Klimagipfel: Die Welt atmet auf – ein wenig
Der Klimagipfel in Cancún endete nach furiosem Finale mit einem Durchbruch: Mehr als 190 Länder einigen sich auf ein Abkommen. Gastgeber Mexiko erhält viel Lob, auch für das Überwinden der Last-Minute-Blockade Boliviens. 2011 wird in Südafrika weiterverhandelt.
Mit einem überraschend positiven Ausblick für ein neues internationales Abkommen zum Klimaschutz ist die 16. UN-Klimakonferenz im mexikanischen Cancún zu Ende gegangen. Am frühen Samstagmorgen stimmten die Vertreter von 193 Staaten nach einer langen Nachtsitzung für zwei Dokumente, die den globalen Klimaschutz wieder in Bewegung setzen sollen. Gegen den Widerspruch von Bolivien nahmen die Staaten die Vereinbarungen an, die allerdings von einem effektiven Klimaschutz weit entfernt sind.
Zum ersten Mal überhaupt beschloss der Klimagipfel, den Anstieg der globalen Temperatur auf zwei Grad über das vorindustrielle Niveau zu begrenzen. Darüber hinaus beschloss die Versammlung, einen „Grünen Klimafonds“ einzurichten, der von den Industrieländern gefüllt werden soll und Klimaschutz sowie Anpassungsinvestitionen an den Klimawandel in den armen Ländern dienen soll. Außerdem wurden Gremien eingerichtet, die den Schutz der Regenwälder, die Anpassung an den Klimawandel und den besseren Zugang der Entwicklungsländer zu Öko-Technologien organisieren sollen.
Ungeklärt ist dagegen weiterhin, wie sehr und bis wann die Staaten ihre Treibhausgasemissionen reduzieren sollen. Die Industriestaaten des Kyoto-Protokolls verpflichteten sich zwar, bis 2020 ihren Kohlendioxidausstoß um 25 bis 40 Prozent zu drosseln. Doch die großen Verschmutzer USA und China unterliegen nicht diesen Regeln und wurden nur dazu aufgefordert, ihre Anstrengungen zu erhöhen. Weil die Kyoto-Staaten aber inzwischen nur noch 27 Prozent der globalen Emissionen ausmachen, wird diese Verpflichtung nicht ausreichen, das angepeilte Ziel von zwei Grad zu erreichen, sondern zu einem Anstieg von drei bis vier Grad führen.
Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) sprach nach den Verhandlungen in Cancún dennoch von einem „wirklich großen Erfolg“, weil die Vorstellungen der Europäischen Union angenommen worden seien. Außerdem habe der UN-Prozess zum Klimaschutz nach dem Scheitern des Gipfels in Kopenhagen wieder „neuen Schwung bekommen“. Röttgen forderte, dass die EU nun ihr Angebot, die Treibhausgasemissionen bis 2020 um 20 Prozent zu mindern, auf 30 Prozent erhöhen sollte. Mit dieser Forderung hatte er sich bisher im Europäischen Rat nicht durchsetzen können.
Die mexikanische Außenministerin Patricia Espinosa, deren Verhandlungsführung am Ende minutenlang gefeiert wurde, sprach von einer „neuen Ära der internationalen Zusammenarbeit beim Klimawandel“. Die neue Chefin des UN- Klimasekretariats, Christiana Figueres, sagte: „Das ist nicht das Ende, sondern das ist ein neuer Anfang.“ Dagegen kritisierte der frühere Staatssekretär im Bundesumweltministerium, Michael Müller (SPD), dass die Politik „noch immer nicht den Bummelzug“ verlasse, obwohl sich der Klimawandel rasant beschleunige. Umwelt- und Hilfsorganisationen reagierten auf den Gipfelausgang mit Erleichterung. „Mit der Übereinkunft von Cancún wurde eine gute Grundlage für die kommenden Klimaverhandlungen in Südafrika gelegt“, sagte WWF-Klimaexpertin Regine Günther. „Das Ergebnis ist besser, als viele hier zeitweise befürchtet haben“, sagte der Klimaexperte von Greenpeace, Martin Kaiser. Allerdings schränkte der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger ein: „Wirksamer Klimaschutz wurde erneut vertagt.“ mit deh/dpa
Bernhard Pötter