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Selbstbestimmtes Ende: ja oder nein?
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Debatte zur Sterbehilfe: Wie soll ein Leben enden?

Es ist eine der schwierigsten Entscheidungen überhaupt: Soll Sterbehilfe erlaubt werden oder nicht? Der Bundestag wird in den nächsten Wochen darüber diskutieren und eine gesetzliche Regelung finden müssen.

Der Tod macht alle gleich, heißt es. Doch nichts ist so individuell unterschiedlich wie das Sterben. Deshalb möchte sich niemand vorschreiben lassen, wie er zu sterben hat und wer ihm dabei vielleicht helfen soll.

Der Bundestag möchte die Sterbehilfe gesetzlich regeln und zugleich die Wünsche nach Autonomie der Einzelnen berücksichtigen. Das ist nicht einfach. Die Politiker wollen verhindern, dass eine ethische Schieflage entsteht und womöglich Menschen aus ökonomischen oder sozialen Gründen gedrängt werden, Sterbehilfe in Anspruch zu nehmen. Die Abgeordneten nehmen sich viel Zeit für das Thema. Beschlüsse werden frühestens im Herbst 2015 gefasst werden. Im Moment tauschen sich die Fraktionen intern mit Medizinern, Juristen, Ethikern und Kirchenvertretern aus.

Die Abgeordneten sollen fraktionsunabhängig nach ihrem Gewissen entscheiden. Bis Anfang nächsten Jahres wollen sie Gruppenanträge formulieren. Einige rechnen mit bis zu fünf Anträgen. Im Frühjahr soll es auch eine öffentliche Experten-Anhörung im Plenum geben.

Kompromisse gesucht

In der Unionsfraktion hat Gesundheitsminister Hermann Gröhe klargemacht, wohin es gehen sollte. Er möchte jede organisierte Hilfe zum Suizid verbieten. CDU-Politiker Peter Hintze geht das zu weit. Er möchte ärztlich assistierten Suizid am Lebensende zulassen. In diese Richtung denkt auch eine Gruppe von Ärzten, Juristen und Ethikern um den Palliativmediziner Domenico Borasio. Sie fordern, Sterbehilfe grundsätzlich unter Strafe zu stellen.

Für Ärzte und nahe Angehörige soll eine Ausnahme gemacht werden, wenn „der Patient an einer unheilbaren, zum Tode führenden Erkrankung mit begrenzter Lebenserwartung leidet“. Voraussetzung ist, dass zwei Ärzte unabhängig voneinander die Freiwilligkeit des Suizidwunsches prüfen und den Patienten über alle Alternativen informieren. Dazwischen muss eine Bedenkzeit von zehn Tagen liegen. Der Vorschlag erinnert an die Regelung des Schwangerschaftsabbruchs nach Paragraf 218 Strafgesetzbuch und könnte ein Kompromiss sein.

Was wird aus der Palliativmedizin?

So sieht es auch die SPD-Politikerin Kerstin Griese. Doch es gebe rechtliche Schwierigkeiten, sagt sie, denn anders als der Schwangerschaftsabbruch ist der Suizid grundsätzlich erlaubt. Griese möchte einen Gruppenantrag mit einem „Mittelweg“ formulieren, also zwischen Gröhes restriktivem Verbot jeglicher Sterbehilfe und der gänzlichen Freigabe, für die die Grünen-Politikerin Renate Künast plädiert (siehe unten). Die Mehrheit der SPD-Kollegen will ärztliche Suizidbeihilfe zulassen. Die Meinungen gehen aber auseinander bei der Frage, wie restriktiv die Auflagen dafür sein sollen.

Die Kirchen sind offiziell strikt gegen Sterbehilfe. Doch gibt es auch andere Sichtweisen. Der katholische Theologe Hans Küng etwa ist Mitglied des Schweizer Sterbehilfe-Vereins „Exit“ und will einen Giftcocktail trinken, bevor ihn seine Parkinsonkrankheit überwältigt. Andere wollen zumindest ärztliche Hilfe beim Suizid zulassen.

Der Grünen-Politiker Volker Beck lehnt kommerzielle Sterbehilfe ab. Aber noch wichtiger als die Debatte ums Strafrecht sei es, die Palliativmedizin auszubauen, besonders die ambulante Hilfe, sagt er. Viele Menschen haben Angst davor, dass sie würdelos sterben müssen. „Sterben an sich kann gar nicht würdelos sein“, sagt Beck. „Aber die Versorgung der Sterbenden ist in Deutschland oft würdelos.“ Ein völlig vernachlässigtes Thema sei die Lebensqualität für Schwerstkranke und Sterbende. Vor fünf Jahren hat Beck seinen Partner auf dem letzten Weg begleitet.

Lesen Sie auch, was Grünen-Politikerin Renate Künast zum Thema schreibt.

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