zum Hauptinhalt
Das Abitur findet in diesem Jahr unter besonderen Bedingungen statt.
© Julian Stähle/dpa

Prüfungen in der Coronakrise: Abi mit Abstand

In Brandenburg haben die Abiturprüfungen unter Corona-Bedingungen begonnen – reibungslos. Die meisten Prüflinge entscheiden sich für eine Prüfung jetzt statt zum Ausweichtermin.

Potsdam - Vor dem Babelsberger Bertha-von-Suttner Gymnasium herrscht am Montagmittag die Ruhe nach dem Sturm. Die Parkbänke auf dem angrenzenden Platz, auf denen sich in früheren Jahren nach einem solchen Tag die Schüler darüber ausgetauscht hatten, wie schwer die Aufgaben waren, bleiben leer. Die Jugendlichen sind vorschriftsgemäß direkt nach den Prüfungen nach Hause gegangen, einzeln. Der Austausch über diesen wichtigen Tag, er muss später über Chats in sozialen Netzwerken oder am Telefon erfolgen. „Das ist das ruhigste Abi aller Zeiten“, sagt Schulleiterin Astrid Thorak. Das ist die Botschaft, die sie den Schülern am Morgen mit auf den Weg in die Prüfungsräume gegeben hat – als Motivation, die ganze Situation positiv zu sehen: So ein ruhiges Schulhaus, so viel geballte Aufmerksamkeit der Lehrer haben frühere Jahrgänge nicht bekommen.

Astrid Thorak.
Astrid Thorak.
© Manfred Thomas

Premiere gilt als geglückt

29 Schüler haben am Montag am Suttner-Gymnasium ihre Abiturprüfungen in Geschichte und Erdkunde geschrieben. „Alle sind erschienen“, sagt Thorak hörbar erleichtert. Alles sei glatt gegangen, trotz Corona, trotz der strengen Hygiene- und Abstandsregeln, unter denen das Abitur in Brandenburg in diesem Jahr stattfinden muss. Der Großteil der Schüler schrieb die Prüfungen in der 170 Quadratmeter großen Aula, je fünf wurden auf zwei weitere Räume verteilt. Desinfektionsmittel, Seife, Handschuhe für die Lehrer zum Austeilen der Aufgaben – „wir hatten alles ausreichend da“, sagt die Schulleiterin. Die Aufregung der Schüler habe sich so schnell gelegt. „Die Premiere ist geglückt“, sagt sie. Am Mittwoch erwartet sie dann 45 Schüler für die Prüfungen in Naturwissenschaften und Kunst.

Schüler sprachen sich für Prüfungen nach den Osterferien aus

Wie alle Schulen in Brandenburg hatte auch das Bertha-von-Suttner-Gymnasium vorab bei den Schülern abgefragt, ob sie mehrheitlich die Prüfungen ab dem regulären Termin am 20. April schreiben oder, wie es das Land angeboten hat, lieber die Ausweichtermine ab Mai nutzen wollen. Einhellige Meinung an der Babelsberger wie auch an den meisten anderen Brandenburger Schulen: Die Prüfungen sollen trotz weiter geschlossener Schulen und Corona-Angst direkt nach den Osterferien beginnen. Rund 85 Prozent der Schulen haben sich bei der Umfrage des Landes dafür entschieden, bei den Hauptterminen mitzumachen. „Was man weg hat, hat man weg. Wir wissen ja alle nicht, was noch kommt“, so Thorak.

Von der kurz diskutierten Variante, auf die Prüfungen ganz zu verzichten und nur die bereits erzielten Noten für das Abiturzeugnis heranzuziehen, hält sie wie Brandenburgs Bildungsministerin Britta Ernst (SPD) nichts. Für den Abschluss der zehnten Klassen, bei dem die Prüfungen weniger stark ins Gewicht fallen, hätten sie sich das vielleicht vorstellen können. „Aber auf dem Abizeugnis nehmen die Prüfungsergebnisse eine ganze DINA4-Seite sein“, erklärt Rektorin Thorak. Bewerbungen mit einem „Notabitur“ oder „Durchschnittsabitur“ wie es auch genannt wird, hätte für die Schüler nur Nachteile bedeutet, meint die Schulleiterin.

Schüler sollten keine Nachteile erleiden

So sieht es auch Bildungsministerin Ernst. „Wir wollen, dass unsere jungen Leute keine Nachteile erleiden“, hatte sie Anfang April in einem PNN-Interview erklärt. Die schriftliche Abiturprüfung macht ein Drittel der Prüfungsleistung aus. „Wenn wir auf diese Prüfungen verzichten würden, hätten wir 2020 ein Abitur, das viel weniger wert wäre als das der letzten Jahre“; sagte Ernst.

Der Landesschülerrat Brandenburg zeigte sich am Montag „relativ glücklich“, dass die Abiturprüfungen stattfinden. „Allerdings können wir vollkommen verstehen, wenn sich Schülerinnen und Schüler für ein Durchschnittsabitur entschieden haben, was jetzt natürlich nicht umgesetzt werden kann“, sagte Sprecherin Nele Dreizehner im Radio eins des rbb. Sie betonte: „Wir konnten nicht garantieren, dass jede Uni diesen 2020er-Jahrgang einfach so akzeptiert wie ein ganz normales Abitur.“ Die Mehrheit von 1701 befragten Schülern sprach sich in einer allerdings nicht repräsentativen Umfrage des Landesschülerrats im Vorfeld für ein Notabitur aus, wenn es sehr lange nicht möglich sein sollte, Abiturprüfungen zu schreiben. Anders als in Berlin, wo es seitens der Schülerschaft sogar eine Klage gegen die Prüfungen trotz Corona gab, war in Brandenburg der Widerstand gegen die nun getroffene Regelung gering.

Wer sich psychisch belastet fühlt, kann den Nachschreibetermin wahrnehmen

Am Montag sind dementsprechend auch fast alle Prüflinge in Brandenburg erschienen. Insgesamt mehr als 2500 Schüler sind nach Angaben des Bildungsministeriums zu den Prüfungen in Geografie, Geschichte und Politische Bildung angetreten, das sind 99 Prozent derer, die hätten teilnehmen müssen. „Der Start ins Abitur 2020 ist gut angelaufen – so wie wir es aufgrund der Rückmeldungen und der gut aufgestellten Prüfungspläne der Schulen im Vorfeld erwartet haben“, so Ministerin Ernst. Nachschreibetermine sind bis in den Juni geplant – wer sich psychisch belastet oder krank fühlt, soll darauf ausweichen.

Dass in diesem Jahr bestimmte Regeln gelten, war von den Schulen frühzeitig kommuniziert worden, so etwa auf der Homepage des Potsdamer Einstein-Gymnasiums: „ Eine Gruppenbildung vor dem Hoftor, auf dem Schulhof, im Schulgebäude und in den Prüfungsräumen ist unter jedem Aspekt zu vermeiden“, heißt es auf der Schulseite. Lehrkräfte ließen die Abiturienten am Schultor nur einzeln ein.

Zur Startseite