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Kommunalwahl 2019: „Alle Stadt- und Ortsteile müssen lebenswert sein“

CDU-Kreischef Götz Friederich spricht im PNN-Interview über die Ziele seiner Partei nach der Kommunalwahl, alte Fehler, neue Bündnisse und eigene Ambitionen.

Herr Friederich, für die CDU ist Potsdam nach wie vor ein schwieriges Pflaster. Warum halten sich die Erfolge für die Union hier so in Grenzen?

Es gibt viele Aspekte und es wäre vermessen zu sagen, dass ich alle Gründe kenne. Die Bedeutung der Stadt im DDR-System als Sitz der SED-Bezirksleitung hat sicher eine Rolle gespielt. Wie anders ist es zu erklären, dass in einer Stadt wie Potsdam 30 Jahre nach dem Mauerfall die Linke immer noch die stärkste Fraktion ist? Das von innerparteilichem Streit geprägte Bild der CDU in früheren Zeiten wird aber auch dazu beigetragen haben. Das gehört zum Glück der Vergangenheit an. Auch das soziokulturelle Umfeld hat sich gewandelt. Heute kommt es darauf an, welche Partei die Menschen am besten mitnimmt. Und da haben wir, glaube ich, ein gutes Angebot.

Vor fünf Jahren hat die CDU bei der Kommunalwahl in Potsdam 15,5 Prozent erreicht. Wie viel bekommt sie diesmal?

Mein sehr gutes Ergebnis bei der OB-Wahl hat gezeigt: Da geht doch was! Unser Ziel sind 20 Prozent plus X, und das sehe ich auch als realistisch an. Wir haben in den vergangenen fünf Jahren in der Fraktion sehr gut gearbeitet – quer durch alle Themen. Durch unsere Stimmen war es erst möglich, Mehrheiten für viele Projekte zu finden und sie damit zu verwirklichen. Wir sind in den Stadtteilen gut aufgestellt und wir haben sehr gute Kandidaten.

Dennoch war Ihr persönliches Ergebnis bei der OB-Wahl im vergangenen Jahr mit 17,4 Prozent deutlich von diesem Ziel entfernt – obwohl gar nicht alle Parteien des bürgerlichen Lagers eigene Kandidaten aufgestellt hatten. Wie groß ist die Gefahr, dass sich die bürgerlichen Parteien diesmal gegenseitig Stimmen wegnehmen?

Ich bitte Sie! Bei der OB-Wahl haben die beiden Kandidaten von SPD und Linke bei gestiegener Wahlbeteiligung massiv Stimmen verloren, ich konnte jedoch über 8000 Stimmen, also mehr als sieben Prozent Anteile hinzugewinnen. Wenn das mal nichts ist! Unabhängig davon glaube ich, dass bei der Kommunalwahl noch andere Aspekte eine Rolle spielen.

Welche?

Jetzt geht es noch mehr um programmatische, konkret auf die Stadt bezogene Dinge und um die Personen, die diese Inhalte für ihre jeweiligen Stadtteile vermitteln. Ich glaube, die Wähler entscheiden sich danach, wen sie kennen und wie sich dieser Kandidat in der Vergangenheit bereits für ihre Belange engagiert hat. Da ist das Parteibuch zweitrangig. Es werden sich meiner Ansicht nach kompetente Kandidaten eher gegenseitig Stimmen wegnehmen.

In diesem Punkt haben Sie die Chancen Ihrer Partei aber selbst geschwächt. Klaus Rietz vom Aktionsbündnis Nord-West, kurz ANW, und Horst Heinzel treten nun für das Bürgerbündnis an, unter anderem deshalb, weil CDU und ANW diesmal getrennt antreten. Warum hat die CDU die Allianz aufgekündigt?

Die Kooperation zwischen CDU und ANW war schon vor fünf Jahren Thema innerhalb der Partei. Es wurde damals schon überlegt, ob es nicht sinnvoll ist, getrennt anzutreten und dann nach der Wahl eine Kooperation einzugehen. Das hat nichts damit zu tun, dass wir Herrn Rietz nicht mögen. Im Gegenteil. Die Zusammenarbeit war und ist gut. Er ist nach wie vor stellvertretender Fraktionschef. Wir müssen sehen, wie und mit wem wir nach der Wahl kooperieren. Mit dem Bürgerbündnis etwa gibt es ja durchaus einige inhaltliche Gemeinsamkeiten.

