Polnische Ärzte in Brandenburg: Ostern im Krankenhaus statt in der Heimat
Viele deutsche Kliniken sind in Corona-Krise auf polnische Mitarbeiter angewiesen. Viele davon können deshalb über Ostern ihre Familien nicht sehen.
Prenzlau/Stettin/Berlin - Zum ersten Mal in seinem Leben verbringt Andrzej Zebrowski das Osterfest nicht mit seiner Familie. Als Polen Ende März wegen der Coronavirus-Pandemie eine zweiwöchige Zwangsquarantäne für alle polnischen Rückkehrer beschloss, stand der polnische Chirurg in einem Prenzlauer Krankenhaus vor der Wahl, zu seiner Familie zu fahren oder bis zur Lockerung der Corona-Maßnahmen in Deutschland zu bleiben. Zebrowski entschied sich für Deutschland - aus Solidarität mit seinen Patienten und seinen Kollegen.
Hauptaufgabe aller Ärzte sei es, "die Patienten sorgfältig und professionell zu versorgen", sagt Zebrowski. Zudem habe er seine Mitarbeiter "in diesem entscheidenden Moment nicht im Stich lassen" wollen. "Alle Kollegen aus meiner Abteilung kommen aus Polen und alle sind in Prenzlau geblieben", fügt er hinzu.
300.000 polnische Pendler arbeiten in Brandenburg
Natürlich sei die Trennung von seiner Familie nicht leicht, doch seine Frau und der siebenjährige Sohn verstünden seine Entscheidung. Es sei allen klar, dass dies eine "außergewöhnliche Situation" sei, betont Zebrowski.
50 Minuten Autofahrt trennen Zebrowski von seinem Haus in Stettin (Szczecin) und seinem 30 Kilometer von der polnischen Grenze entfernten Arbeitsplatz. Damit gehört Zebrowski zu den rund 300.000 polnischen Ärzten, Krankenpflegern und Haushaltshilfen, die in deutschen Krankenhäusern, Seniorenheimen und privaten Haushalten arbeiten. Wie abhängig das deutsche Gesundheitssystem von Arbeitskräften wie ihnen ist, hat die Coronavirus-Pandemie schmerzhaft vor Augen geführt.
Tagesgelder sollen zum Bleiben animieren
Zwar ist unter den 69.000 Berufspendlern, die täglich von Polen nach Deutschland fahren, nur ein kleiner Teil im Gesundheitswesen beschäftigt. In einigen grenznah gelegenen Kliniken seien jedoch mehr als 30 Prozent der Beschäftigten Berufspendler aus Polen, sagt der Präsident der Brandenburgischen Ärztekammer, Frank Ullrich Schulz. Um diese Beschäftigten in der Corona-Krise zum Bleiben zu ermutigen, bieten die deutschen Grenzregionen ihnen Tagesgelder in Höhe von 40 bis 65 Euro an - etwa für Hotelübernachtungen oder Mahlzeiten.
Die Hälfte der Ärzte in Zebrowskis Krankenhaus in Prenzlau sind Polen. Die meisten von ihnen entschieden sich, in Deutschland und bei ihren Patienten zu bleiben. "Ohne sie könnten viele dringend notwendige Behandlungen und Operationen nicht durchgeführt werden", sagt Klinik-Leiterin Marita Schönemann. Die Klinik sei den "polnischen Kolleginnen und Kollegen für ihren Einsatz sehr dankbar".
Ohne polnische Pfleger droht eine Schließung
Zwar gebe es in ihrem Krankenhaus noch keinen Corona-Fall, alle Vorbereitungen seien jedoch bereits getroffen, sagt Schönemann. So sei eine komplette Station für die Behandlung von Covid-19-Patienten eingerichtet worden.
Auch in der Asklepios-Klinik im nahe der polnischen Grenze gelegenen Schwedt bereitet man sich auf eine Welle an Coronavirus-Patienten vor. Bisher seien nur drei der 40 Intensivbetten an seiner Klinik belegt, sagt Klinik-Direktor Ulrich Gnauck. Die Hälfte der 40 in seinem Krankenhaus angestellten Krankenpfleger seien nach der polnischen Grenzschließung in Schwedt geblieben. "Ohne sie müssten wir die Klinik schließen", sagt er.
Zeitarbeitsfirma weigert sich, zu zahlen
Zu denen, die wegen der Verschärfung der Corona-Maßnahmen lieber zu ihren Angehörigen in Polen zurückkehrten, gehört der Arzt Jacek Witkowski aus Stettin. "Ich wollte nicht, dass meine ganze Familie meinetwegen an Ostern in Quarantäne sein muss", sagt Witkowski, der bis vor zwei Wochen auf der Intensivstation im Universitätsklinikum Magdeburg arbeitete. Für ihn bedeutete die Entscheidung für Polen einen unerwarteten Jobverlust: Die Zeitarbeitsfirma, über die er in der Magdeburger Uniklinik angestellt war, weigerte sich, ihn während seiner 14-tägigen Abwesenheit zu bezahlen, das Arbeitsverhältnis wurde beendet.
Er sei von "dieser Art zu arbeiten enttäuscht", werde sich aber nun einige Tage erholen, sagt Witkowski. Dann wolle er eine neue Arbeit finden - "wahrscheinlich in Polen".
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David Courbet AFP
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