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Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble.
© Kay Nietfeld/dpa

G-20-Finanzministertreffen in Washington: Wolfgang Schäuble hat einen Plan

Druck machen auf Steueroasen, nationale Firmenregister vernetzen, Geldwäsche bekämpfen - der Bundesfinanzminister möchte in Washington als Reformer auftreten. Daheim will er auch einiges tun.

Dass er zwar weit reichende internationale Maßnahmen verlange, aber daheim zu wenig tue – auf den Einwand wird sich Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble wohl einstellen müssen, wenn er am Donnerstag nach Washington fliegt, um sich mit seinen Finanzministerkollegen in der G-20-Rundezu treffen. Die Panama-Papers haben Schwung in die Gespräche gebracht, Schäuble will als aktiver Reformer auftreten und hat daher einen Zehn-Punkte-Plan in der Aktenmappe dabei. Den aber haben zum Beispiel die Grünen schon vor den Abreise des Ministers verrissen und als „heiße Luft“ bezeichnet. Schäuble habe national und auf europäischer Ebene gebremst und Maßnahmen zu mehr Transparenz bei Geschäften in Steueroasen oder bei der Geldwäsche in Deutschland blockiert, monierte die Finanzpolitikerin Lisa Paus.

Als Revolutionär will Schäuble trotz seiner zehn Punkte in Washington nicht auftreten. Im Kreis der 20 bedeutendsten Industrie- und Schwellenländer wolle man, wie gewohnt, die Kontinuität betonen, heißt es in Regierungskreisen. Man sei daran interessiert, nicht nur anzukündigen, sondern umzusetzen. Die Intention sei nicht, schnell etwas zu erreichen. Mit einer großen Vereinbarung sei nicht zu rechnen. Will heißen: Es werden, wie bisher, eher kleine Fortschritte angestrebt statt eines großen Wurfs, der dann nicht gelingt. Deutschland ziehe hier seit Jahren eine „kerzengerade Furche“, lautet die Selbsteinschätzung.

Schäuble will Anstöße vermitteln

Mit seinen zehn Punkten will Schäuble also weniger die große Trommel rühren als einige Anstöße vermitteln. Punkt eins auf der Liste: „Panama muss kooperieren“. Was nach der Aufdeckung der Papiere der Briefkastenfirmenkonstrukteure von Mossack Fonseca zu erwarten ist. Panama gehört zu den wenigen OECD-Ländern, die den 2014 vereinbarten automatischen Informationsaustausch in Steuerdingen noch nicht umgesetzt hat, wird dies aber kaum noch lange durchhalten können. Andernfalls, so der Bundesfinanzminister, müsse man in Panama getätigte Finanzgeschäfte international ächten. Auch auf alle anderen Länder, die eine „Heimat für Schwarzgeld“ bieten, solle mehr Druck gemacht werden. Manche Kritiker Schäubles zählen darunter freilich auch Deutschland, etwa was das Waschen von Einkünften aus Mafia-Geschäften angeht. Schäuble selbst hat, um das zu verhindern, die Deckelung von Bargeldtransaktionen auf 5000 Euro ins Gespräch gebracht.

"Schwarze Listen"

Weniger plakativ ist da schon Schäubles Forderung, jetzt daran zu gehen, die vielen „schwarzen Listen“ zu Steueroasen zu vereinheitlichen. Er plädiert für eine Federführung der OECD, wie schon beim automatischen Informationsaustausch. Hier sollte die Wirtschaftsorganisation auch einen Überwachungsmechanismus installieren, damit der Datenaustausch auch konsequent umgesetzt werde. Noch tiefer in das Problem der internationalen Steuerhinterziehung und Steuervermeidung dringt ein weiterer Vorschlag: ein weltweites Register der wirtschaftlich Berechtigten von Firmen, nicht zuletzt Tarnfirmen, Stiftungen und Trusts, „um die Hintermänner von Unternehmenskonstruktionen transparenter zu machen“, wie es im Zehn-Punkte-Papier heißt. Allerdings gibt es in Deutschland ein solches Register noch nicht, es soll jetzt im Rahmen der Anti-Geldwäsche-Richtlinie der EU „zeitnah“ eingeführt werden. Die nationalen Register sollen systematisch vernetzt werden, fordert Schäuble zudem.

Dass er daheim noch Handlungsbedarf hat, ist dem Finanzminister durchaus bewusst. Er will den Kampf gegen Geldwäsche zusammen mit den Ländern effizienter gestalten, und dazu will der Bund aufrüsten. Die Zentralstelle für Geldwäsche-Verdachtsmeldungen soll deshalb vom Bundeskriminalamt (zuständig ist hier der sonst in Steuerdingen weniger zuständige Innenminister) zum Zoll verlagert werden, womit Schäuble der Chef der Einheit wäre, die zudem personell deutlich aufgestockt werden soll. Es wäre eine Art Finanzpolizei, wie es sie in anderen Ländern schon gibt. Diese solle, so heißt es in der Regierung, dann auch stärker präventiv eingesetzt werden.

Es geht auch um Geldpolitik

Im Übrigen will Schäuble in Washington dafür werben, dass die lockere Geldpolitik der Notenbanken nun langsam beendet wird. Dazu dürfte es Gespräche mit EZB-Chef Mario Draghi und einer ganzen Reihe von Teilnehmern geben. Denn Deutschland hat hier noch nicht viele Mitstreiter, andernorts herrscht eher die Neigung, angesichts unklarer Wachstumsaussichten und einiger Risiken (Brexit, Griechenland) Vorsicht walten zu lassen. In Berliner Regierungskreisen wird demgegenüber darauf verwiesen, dass die Wachstumsprognose des Internationalen Währungsfonds (IWF) mit 3,5 Prozent für das laufende und das kommende Jahr über dem Mittel der letzten Jahre liege. Die Weltwirtschaft laufe gar nicht so schlecht, heißt es. Daher müsse über "intelligente Wege" gesprochen werden, die Niedrigzinspolitik zu verlassen. In Berlin will man andere Stimulanzien verschreiben und denkt dabei an eine stärkere Betonung von Strukturreformen. Auch dadurch ließen sich Wachstumspotenziale heben, etwa durch bessere Rahmenbedingungen für private Investoren. Die Erwartung ist offenbar, dass man hier durch China unterstützt werde.

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