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Umweltministerin Barbara Hendricks (vorne, SPD) und Entwicklungsminister Gerd Müller (r, CSU) nehmen an der UN Klimakonferenz COP22 in Marrakesch, Marokko, teil.
© Sascha Hilgers/dpa

Weltklimagipfel in Marrakesch: Umweltministerin Barbara Hendricks erklärt der Welt die deutsche Klimapolitik

Umweltschützer loben, dass Deutschland seine Emissionen bis 2050 um 95 Prozent im Vergleich zu 1990 senken will. Frankreich kündigt das gleiche an. Aber das Klimaziel für 2020 dürfte Deutschland glatt verfehlen.

Vier Tage vor den Wahlen in den USA hatten es die Klimaschützer der Welt geschafft: Das Paris-Abkommen trat in Kraft. In Rekordzeit. Deshalb konnte Marokkos König Mohamed VI. am Dienstag auch ziemlich unerwartet die erste Vertragsstaatenkonferenz des Weltklimaabkommens eröffnen. Marokkos König Mohamed VI. nutzte die Chance von den Protesten im Land abzulenken und redete lieber über seine Ziele beim Ausbau der Solarenergie. Die T-Frage – was wird aus dem Klima unter einem amerikanischen Präsidenten Donald Trump, der den Klimawandel leugnet – mied der König ebenso wie der scheidende Generalsekretär der Vereinten Nationen, Ban Ki Moon. Der einzige, der sich indirekt an den künftigen US-Präsidenten richtete, war der französische Präsident François Holland, unter dessen Führung das Abkommen vor einem Jahr zustande gekommen war: „Alle Länder müssen das Klimaabkommen respektieren“, sagte er.

Dagegen übte sich Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) in Pragmatismus. Gemeinsam mit Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) stellte sie eine Umsetzungspartnerschaft vor, mit der Deutschland und andere Industriestaaten armen Ländern beim Klimaschutz und der Planung von Anpassungsstrategien an den unvermeidlichen Klimawandel helfen wollen. Am Montagabend hatte sie der Weltpresse den Klimaschutzplan 2050 zu erklären versucht. Bis zum Mittag hatte das Kabinett den lange umstrittenen Plan im Umlaufverfahren gebilligt. Hendricks lobte vor allem die sogenannten Sektorziele, also die Vorgaben, die einzelne Wirtschaftszweige wie die Energiewirtschaft, die Industrie, der Verkehr und die Landwirtschaft bis 2030 erfüllen sollen. Bei Greenpeace-Chefin Jennifer Morgan, die am Dienstag vor die Presse trat, ist vor allem eines als positiv hängen geblieben: „Dass Deutschland bis 2050 eine Emissionsminderung um 95 Prozent geschafft haben will.“ Industrieverbände und Unionsfraktion hatten das verhindern wollen.

Das Klimaziel 2020 steht in Frage

Sonst fiel Jennifer Morgan zum deutschen Klimaschutzplan nicht viel ein. Das mag damit zusammenhängen, dass sie die aktuellen Zahlen der Klimaprojektion für 2020 kennt. Im Dezember wird Hendricks ihren zweiten Bericht über die Umsetzung des Aktionsprogramms vorlegen, das Deutschland ermöglichen soll, sein Klimaziel für 2020 einzuhalten. Bis dahin soll der deutsche Treibhausgasausstoß um 40 Prozent im Vergleich zu 1990 gesunken sein. Doch selbst mit den optimistischsten Annahmen – also im Gegensatz zur aktuellen Realität ein hoher Preis für Kohlendioxid-Zertifikate im europäischen Emissionshandel und ein hoher Ölpreis – kommt Deutschland höchstens auf 37 Prozent Minderung.

Die acht Kohlemeiler, die über den Umweg einer Kraftwerksreserve bis 2020 stillgelegt werden sollen, reichen nicht aus, um Deutschland auf Klimakurs zu bringen. Am 1. Oktober wurde das schon lange defizitäre Uralt-Kraftwerk Buschhaus für vier Jahre eingemottet. Der Betreiber wird solange dafür bezahlt, dass der Meiler nichts produziert, danach wird er dann endgültig stillgelegt. Nach dem gleichen Muster gehen im Oktober 2017 zwei weitere Kraftwerke vom Netz. Vor dem Klimagipfel in Marrakesch hatte Hendricks angedeutet, dass womöglich mehr Kohle vom Netz gehen muss, wenn das Klimaziel anders nicht zu halten ist. Ob sie in einem Wahljahr und dem Gezerre um den langfristigen Klimaplan die Kraft dazu haben wird, bezweifelt zumindest die Opposition. Die grüne Abgeordnete Annalena Baerbock sagte dem Tagesspiegel: „Die Lücke ist so groß wie vor einem Jahr.“ Das Klimaaktionsprogramm sei offenkundig wirkungslos

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