Sie streben eine gemeinsame Fraktion mit dem Bürgerbündnis an?

Ich sage nur, dass wir nach der Wahl, je nach Ergebnis, sehen müssen, wie wir Kräfte bündeln und das ist meiner Meinung nach möglich. Es geht um eine verlässliche, stabile Politik für die Stadt. Und da halte ich ein bürgerliches Lager durchaus für denkbar.

Ein solches gab es ja schon einmal. Bis 2017 haben CDU, SPD und Grüne als Rathauskooperation gemeinsam für klare Mehrheitsverhältnisse gesorgt, bevor das Bündnis an einer Personalie zerbrach. Können Sie sich eine Neuauflage vorstellen?

Wie ich bereits sagte, solche Fragen können erst nach der Wahl beantwortet werden. Entscheidend ist, dass wir stabile Mehrheitsverhältnisse brauchen. Dafür werden wir uns gern mit den bürgerlichen Parteien zusammensetzen.

Ihr Spitzenkandidat im Bornstedter Feld, Matthias Finken, hat beim Nominierungsparteitag nur rund 50 Prozent der Stimmen erhalten. Bleibt er Fraktionschef?

Wir reden über alles nach der Wahl. Vorher machen wir alle geschlossen Wahlkampf. Ich betone aber noch einmal: Die Fraktion arbeitet gut, der Fraktionsvorstand und der Kreisvorstand auch.

Haben Sie selbst Ambitionen?

So eine Frage werde ich zu diesem Zeitpunkt nicht beantworten. Über Ämter reden wir erst nach der Kommunalwahl.

Bislang war die CDU-Fraktion ein ziemlicher Männerverein. Diesmal finden sich immerhin sieben Frauen unter den 18 Kandidaten auf den ersten drei Listenplätzen der sechs Wahlkreise. Das ist allerdings eine Folge von Kampfkandidaturen und nicht einer von der Parteispitze gesteuerten Platzierung.

Das ist so nicht richtig. Wir hatten schon immer Männer und Frauen gemeinsam auf Wahllisten. Wie Sie wissen, gibt es aber bei der Kommunalwahl kein Listenwahlrecht. Jeder Wähler kann sein Kreuz machen, wo er es möchte.

Dennoch kann eine vordere Platzierung entscheidend sein, weil viele Wähler nicht die ganze Liste durchlesen.

Nicht unbedingt. Ich selbst hatte bei der Kommunalwahl 2008 von Listenplatz 16 aus kandidiert und habe die drittmeisten Stimmen für die CDU in Babelsberg geholt. Aber noch einmal kurz zu Ihrer Formulierung „Kampfkandidatur“: Etwas Besseres, als dass so viele Menschen sich in unserer Partei politisch engagieren wollen, kann uns doch gar nicht passieren. Ich habe mich über den innerparteilichen Wettbewerb sehr gefreut. 

Die CDU will sich nach der Wahl unter anderem für eine bessere Bildungsinfrastruktur einsetzen, Unterricht in Containern soll es nicht mehr geben. Für Letzteres mitverantwortlich ist aber auch die frühere Bildungsbeigeordnete Iris Jana Magdowski, die ein CDU-Parteibuch hat. 

Herr Straube, Sie sind ein Schlingel (lacht)! Dazu jedoch ein Wort: Jeder kann in seinem Umfeld nur so gut arbeiten, wie man ihn lässt und wie der Vorgesetzte, also der Oberbürgermeister, in der Lage ist, das Arbeitsklima und die Zusammenarbeit zu gestalten.

Würden Sie sagen, dass die parteilose Noosha Aubel ihre Sache besser macht?

Jetzt müssen wir aber mal zu den Fakten kommen. Für alle Investitionen in den Gebäudebestand ist der Kommunale Immobilienservice, der Kis, zuständig. Und wie schwierig es ist, die tatsächlichen Bedarfe – wir sehen es ja auch im Kitabereich – festzustellen, zeigen uns die immer noch notwendigen ständigen Nachbesserungen. 

