Baustelle auf der Zeppelinstraße in Potsdam: Angst vor dem Dauerstau
Der Verkehrbetrieb Potsdam baut derzeit in der Zeppelinstraße. Nun gibt es einen Vorgeschmack darauf, was passieren könnte, wenn Klipps Pläne zur Verengung der Hauptverkehrsstraße umgesetzt werden.
Potsdam - Dicke Luft in der Zeppelinstraße: In der Einflugschneise für Pendler staut sich in diesen Julitagen die Sommerhitze. Und auch die Autos kommen nur langsam voran. „Hier bewegt sich nicht viel“, sagt ein Imbissbesitzer. Dauerstau seit Donnerstag vergangener Woche, klagt er. An diesem Tag hat der Verkehrsbetrieb (ViP) damit begonnen, das Gleisbett zwischen Auf dem Kiewitt und der Kastanienallee zu sanieren. Es gibt nur noch eine Fahrspur je Richtung. Für das Geschäft sei das nicht gut. Es kommen kaum noch Kunden, die etwas Essen zum Mitnehmen bestellen. Und auch der Lieferservice leide. „Wir kommen kaum noch durch“, sagt er.
Wann es sich in der Zeppelinstraße staut, zeigt auch das Internetportal "Mobil in Potsdam": Leuchtet dort eine Straße grün, gibt es freie Fahrt. Orange bedeutet zähflüssig, Rot steht für Stau. Zwischen Auf dem Kiewitt und Kastanienallee leuchtet es seit Tagen rot. Und das wird wohl erst mal so bleiben, denn die Bauarbeiten dauern voraussichtlich bis zum Ende der Sommerferien Ende August. Den Termin hatte sich die Verwaltung ausgesucht, weil sie in dieser Zeit bis zu 20 Prozent weniger Autoverkehr erwartet – viele Potsdamer seien im Urlaub, außerdem falle der Schulverkehr weg. Stau gibt es nun trotzdem.
Baustelle Zeppelinstraße: Nicht nur Autofahrer sind betroffen
Betroffen sind nicht nur Autofahrer, sondern auch Passagiere von Straßenbahnen und besonders von Bussen – und auch die Anwohner. Sie haben nicht nur den Baulärm vor der Tür, sondern leiden auch noch unter deutlich schlechterer Luft als ohnehin. An den ersten vier Tagen der Bauarbeiten lagen die Werte für gesundheitsschädliches Stickstoffdioxid in der Zeppelinstraße bei 60, 75, 62 und 65 Mikrogramm je Kubikmeter Luft. Am Mittwoch vor Baubeginn waren es noch 50 Mikrogramm – auch das ist viel, denn im Jahresdurchschnitt dürfen es nicht mehr als 40 Mikrogramm sein.
Um die Grenzwerte einzuhalten und Strafzahlungen an die EU sowie mögliche Klagen von Anwohnern zu vermeiden, will die Stadt den Autoverkehr in der Straße verringern. Baudezernent Matthias Klipp (Grüne) plant, dass es künftig nur noch eine Fahrspur pro Richtung für die Autos geben soll – so wie derzeit auch wegen der Baustelle. Mehr Platz soll es dagegen für Fahrradfahrer geben. Klipps Verkehrsplaner hoffen, den Autoverkehr auf der Bundesstraße um 18 Prozent reduzieren zu können. Wann es genau damit losgehen soll, ist noch unklar.
„Wie soll denn die Luft sauberer werden, wenn es häufiger Stau gibt?“
Im Imbiss mitten in der Baustelle ist man mehr als skeptisch: „Das wird grausam“, sagt der Besitzer. Vielleicht müsse er sich ein anderes Geschäft suchen. Eine Anwohnerin vom Schillerplatz ist von den Plänen zur Einengung der Straße nicht überzeugt: „Wie soll denn die Luft sauberer werden, wenn es häufiger Stau gibt?“, sagt sie.
Auch Jörg Becker vom Automobilclub ADAC lehnt die Klipp-Pläne ab. Zwar könne man die jetzige Baustelle nicht mit einer dauerhaften Einengung gleichsetzen – schließlich würden dann per Ampelschaltung gleich weniger Autos in die Straße einfahren. Doch eine Lösung sei das trotzdem nicht, so Becker. Ein großer Teil der Autos auf der Zeppelinstraße werde von Anwohnern aus Potsdam-West gefahren. An sie sollte die Stadtverwaltung appellieren, vorhandene Alternativen wie Tram, Bus und Fahrrad häufiger zu nutzen. „Man muss nicht jeden Weg mit dem Auto zurücklegen“, sagte Becker den PNN. Einsicht und Verständigung seien auf lange Sicht besser als Zwang und Frust. Alternativen zum Auto für Einpendler aus dem Umland zu schaffen, sei hingegen schwierig und teuer. „Berufstätige werden nach Feierabend nicht lange auf einen selten fahrenden Bus warten wollen“, so Becker.
Gemeinsames Verkehrskonzept mit Potsdam und Potsdam-Mittelmark
Für die Nachbargemeinde Schwielowsee ist die aktuelle Baustelle das kleinere Übel. „Rückstaus haben wir ohnehin durch die Pförtnerampeln am Potsdamer Ortseingang“, sagt Bürgermeisterin Kerstin Hoppe (CDU). Vor einem dauerhaften Umbau müsse über ein gemeinsames Verkehrskonzept mit Potsdam und dem Landkreis Potsdam-Mittelmark gesprochen werden. Damit mehr Menschen auf das Auto verzichten, müssten die Alternativen verbessert werden, so Hoppe. Immerhin hatte der Landkreis kürzlich angekündigt, zwischen Werder (Havel) und Potsdam ab Dezember sechs statt vier Busse stündlich fahren zu lassen. Angesichts von Tausenden Pendlern wird das kaum ausreichen.
Potsdams SPD-Chef Mike Schubert sieht die Baustelle des ViP als lehrreichen Feldversuch für die Klipp-Pläne. Es zeige sich, dass es keine dauerhafte Einengung geben darf, bevor das Nahverkehrsangebot ausgeweitet sei. „Darauf werden wir achten“, so Schubert. Nötig seien eine Taktverdichtung und eine durchgehende Busspur. Die Verwaltung müsse ihre Pläne kritisch hinterfragen.
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