Braunkohle in Brandenburg: EPH und der gute Draht nach Potsdam
Hat Brandenburgs Landesregierung den Lausitzer Braunkohle-Deal mit Vattenfall und dem Tschechen-Investor eingefädelt? Laut internen Vermerken sprach das Ministerium schon früh mit beiden über Kaufpreis und Kosten für die Tagebausanierung. Inzwischen schließt die Regierung Sicherheitsleistungen nicht mehr aus.
Potsdam - Brandenburgs Landesregierung war schon früher und weitaus intensiver in die Verkaufsverhandlungen des schwedischen Energiekonzerns Vattenfall und in Gespräche mit dem neuen tschechischen Investor EPH involviert, als bislang bekannt. Das belegt ein interner Vermerk des Wirtschaftsministeriums. Erstellt wurde er im November 2014 für Wirtschaftsminister Albrecht Gerber (SPD), wenige Tage nachdem der schwedische Staatskonzern bekannt gegeben hatte, den Verkauf der Lausitzer Braunkohlesparte zu prüfen – und deutlich bevor Vattenfall im September 2015 offiziell einen Verkauf beschloss und sich im April 2016 tatsächlich für EPH entschied. Nun firmiert die Konzern-Tochter als Lausitzer Energie (Leag) in Cottbus.
Der tschechische Energiekonzern hatte damals deutliches Interesse an der Lausitzer Braunkohlesparte gezeigt und in Brandenburg die Lage sondiert. Ob sich Vattenfall schon vor dem Bieterwettbewerb für EPH entschieden hat, geht aus dem Vermerk nicht hervor. Handschriftliche Ergänzungen zeigen, worum es bei weiteren Treffen gehen sollte: Um die Gespräche mit Vattenfall, Rendite-Erwartungen, die Zukunft des Kraftwerks Jänschwalde. Das Ministerium pochte darauf, dass ein „neuer, wirtschaftlich starker Investor“ ein „langfristiges, strategisches Engagement“ in der Lausitz gewährleisten müsse. Zudem müssten der Kaufpreis den Erfolg des neuen Unternehmens ermöglichen und die „politischen Vorleistungen“ Brandenburgs, Sachsens und des Bundes berücksichtigt werden.
Ministerium traf sich bereits 2014 mit EPH, als der Verkauf noch dementiert wurde
Der Vermerk ist Teil eines Aktenkonvoluts, auf das die Umweltschutzorganisation Greenpeace gestoßen ist. Die hatte 2016 Einsicht in die Ministeriumsakten zum Verkaufsprozess verlangt. Zunächst habe es nur eine Liste mit 35 Gesprächsterminen gegeben. Nach Einschalten des Verwaltungsgerichts habe das Ministerium drei Ordner herausgerücken müssen. Die Details will Greenpeace am heutigen Mittwoch mit der Neuauflage des „Schwarzbuch EPH“, der Bilanz zu 100 Tagen Leag, bekannt geben. Aus den Akten geht hervor, dass sich das Ministerium bereits im März 2014 mit Beratern von EPH traf, als Vattenfall noch den Verkauf der Kohlesparte und das Ministerium jedes Wissen darüber dementiert hatten.
Im November 2014 dann loteten Regierungsmitarbeiter mit hochrangigen Vertretern von EPH und der Tochter Mibrag im Mitteldeutschen Revier eine Zusammenarbeit bei der Übernahme der Vattenfall-Tochter aus. Die Ministerialen und das Landesbergamt warnten die Hausspitze in dem Vermerk aber, dass die bisherige Praxis bei der Prüfung der Sicherheiten für die Rekultivierung ausgeräumter Braunkohletagebaue nicht ausreichen könnte. Ausdrücklich wies das zuständige Referat darauf hin, dass der Verkauf von Bergwerkseigentum genehmigt werden müsse. Dies hätte das Land verweigern können, „wenn die finanzielle Leistungsfähigkeit des Erwerbers“ für Renaturierung und Abwehr von Tagebau-Spätfolgen wie Bodenrutschungen „nicht ausreichend“ erscheint. Dies, so empfahlen die Mitarbeiter, sollte aber „zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht gegenüber Dritten thematisiert werden".
Weitaus mehr trieb das Ministerium die Sorge, Vattenfall könnte zu viel Geld für die Lausitz-Sparte verlangen. Jedenfalls wurde in grüner Schrift, die dem Minister vorbehalten ist, vermerkt, Vattenfall verstehe nicht, welche Auswirkungen die Rekultivierung auf den Kaufpreis habe. Die Brisanz war Wirtschaftsminister Gerber also bewusst. In einem Vermerk vom Mai 2016 heißt es in grüner Schrift: "Thema Rückstellungen/Rekultivierung sehr sorgfältig bearbeiten."
Leag-Neustart sollte nicht gefährdet werden
Bislang hat sich die Landesregierung nicht entschieden, ob von Leag konkrete Sicherheiten für die Sanierung der Tagebaue verlangt werden. Nach PNN-Informationen gab es zwar konkrete Überlegungen, doch die Landesregierung hielt offiziell damit zurück, um den erst im Herbst vollzogenen Eigentümerwechsel und den Neustart nicht zu gefährden.
Greenpeace und die Grünen im Landtag fordern seit Monaten Sicherheitsleistungen, damit nicht der Steuerzahler die Kosten tragen muss. Sie befürchten, dass die Leag gar nicht in der Lage ist, die Rekultivierung zu finanzieren. Denn beim Mutterhaus EPH reicht das Firmenkonstrukt der Investoren mit Briefkastenfirmen bis auf Steueroasen wie Zypern und Jersey. Die Fremdkapitalquote war relativ hoch. Um die Lausitzer Tagebaulandschaft zu sanieren, wird mit Kosten von bis zu zehn Milliarden Euro gerechnet. Vattenfall hatte EPH beim Verkauf 1,7 Milliarden Euro dafür überlassen. Ob das nötige Geld bei den undurchsichtigen EPH-Strukturen gesichert ist, bezweifeln Grüne und Greenpeace.
Bei Vattenfall reichten dem Land Bilanzen und Buchwerte als Sicherheiten für die Sanierungskosten. Ein eigener Posten mit hartem Geld war nicht nötig. Bei Leag wartet das Wirtschaftsministerium ab, auch weil das Unternehmen erst im Frühjahr über neue Tagebaue entscheidet. Sobald das Unternehmen in diesem Jahr seine erste Bilanz und Planungen vorlege, werde geprüft, ob und wie Sicherheitsleistungen nötig sind, sagte eine Ministeriumssprecherin den PNN. Gegebenenfalls würden dazu mit Sachsen Modelle erarbeitet. Und: „Das Gesetz gibt vor, dass durch den Braunkohletagebau keine wirtschaftlichen Risiken für die Länder entstehen dürfen.“
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