulisse des Landes auf die Gesamtstadt, insbesondere die Ortsteile, streben wir an." Auch für eine Übernahme von Investitionskosten für das Klinikum durch das Land wolle man sich einsetzen - und für eine "zügige Verdichtung von Regionalbahnangeboten und Reaktivierung der Stammbahn". Gleichwohl strebe man auch weiterhin einen "investitionsorientierten Haushalt" an: "Dazu sind zahlungswirksame Überschüsse im Ergebnishaushalt notwendig." Viele neue Schulden will man also auch nicht machen.
Für all diese Themen aus der Kooperationsvereinbarung strebe man im Stadtparlament "ein einheitliches Stimmverhalten an". Und: "Jeweils vor der Einreichung des Haushaltsentwurfs durch den Kämmerer treffen sich die Fraktionen zu einer gemeinsamen Haushaltsklausur." Auch bei Personalentscheidungen will man mitreden: "Bei Personalbesetzungsverfahren verständigen sich die Partner vor Eröffnung von Stellenbesetzungsverfahren für herausgehobene Positionen in Verwaltung und städtischen Unternehmen auf Anforderungen und Verfahren", heißt es zu den Grundsätzen der Zusammenarbeit weiter.
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Hier geht es zu dem Kooperationspapier:
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