Investiert wird in diesem Fall aber auf Grundlage der Schulentwicklungsplanung, die in die Zuständigkeit der Bildungsbeigeordneten fällt. 

Entschuldigung. Wir haben in der Vergangenheit in weiser Voraussicht für den Erhalt von Schulen gekämpft, als die Stadt noch welche geschlossen hat – Stichwort: Espengrund. Und natürlich ist auch unter der Beigeordneten die Schulentwicklungsplanung vorangetrieben worden. Aber dann stand auch das Geld einfach nicht zur Verfügung. Jetzt steht es im Haushalt und daher hat auch das Tempo beim Schulneubau angezogen. Aber die Stadt wächst weiter und daher müssen wir schon jetzt Pläne für 2030 machen. Dabei setzten wir im Unterschied zu anderen Parteien auch auf das Engagement privater Bildungsträger. Die Stadt kann und muss nicht alles allein stemmen.

Beim Thema Verkehr setzt Ihre Fraktion weiterhin auf einen dritten Havelübergang, obwohl der bereits mehrmals politisch beerdigt wurde. 

Durch Potsdam führen drei Bundesstraßen, über die täglich jeweils etwa 50.000 Autos rollen. Und der Bund ist bereit, dafür Mittel zur Verfügung zu stellen, um diese Straßen sinnvoll miteinander zu verknüpfen. Die Stadt aber untersucht diese Möglichkeit nicht einmal.

Diese Untersuchungen haben doch längst stattgefunden. Ein Nutzen war nicht erkennbar.

Aber diese Untersuchungen sind alle mehr als zehn Jahre alt und basieren auf Zahlen, die für die Stadt und das Umland längst weit überholt sind. Sie berücksichtigen nicht die Prognose, wonach Potsdam bis 2035 bis zu 220.000 Einwohner haben könnte. Vielleicht benötigen wir dann Räume für ganz andere Mobilitätsarten. Diesen Dingen müssen wir uns ergebnisoffen stellen und es wenigstens prüfen – zumal, wenn jemand anderes den Bau bezahlen würde. Nehmen wir nur Golm: Der Wissenschaftspark wächst um Hunderte, wenn nicht Tausende neuer Arbeitsplätze. Das führt zu mehr Pendler-, aber auch Lieferverkehr. Potsdam hat inzwischen mehr Ein- als Auspendler. All diese Punkte sind in den bisherigen Untersuchungen nicht berücksichtigt worden.

Was halten Sie für den größten Erfolg der CDU in den vergangenen fünf Jahren?

Dass wir auf eine rechtssichere und transparente Aufarbeitung der Kitabeitragsproblematik gedrungen haben, wo andere meinten, nur mit vorschnellen Parolen überzeugen zu können. Aus meiner persönlichen Sicht ist ein großer Erfolg die Schaffung des Wirtschaftsrates, eines Gremiums, das die Stadt und die Stadtverordneten in ökonomischen Fragen berät. Und die Benennung des Konrad-Adenauer-Platzes in Babelsberg war auch ein sehr schöner Erfolg. Für die Gestaltung des Entwicklungsbereiches Bornstedter Feld haben wir viele Anträge erfolgreich eingebracht und auf Fehler hingewiesen.

Was ist Ihr Herzensprojekt für die nächsten fünf Jahre?

Wir haben unseren Wahlkampfauftakt nicht ohne Grund am Alten Markt durchgeführt, im Herzen der Stadt. Wir wollen die Stadt aus der Potsdamer Mitte heraus, mit den dort geplanten neuen Quartieren, entwickeln. Wir wollen dort ein Stadtzentrum schaffen, das die Menschen zum Verweilen einlädt, das Aufenthalts- und Erlebnisqualität bietet. Darüber hinaus wollen wir natürlich alle Stadt- und Ortsteile weiter zu lebens- und liebenswerten Kiezen entwickeln. Dringend zu verbessern ist die verkehrliche Anbindung aller Ortsteile an Potsdam und die Optimierung der Nahverkehre. Und wir müssen unablässig Wohnräume aller Art schaffen für alle Menschen, die zu uns kommen.

Götz Friederich (CDU).
Götz Friederich (CDU).
© Sebastian Gabsch

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