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Sonderrecht. Hans Gruhne darf aus dem Einheitskonzept ausscheren. 
© Wolfgang Lux/Verein

Potsdamer Ruder-Olympiasieger Hans Gruhne: Akute Rücktrittsgedanken verworfen

Die Forderung des nationalen Verbands, seinen Trainingsmittelpunkt nach Hamburg zu verlegen, bereitete dem Potsdamer Ruder-Olympiasieger Hans Gruhne viele Sorgen. Ein Entgegenkommen lässt ihn nun aber weiter von Olympia 2020 träumen.

Potsdam - Eine Nacht. Länger hielt es Hans Gruhne nicht aus. Als der Ruder-Olympiasieger des RC Potsdam Anfang November erstmalig an seinem neuen Trainingsmittelpunkt Hamburg weilte, verwarf er schnell die ursprüngliche Idee, sich in einem Gästezimmer auf dem Olympiastützpunktgelände einzumieten. „Da stand ein Bett und ein Stuhl drin. Kein Schrank, kein Fernseher und ich hatte ein Gemeinschaftsbad, das ich mir mit sechs, sieben Leuten teilen musste“, erzählt Gruhne von der Ernüchterung. „Da habe ich mit 30 Jahren keine Lust drauf. Ich bin keine 15 mehr“, sagt der ehemalige Sportschüler, der die Erfahrung vom pragmatischen Internatsleben nicht erneut machen wollte.

Seine private Situation macht den Standortwechsel schwierig

Also war für ihn nach einer Übernachtung klar, dass er so in Hamburg nicht leben kann. Die Hansestadt ist als zuständiger Bundesstützpunkt seit November der zentrale Ankerplatz der deutschen Männer-Skullspezialisten. Dort möchte der nationale Verband DRV die Besten mit einer sogenannten Residenzpflicht von Dienstag bis Samstag zusammenführen, um sie noch besser zu machen. „Grundsätzlich völlig richtig“, findet Hans Gruhne, der bis dato einen großen Teil seines Trainings in Berlin und Potsdam absolvierte. „Für junge Athleten lässt sich so ein Wechsel gut umsetzen. Aber jemand wie ich, der schon in einem anderen Lebensabschnitt ist, hat damit Probleme.“ Der Bundespolizist bezieht dies vor allem auf seine private Situation. Seine Partnerin ist schwanger, lebt und arbeitet in Potsdam, ist hier heimisch geworden. „Da können wir nicht mit Sack und Pack mal einfach so nach Hamburg ziehen“, meint Gruhne.

Zumal der Verband den Aktiven auch keine finanzielle Unterstützung für den Wohnortwechsel gibt. Nach dem frustrierenden Versuch im Olympiastützpunktzimmer suchte der Potsdamer daher nochmal das Gespräch mit der Trainer-Führungsriege des DRV. „Und zum Glück zeigten sie Verständnis für meine Lage. Es gibt das erhoffte Entgegengekommen.“ Gruhne wurde eingeräumt, vermehrt daheim zu trainieren. Insgesamt musste er bislang nur selten in Hamburg residieren. Inzwischen kommt er dafür im Gästezimmer bei einem Freund unter. „Auch nicht optimal, aber eben günstiger als im Hotel oder in einer Ferienwohnung“, sagt der Doppelvierer-Weltmeister und -Olympiasieger der Jahre 2015 sowie 2016. Nächsten Monat soll er dann erstmalig Vater werden. Auch dafür erhielt er schon die Erlaubnis, sich für kurze Zeit aus dem vereinheitlichten Trainingsprozess auszuklinken, um die ersten Tage mitzuerleben.

International wieder "den Anschluss nach ganz vorne finden"

Ohne die Sonderregelungen hätte Hans Gruhne womöglich eine drastische Konsequenz gezogen. „Zum ersten Mal in meiner Karriere hatte ich wirklich den Gedanken, einfach aufzuhören.“ Doch dieser ist verworfen. Nachdem er 2017 pausiert hatte, sich vorige Saison gut zurückmeldete, aber die Weltmeisterschaft mit Platz acht enttäuschend verlief, möchte der 1,93 Meter große Recke wieder „den Anschluss nach ganz vorne finden“. Bei der WM Ende August in Linz geht es bereits um Quotenplätze für Olympia 2020 in Tokio, sein Traum am Ende der Laufbahn.

Schafft er den Sprung ins Nationalteam, wird in dieser Saison auch Hamburg kaum noch eine Hürde darstellen. „Dann sind wir wie gewohnt die meiste Zeit bei Lehrgängen – oft in Ratzeburg.“ Dass er dabei viele Momente in den Anfangsmonaten seines Kindes verpassen würde, sei emotional nicht einfach. Aber weg zu sein gehöre letztlich zum Los des Leistungssportlers. „Das ist mein Job.“ Und seine Leidenschaft, für die er so manche Schwierigkeiten in Kauf nimmt.

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