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Erik Solheim war Entwicklungs- und Umweltminister in Norwegen. Er soll künftig das UN-Umweltprogramm Unep führen. Das Foto entstand 2011 beim Klimagipfel in Durban.
© Ragnhild H. Simenstadt/Außenministerium Norwegen

Vereinte Nationen: Zwei für die Umwelt

Der norwegische Entwicklungsexperte Erik Solheim soll der Chef des UN-Umweltprogramms Unep in Nairobi werden. Die Botschafterin Mexikos in Deutschland, Patricia Espinosa, wird Chefin des UN-Klimasekretariats in Bonn. Deutschland hat in den UN nun allerdings kaum noch etwas zu sagen.

Die zwei wichtigsten Umwelt-Führungspositionen der Vereinten Nationen sind neu besetzt: Diese Woche entschied UN-Generalsekretär Ban Ki Moon, den Norweger Erik Solheim von Juli an die Leitung des UN-Umweltprogramms Unep in Nairobi anzuvertrauen. Die Mexikanerin Patricia Espinosa übernimmt zeitgleich das UN-Klimasekretariat in Bonn. Ihr Posten wird aufgewertet. Sie wird als Untergeneralsekretärin geführt werden, allerdings kann sie kaum damit rechnen, dass auch die Mittel für das UN-Klimasekretariat bedeutend aufgestockt werden.

Vor allem die Nominierung Espinosas ist in der Klimagemeinde mit Begeisterung aufgenommen worden. Sie war von 2006 bis 2012 Außenministerin ihres Landes und in dieser Funktion 2010 Präsidentin des 16. Weltklimagipfels in Cancun. Die Umweltverbände aber auch viele Regierungsdelegationen sehen in ihr die "Klima-Göttin von Cancun". Nach der katastrophal verlaufenen Klimakonferenz in Kopenhagen 2009 ist es vor allem ihrer umsichtigen Gipfelregie zu verdanken gewesen, dass in Cancun der Grundstein zum Pariser Klimaabkommen gelegt werden konnte.

Patricia Espinosa wird im Sommer Chefin des UN-Klimasekretariats in Bonn. Derzeit ist sie Mexikos Botschafterin in Berlin.
Patricia Espinosa wird im Sommer Chefin des UN-Klimasekretariats in Bonn. Derzeit ist sie Mexikos Botschafterin in Berlin.
© Christian Charisius/dpa

Andrew Steer, Chef des einflussreichen Umwelt-Think-Tanks World Ressources Institute in Washington, nannte Espinosa "die richtige Person am richtigen Ort". Auch Laurence Tubiana, die als Klimabotschafterin für den Pariser Klimagipfel wesentlichen Anteil am Verhandlungserfolg im Dezember des vergangenen Jahres hatte, gratulierte Espinosa mit den Worten: "Eine starke Frau für eine aufregende und fordernde Zeit." Tubiana hat sich selbst für den Posten interessiert, war aber von der französischen Regierung zurückgepfiffen worden. Marcin Korolec, der glücklose Gipfelpräsident des Warschauer Klimagipfels 2013, hatte sich ebenfalls Hoffnungen auf den Posten gemacht. Er "drückt" Espinosa "die Daumen", schrieb er im Kurznachrichtendienst Twitter.

Die 57-jährige Espinosa war seit 2013 Mexikos Botschafterin in Berlin. Schon von 2001 bis 2002 hatte sie diesen Posten inne. Dazwischen vertrat die Mexiko jahrelang in Österreich. Sie spricht ausgezeichnet Deutsch. Das lernte sie in einer deutschen Schule in Mexiko, ein Schuljahr verbrachte sie in einer Schule in Schleswig-Holstein.

Nun hat sie es nicht weit zu ihrer neuen Wirkungsstätte. Das UN-Klimasekretariat ist in Bonn angesiedelt. Espinosa wird ihre Vorgängerin, die Costa-Ricanerin Christiana Figueres im Sommer dort ablösen. Die beiden Frauen hatten in Cancun gemeinsam die Kopenhagener Scherben aufgesammelt. Figueres hatte ihren Posten 2010 kurz vorher angetreten.

Espinosa steht für einen kooperativen Stil. Sie achtete als Gipfel-Präsidentin 2010 akribisch darauf, dass sich niemand aus den Verhandlungen ausgeschlossen fühlte. Die mexikanische Regierung ließ eine Mitteilung verbreiten, in der es heißt, sie sei "begeistert" von der Nominierung ihrer Diplomatin. Und Mexiko wolle seine Klimaverpflichtungen einhalten, heißt es weiter.

Mexiko spielt eine fortschrittliche Rolle bei den UN-Klimagipfeln. Das Schwellenland lebt allerdings auch von seiner Erdöl-Förderung. Die Wirtschaft ist jedoch nicht so einseitig auf das Öl ausgerichtet wie das in anderen Förderländern der Fall ist. Die schnell wachsende Mittelklasse Mexikos hat auch viele andere Wirtschaftszweige angetrieben. Auf das Ende des Ölzeitalters ist allerdings auch Mexiko noch nicht vorbereitet. Womöglich wird Patricia Espinosas Mission als Sachwalterin des Weltklimavertrages für ihr Land aber noch eine wichtige Inspiration für die Befreiung der Wirtschaft vom Kohlendioxid (CO2).

