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70 Impftermine wurden am ersten Tag in der Metropolishalle vergeben. 
© dpa

Impfstart in der Metropolishalle: 100 Anrufe für einen Termin in Potsdam

Das Impfzentrum in Potsdam hat seinen Betrieb aufgenommen. Doch die Anmeldung bleibt beschwerlich. Gesundheitsministerin Nonnemacher und KVBB verteidigen das Hotline-System dennoch. 

Potsdam - Glatter Start, holprige Anmeldung: In der Metropolishalle hat am 5. Januar 2021 das Impfzentrum seine Arbeit aufgenommen. 70 Personen haben für den ersten Tag einen Termin für eine Impfung gegen das Coronavirus bekommen. Die ersten kamen zufrieden aus der Halle. „Das ist genau wie jede andere Impfung auch“, sagte Werner Boestfleisch. Der 86-Jährige wollte schnell geimpft werden. „Für mich und andere.“ Er hatte Glück: Als er am Montagfrüh um 8 Uhr die Hotline 116117 anrief, um einen Termin zu vereinbaren kam er sofort durch, so berichtet er. 

Peter Risch aus Bernau rief knapp 100 Mal bei der Hotline an, bevor er durchkam. 
Peter Risch aus Bernau rief knapp 100 Mal bei der Hotline an, bevor er durchkam. 
© Andreas Klaer

Doch das scheint eher die Ausnahme, als die Regel zu sein. Ganz andere Erfahrungen hat Peter Risch aus Bernau gemacht. „Knapp 100 Mal haben meine Tochter und ich angerufen, bis wir endlich durchkamen“, berichtete der 84-Jährige. Nach einer Herz-Operation und vor mehreren größeren Zahnbehandlungen wollte er möglichst schnell geimpft werden. Doch die Anrufprozedur habe ihn viele Nerven gekostet. 

Brandenburgs Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) und Andreas Schwark, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Brandenburg (KVBB), verteidigten das Terminsystem – trotz der großen Schwierigkeiten zum Impfstart. „Wir haben bewusst auf ein telefonisches System gesetzt, da das für die über 80-Jährigen niederschwellig erreichbar ist“, sagte Nonnemacher. Zudem könne am Telefon gleich geklärt werden, ob die Person impfberechtigt ist. Man habe sich dagegen entschieden, eine neue Nummer nur für die Impftermine zu schaffen. „116117 ist etabliert und vertraut“, argumentierte Nonnemacher. 

Zunächst sind Personen über 80 Jahren impfberechtigt. 
Zunächst sind Personen über 80 Jahren impfberechtigt. 
© Andreas Klaer

Der Ansturm auf die Hotline habe gezeigt, so die Ministerin, dass es einen extrem hohen Informationsbedarf und auch ein Informationsdefizit gebe. „Da müssen wir besser werden“, sagte Nonnemacher, insbesondere bei der Aufklärung über die jeweils impfberechtigten Gruppen. Die „Frust und Verbitterung“ bei manchen Anrufern „müssen wir nun aushalten“, betonte sie auch.

Um die Information der Potsdamer zur Impfung zu verbessern, hat Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) dem Land angeboten, einen Brief an die jeweils impfberechtigte Bevölkerungsgruppe zu schicken. „Wir könnten das Melderegister nutzen, um die Personen gezielt anzuschreiben und haben auch angeboten, als Stadt die Kosten zu übernehmen“, so Schubert. Der Text werde derzeit abgestimmt. Noch warte er aber auf eine Rückmeldung der Landesebene. Er rechne in ein oder zwei Tagen mit einer Antwort. Auch betonte Schubert, es müsse alles versucht werden, um die Impfkapazitäten in der Metropolishalle möglichst schnell hochzufahren. „Wir brauchen eine steile Lernkurve“, so Schubert. 

