Schule in der Corona-Pandemie: Linke fordert dezentrale Prüfungen
Die Opposition sieht Brandenburg auf den Schulstart in Corona-Zeiten nicht gut vorbereitet. Die Linke will nun eine Abkehr vom zentralen Abitur.
Die oppositionelle Linke im Brandenburger Landtag fordert für das neue Schuljahr eine Abkehr von dem Prinzip der zentralen Abschlussprüfungen. Sowohl die Aufgaben für das Abitur als auch für die schriftlichen Tests am Ende der 10. Klasse sollten wegen der Coronakrise in den Hauptfächern dezentral von den Schulen gestellt werden, erklärte die Fraktionsvorsitzende und bildungspolitische Sprecherin der Linken, Kathrin Dannenberg, am Mittwoch bei einer Pressekonferenz im Landtag – einen Tag bevor Bildungsministerin Britta Ernst (SPD) die Pläne für den Schulstart am Montag öffentlich vorstellen will.
Durch den pandemiebedingten Lockdown vor den Ferien seien bei den Schülern unterschiedlich große Wissenslücken entstanden, die nur schwer wieder aufzuholen seien, so Dannenberg. Zudem sei damit zu rechnen, dass lokal in den kommenden Wochen und Monaten Schulen wegen eines Corona-Ausbruchs geschlossen werden müssten oder der Unterricht zumindest nicht so stattfinden könne, dass die Schüler überall gut vorbereitet werden können. „Von den Schülern dann zu verlangen, zentral gestellte Aufgaben zu lösen, wäre ungerecht“, so die Linke-Politikerin, die selbst Lehrerin war. Die Pädagogen vor Ort könnten selbst am besten einschätzen, welcher Stoff unter Corona-Bedingungen durchgenommen werden konnte und welcher nicht.
Ernst fürchtete Nachteile eines "Notabiturs"
Im vergangenen Schuljahr haben in Brandenburg alle Abschlussprüfungen trotz Corona regulär stattgefunden – unter strengen Hygieneauflagen. Auf die Prüfungen zu verzichten und stattdessen nur die im Unterricht erzielten Noten für die Abiturzeugnisse und die der zehnten Klasse heranzuziehen, hatte Bildungsministerin Ernst vehement abgelehnt. Die Brandenburger Schüler hätten Nachteile, wenn sie sich mit einem „Notabitur“ bewerben müssten, hatte sie erklärt.
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Dannenberg ist überzeugt, dass ein dezentrales Abitur für die Schüler keinen Nachteil auf dem Ausbildungsmarkt oder bei der Bewerbung für einen Studienplatz darstellen würde. Sie sei sich vielmehr sicher, dass auch in anderen Bundesländern die Debatte darüber geführt werden wird, vorübergehend auf zentrale Prüfungen zu verzichten.
Insgesamt sieht Dannenberg Brandenburg nicht gut vorbereitet auf den Schulstart am Montag. „Das Ministerium hat bisher in der Krise nur als Feuerlöscher agiert“, sagte sie. So sei die Ferienzeit nicht genutzt worden, um alle Voraussetzungen für eine Rückkehr von Schülern und Lehrern zum Präsenzunterricht zu schaffen. Der Hygieneplan enthalte zu viel „müsste, könnte, sollte“. Das darin empfohlene Stoßlüften in den Klassenräumen etwa sei gar nicht in allen Schulen möglich. In einigen seien Klimaanlagen installiert, die Fenster ließen sich nicht öffnen. „Die räumlichen Voraussetzungen in den Schulen hätten in den Ferien von den örtlichen Gesundheitsämtern geprüft werden müssen“, so Dannenberg.
Viele Lehrer gehören zur Risikogruppe
Außerdem sei nicht klar, wie viele Lehrer am Montag tatsächlich an die Schulen zurückkehrten. Sie rechne damit, dass sich viele Lehrer vom Präsenzunterricht befreien lassen, weil sie zur Risikogruppe zählen und Angst vor einer Infektion haben. Die Teststrategie des Landes hält Dannenberg für unzureichend. Alle Mitarbeiter von Schulen und Kitas können sich wie berichtet alle zwei Wochen kostenfrei auf Covid 19 testen lassen – dafür müssen sie allerdings einen Hausarzt aufsuchen. „Die Tests müssten in den Schulen angeboten werden, etwa durch mobile Teams“, schlägt Dannenberg vor. Auch Schulkrankenschwestern könnten die Abstriche nehmen.
Gerade Corona mache deutlich, dass die Schulgesundheitsfachkräfte, wie sie offiziell heißen, dauerhaft gebraucht würden, so Dannenberg. Im Rahmen eines Modellprojektes unter Federführung der Arbeiterwohlfahrt (Awo) Potsdam sind derzeit 18 medizinisch versierte Fachkräfte an 27 Schulen eingesetzt. „Doch das Projekt steht auf der Kippe“, so Dannenberg. Ende 2020 endet es – und müsse vom Land nun unbedingt verlängert und ausgebaut werden. Denn Schulkrankenschwestern könnten in der Coronazeit auch wichtige Aufklärungsarbeit leisten und Schüler darüber informieren, warum das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes so wichtig ist, so die Fraktionschefin. Zur Maskenpflicht in Schulen hätten sich Brandenburg schon früher entschließen und auch früher darüber informieren müssen, meint Dannenberg.
Maskenpflicht überfällig
Auch Lehrer halten die nun am Mittwoch beschlossene Maskenpflicht in Schulfluren und Treppenhäusern für überfällig. „Wie sollen die Kinder zu einem Verständnis für die Notwendigkeit einer Mund-Nase-Bedeckung beim Einkaufen kommen, wenn diese in der Schule angeblich überflüssig ist?“, schrieb der Physiklehrer Christian Spitz am Montag in einem offenen Brief an Ministerin Ernst und 300 Brandenburger Schulleiter.
In seiner Schule, einem Gymnasium in freier Trägerschaft in Kleinmachnow, sei schon in den vergangenen Monaten eine Maskenpflicht eingeführt worden, unabhängig von den Ministeriumsvorgaben. „Alle Schulleitungen können hier von ihrem Hausrecht Gebrauch machen“, so Spitz. Er habe mit vielen Kollegen und Eltern gesprochen, die Unverständnis für die zunächst fehlende Maskenpflicht geäußert hätten. „An den weiterführenden Schulen unterrichten wir Jugendliche bis junge Erwachsene, die durch ihre soziale Mobilität ein hohes Infektionspotenzial haben“, sagt Spitz.
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