Der neue Unep-Chef hat einen guten Ruf

Erik Solheim hat einen guten Ruf in Umwelt- und Entwicklungsorganisationen. Das umfangreiche Finanzierungsprogramm für den Erhalt der Tropenwälder geht auf seine Ideen zurück. Er war Norwegens Entwicklungsminister von 2005 bis 2012. Von 2007 an war er gleichzeitig Umweltminister im vorerst letzten sozialdemokratisch geführten Kabinett unter dem heutigen Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg.

Solheim ging nach der Wahlniederlage seiner Partei nach Paris zur Organisation für Wirtschaft und Zusammenarbeit (OSCE). Dort leitete er den einflussreichen Entwicklungsausschuss DAC, der zum einen Statistik darüber führt, welche Geberländer wie viel für Entwicklungshilfe bereitstellen. Im OECD-DAC werden aber auch Grundsatzfragen der Entwicklungskooperation diskutiert. Es geht um die Wirksamkeit der eingesetzten Mittel, und auch darum, was denn alles auf den Entwicklungsetat angerechnet werden darf. Solheim hält es jedenfalls nicht für statthaft, die Kosten für die Versorgung und Unterbringung von Flüchtlingen im Inland auf die sogenannte ODA (Official Development Assistance) anzurechnen. Bisher ist das möglich. Solheim war es auch, der die norwegischen Entwicklungsausgaben über die 0,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts hinaus, die alle Industriestaaten schon vor Jahrzehnten versprochen hatten, auf ein Prozent des BIP in die Höhe trieb.

Für Unep war Solheim in den vergangenen Jahren der Sonderbeauftragte für Umwelt, Konflikte und Katastrophen. Der 61-Jährige war in den frühen 2000er Jahren als Sonderbotschafter für den Friedensprozess in Sri Lanka im Einsatz. Er selbst schrieb auf dem Kurznachrichtendienst Twitter: "Ich bin demütig und geehrt." Er werde "sein bestes tun, um die großartige Arbeit von Achim Steiner fortzusetzen". Steiner gratulierte mit der Bemerkung, dere Führungsposten bei Unep sei ein "lebenswichtiger Job in einer kritischen Zeit für den Planeten".

Deutschland ist in der UN-Führung kaum noch vertreten

Der zweitletzte Deutsche im Rang eines UN-Untergeneralsekretärs, Achim Steiner, der Unep seit 2006 geführt hatte, rotiert aus den Vereinten Nationen heraus. Er übernimmt die Leitung der Oxford-Martin-School. Dort wird seit zehn Jahren hochkarätige Nachhaltigkeitsforschung für die britische Elite-Universität Oxford betrieben. Deutschland bleibt lediglich ein hoher Beamter im Rang eines Untergeneralsekretärs: Wolfgang Stöckl bleibt noch bis 2017 Vize-Präsident der Internationalen Beamtenkommission. Der drittgrößte Beitragszahler Deutschland ist damit nicht mehr in den Top-Führungspositionen vertreten.

Gleich zwei Mal ist Deutschland in diesem Jahr mit seinem Führungspersonal in den UN gescheitert: Achim Steiner wäre gerne UN-Flüchtlingskommissar geworden. Der Deutsch-Brasilianer hatte dafür auch die Unterstützung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der brasilianischen Präsidentin Dilma Rousseff. Steiner hatte es unter die Top-Drei der Kandidaten geschafft. Doch Ban entschied sich für den Italiener Filippo Grandi, der den Posten zum 1. Januar antrat.

Obwohl Unep seit 18 Jahren in deutscher Hand war, Steiners Vorgänger war der frühere Umweltminister Klaus Töpfer, hat die Bundesregierung Umweltstaatssekretär Jochen Flasbarth für den Unep-Chefposten nominiert. Flasbarth hatte sich als Abteilungsleiter Umwelt 2008 beim Weltgipfel zur biologischen Vielfalt in Bonn bereits einen Namen gemacht. Beim Klimagipfel in Paris übertrug ihm Gipfelpräsident Laurent Fabius die Leitung der schwierigsten Verhandlungsgruppe: Finanzierung. Flasbarth bewährte sich und schaffte es wie Steiner in die Gruppe der Top Drei. Doch auch diesmal entschied sich Ban gegen den Deutschen.

Im Umweltministerium sind die meisten allerdings ziemlich erleichtert, dass Flasbarth in Berlin bleibt. Flasbarth selbst gratulierte Erik Solheim über den Kurznachrichtendienst Twitter mit den Worten: "Unsere Welt-Umwelt wird in kundigen Händen sein. Sie werden meine volle Unterstützung haben."

Dagmar Dehmer

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