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Blick über riesige Abraumhalden  in den Braunkohletagebau Jänschwalde.
© Patrick Pleul/dpa
Exklusiv

Kosten für Tagebau-Landschaft: Eine Frage der Kohle für die Lausitz

Wer trägt Kosten für die Rekultivierung der Braunkohle-Tagebaue in der Lausitz? Nach dem Bergbaubetreiber Leag gerät nun auch der frühere Eigentümer Vattenfall in den Blick.

Potsdam - Nachdem das Landesbergamt Brandenburg ein Gutachten zum Umgang des Unternehmens Leag mit den Bergbaufolgeschäden vorgelegt hat, wird nun die Rolle des vormaligen Inhabers der Tagebaue und Kraftwerke hinterfragt. Offenbar könnte auch der schwedische Staatskonzern Vattenfall, der die Lausitzsparte 2016 an den tschechischen Konzern EPH verkauft hat, haftbar gemacht werden – aber nur noch im Jahr 2019. 

Die Landesregierung erwägt, für die Leag eine Zweckgesellschaft nach sächsischem Vorbild zu errichten. So wird es auch im Gutachten empfohlen, das am Mittwoch den Wirtschaftsausschuss des Landtags beschäftigen wird. In die Zweckgesellschaft könnte die Leag das für die Rekultivierung der Tagebaue nötige Geld einzahlen. Es wäre bei einer Insolvenz gesichert, die Kosten blieben nicht beim Steuerzahler hängen.

Interne Vattenfall-Warnung: Bis mindestens 2019 droht Haftung

Nach Ansicht der Umweltschutzorganisation Greenpeace könnte die Landesregierung weitaus mehr tun, als nur die Leag zu prüfen. Auch Vattenfall könnte herangezogen werde. Das geht aus internen Vattenfall-Unterlagen vom April 2016 hervor, die Greenpeace jetzt vorgelegt hat. Der Staatskonzern hat damals in einem Schreiben an die schwedische Regierung um Zustimmung zum Verkauf gebeten. 

Darin listete der Konzern die Bedingungen für den Verkauf der Lausitztochter auf, es ging auch um die „Übernahme sämtlicher Betriebs- und Umweltrisiken“ durch die Leag. Zugleich wies Vattenfall auf Lücken hin: Weil Vattenfall seine Unternehmensstruktur in der Lausitz vor dem Verkauf bis 2015 verändert hat, hafte Vattenfall als Verkäufer nach deutschem Recht gesamtschuldnerisch für weitere fünf Jahre für die Verbindlichkeiten der früheren Lausitz-Töchter – „einschließlich der Umwelthaftung“ für stillgelegte Anlagen.

Greenpeace fordert Regierung zum Einschreiten auf

Greenpeace-Energieexperte Carsten Smid fordert deshalb: „Diese Rechtssituation müssen die Behörden jetzt nutzen, um Sicherheiten im vollen Umfang gemeinschaftlich von dem heutigen Betreiber Leag und dem Ex-Betreiber Vattenfall insolvenzsicher einzufordern.“ Die Haftungsklausel könne nur noch im Jahr 2019 genutzt werden. „Nachdem Vattenfall viele Jahre gut an der Braunkohle verdient hat, müssen die Landesregierungen jetzt alles dafür tun, nicht auf den Folgekosten der Tagebaue sitzen zu bleiben.“ Im Bergrecht gelte das Verursacherprinzip.

Das im Auftrag des Landesbergamtes erstellte Gutachten befindet, dass Leag ausreichend Vorsorge zur Renaturierung für die Zeit nach der Braunkohle betreibt. Umweltverbände fordern dagegen eine Sicherheitsleistung wie bei Kiesbergwerken. Die Grünen kritisieren, dass für das Gutachten zwar geprüft worden sei, ob die Rückstellungen bilanzrechtlich in Ordnung sind, nicht aber, ob sie ausreichen.

Was Rückstellungen bei Leag nicht abbilden

Die Gutachter selbst schreiben: Die Praxis der Rückstellung entspreche nicht „der Natur einer Sicherheitsleistung“. Das vorzeitige und unplanmäßige Aus für die Tagebaue, neue politische oder wirtschaftliche Rahmenbedingungen würden nicht berücksichtigt. Die Experten prüften, was bei plötzlicher Stilllegung Ende 2016 geschehen wäre: Die Rückstellungen hätten nicht ausgereicht und ein Gesamtdefizit von 43 Prozent aufgewiesen.

Um die Lausitzer Tagebaulandschaft zu sanieren, braucht es 40 Jahre. Vattenfall hatte der EPH, dem tschechischen Mutterkonzern der Leag, beim Verkauf 1,7 Milliarden Euro dafür überlassen. Ob das Geld angesichts der undurchsichtigen EPH-Strukturen mit Briefkastenfirmen in Steueroasen gesichert ist, wird von Greenpeace bezweifelt. Bei Vattenfall reichten dem Land Bilanzen und Buchwerte als Sicherheiten. EPH musste sich gegenüber Vattenfall zwar verpflichten, der Lausitzsparte in den ersten drei Jahren keine Gewinne zu entnehmen, in den folgenden zwei Jahren höchstens die Dividende. Doch damit ist nach 2021 Schluss.

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