Ursula Nonnemacher verteidigte die telefonische Terminvergabe. 
Ursula Nonnemacher verteidigte die telefonische Terminvergabe. 
© Andreas Klaer

Die Probleme von Anrufern, bei der Hotline durchzukommen, hielten auch am Dienstag an. So berichtete Andreas Kaul, früherer Präsident des Bundesamtes für Strahlenschutz, er habe mit seiner Frau „während des ganzen Montags und bis jetzt auch am Dienstag telefonisch versucht, wenigstens einen Impftermin zu bekommen, wurden aber nicht telefonisch angehört“. Auch PNN-Leserin Barbara Kaiser schrieb am Dienstag, ihr 84-jähriger Mann versuche „seit gestern morgen und gefühlten 100 Versuchen vergebens, einen Termin zu vereinbaren“. Er komme nicht einmal in eine Warteschleife. Stattdessen erfolge immer dieselbe Ansage, derzufolge alle Leitungen belegt seien. 

Ansturm als "positives Zeichen"

KVBB-Mann Schwark sagte mit Blick auf den Kollaps des Telefon-Systems am Montag: „Es bewegt uns, dass die Leitung zusammengebrochen ist. Aber wir werten das als positives Zeichen, da es zeigt, dass der Bedarf hoch ist.“ Derzeit analysiere man die Ursache des Problems. Dieses liege wahrscheinlich auf Bundesebene, so Schwark. „Unser Call-Center mit 150 Mitarbeitern war bereit.“ Am Dienstagnamittag teilte die KVBB mit, die Leitungskapazitäten seien bereits erhöht worden. 

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Die Impfkampagne sei, so Nonnemacher, ein Mammuthprojekt. „Wir stellen uns auf einen Marathon ein, nicht auf einen Sprint.“ So wies sie denn auch Kritik an einem zu langsamen Anlaufen der Impfungen zurück. Die logistische Herausforderung sei groß. Gerade die Impfungen in Pflegeheimen sei komplex, auch weil Einwilligungen eingeholt werden müssen. „Wir haben es mit einer hochvulnerablen Personengruppe zu tun“, sagte die Ministerin. Auch erfolge die Lieferung der Impfdosen nach und nach. Die nächste Lieferung soll ihren Angaben zufolge am 8. Januar eintreffen, die nächste erst zehn Tage später. Es sei wichtig, Schritt für Schritt voranzugehen. „Wir müssen uns herantasten.“ 

Impf- und Testzentrum sind getrennt

Wie schnell die Impfungen in Potsdam vorangetrieben werden können, ist noch unklar. Zum Start in der Metropolishalle sind dort zwei Teams im Einsatz, wie Clemens Gauger, operativer Leiter des Zentrums vom Deutschen Roten Kreuz (DRK) erläuterte. Um Ansteckungen zu vermeiden, sind Test- und Impfzentrum komplett getrennt. Schon außen teilt ein Bauzaun die Zugänge, die Räume sind nicht miteinander verbunden. Im Impfzentrum sind sechs Kabinen aufgebaut, zunächst werden zwei genutzt. Nach und nach soll das aufgestockt werden – auch mit Blick auf den zweiten Impftermin, der für jede Person nötig ist. 

Wieviele Impfungen täglich im neuen Impfzentrum durchgeführt werden können, darauf wollte sich Schwark noch nicht festlegen. Die ersten Tage würden zeigen, ob die Abläufe so funktionierten wie geplant. Wie viel Zeit pro Person nötig sei, müsse sich erst herausstellen. „Uns liegt daran, den Über-80-Jährigen schnell einen Termin zu vermitteln“, so Schwark. 200.000 Brandenburger sind in dieser ersten Gruppe impfberechtigt. 

Horst und Helga Rathey aus Potsdam gehörten zu den ersten Geimpften.
Horst und Helga Rathey aus Potsdam gehörten zu den ersten Geimpften.
© Andreas Klaer

Helga und Horst Rathey waren froh, zu den Ersten zu gehören. „Wenn ich mit Corona ins Krankenhaus komme, kann ich gleich mein Testament machen“, sagt die 81-Jährige. Nun sei sie geimpft, „um nicht krank zu werden“. Auch ihr 84-jähriger Mann kommentiert mit fröhlichem Zynismus. „Wir entlasten die Krematorien.“ 

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