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Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) hat das marokkanische Solarkraftwerk in Ouarzazate besucht. Die Finanzierung dieses größten Solarkomplexes der Welt kommt zum Teil auch aus Deutschland.
© Sascha Hilgers/dpa

Weltklimagipfel COP22 in Marrakesch: Wüstenstrom statt Kohlestreit

Beim Klimagipfel in Marrakesch steht Deutschland gut da. Aber zu Hause hält die Debatte über den richtigen Kurs an.

„Arm an Beschlüssen, aber reich an vielen positiven Signalen.“ Das ist das Fazit des Chefökonomen des Potsdam Instituts für Klimafolgenforschung (PIK), Ottmar Edenhofer, zum Welt-Klimagipfel in Marrakesch, der am Freitag zu Ende gehen sollte. Die Abschlusserklärung des Treffens enthält den Appell, „höchste politische Verbindlichkeit beim Kampf gegen den Klimawandel zu zeigen“. Das sei von „höchster Dringlichkeit“, las Marokkos Außenminister und Präsident des Gipfels, Salaheddine Mezouar. „Wir wollen Solidarität, Hoffnung und Entwicklungsmöglichkeiten für heutige und künftige Generationen ermöglichen“, heißt es weiter in dem Dokument, das die Delegierten aus 196 Staaten symbolisch an den künftigen amerikanischen Präsidenten Donald Trump gerichtet haben.

Der 23. Weltklimagipfel wird im kommenden Jahr in Bonn stattfinden, wenn auch nicht unter deutscher Präsidentschaft, sondern unter der Leitung von Fidschi. Der Inselstaat gehört zu den Ländern im Pazifischen Ozean, die bereits heute unter dem steigenden Meeresspiegel leiden. Asien wäre mit der Ausrichtung „dran“ gewesen. Die kleinen Inselstaaten im Pazifik haben aber nicht die Kapazität, einen solchen Riesengipfel mit Zehntausenden Teilnehmern auszurichten. Deshalb bietet sich Bonn als Gastgeber an, Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) überlässt aber Fidschi die politische Führung des Klimagipfels.

Kleine Erholung vom Klimachutzplan 2050

Für Hendricks war der Ausflug nach Marrakesch eine kleine Erholung. Wochenlang hatte sie um den Klimaschutzplan 2050 gekämpft, den das Kabinett am Montag im Umlaufverfahren dann doch noch verabschiedet hat. Aber kurz vorher war ihr ausgerechnet der Vize-Kanzler und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) in den Rücken gefallen. Er hatte in der ersten Gipfelwoche die Verabschiedung des Plans im Kabinett verhindert. Er wollte sich weder mit der Bergbaugewerkschaft IG BCE anlegen noch mit den ostdeutschen Ministerpräsidenten. Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hatte vor einem aus seiner Sicht zu schnellen Ausstieg aus der Braunkohle gewarnt. Und Gabriel wollte wohl keine Kohledebatte im Bundestagswahlkampf. Er sei vor der Wirtschaftslobby eingeknickt, kritisieren die Umweltverbände einhellig.

Edehofer wirbt für einen Mindestpreis für CO2

Experte Edenhofer kommentiert Hendricks Auftritt in Marrakesch so: „Der deutsche Klimaschutzplan ist hier sehr gelobt worden – weil es ihn gibt.“ Neben Deutschland hätten nur die USA und Mexiko schon einen Plan vorzuweisen gehabt. Er selbst hält den Plan für „völlig unzureichend“, weil er keine Perspektive für den Kohleausstieg gebe und sich die Regierung nicht darauf einigen konnte, sich in Brüssel für einen Mindestpreis im Emissionshandel einzusetzen. „Unter den meisten Ökonomen herrscht Einigkeit, dass ein Mindestpreis der richtige Weg wäre“, damit das europäische Handelssystem mit Kohlendioxid-Zertifikaten auch einen Klimanutzen hervorbringt. „Der Preisverfall hat nichts mit der der Förderung erneuerbarer Energien oder gesunkener Vermeidungskosten zu tun“, sagte der Leiter des Mercator-Instituts für globale Gemeinschaftsgüter, sondern nur damit, „dass die Akteure der Politik nicht glauben, dass die überschüssigen Zertifikate dauerhaft aus dem Markt genommen werden“.

Trump wird die Kohle nicht zurückbringen

In Marrakesch sei aber intensiv über den Kohleausstieg diskutiert worden, sagt Edenhofer. Und auch die Debatten über einen Kohlenstoffpreis seien „realistischer und zielgerichteter“, hat er beobachtet. Inzwischen werde darüber diskutiert, wie ein CO2-Preis in einem „dysfunktionalen Steuersystem, das niedrige Einkommen überproportional belastet, eingeführt werden könnte“. Mit der Einführung des Emissionshandels in ganz China im kommenden Jahr dürfte die Debatte weiter Schwung bekommen.

Die Stimmung sei „trotz des Trump- Schocks positiv“ gewesen. Er erwartet auch nicht, dass mit der Wahl des Klimawandel-Leugners Donald Trump zum US-Präsidenten der internationale Klimaprozess gefährdet werde. Die Kohle könne Trump nicht zurückbringen, „da sprechen alle ökonomischen Daten dagegen“, und den Ausbau erneuerbarer Energien in Texas und Kalifornien werde er kaum stoppen können. „Aber Schaden anrichten, kann er natürlich schon. Ich hoffe, der lässt sich begrenzen.“

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