Koalitionsstreit um die EEG-Umlage: Wie die Regierung vorgeht, wirkt nicht überzeugend
Die neue Bundesregierung will die EEG-Umlage zügiger abschaffen als zunächst vereinbart. Entlastung auf Pump verbietet sich dabei. Ein Kommentar.
Wie dringlich ist es, die EEG-Umlage schon 2022 abzuschaffen? Die Ampel-Koalition hat im November beschlossen, dass sie ab 2023 nicht mehr auf den Strompreis draufgeschlagen werden soll. Damals lag die Inflationsrate bei 5,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Der Anstieg der Teuerungsrate war seit dem Sommer absehbar, schon in den Herbstmonaten zuvor lag sie bei mehr als vier Prozent.
Es ist zwar umstritten, wie nachhaltig diese Entwicklung ist. Aber dass Inflation ein Problem im Jahr 2022 sein würde, das wusste man während der Koalitionsgespräche. Dass der hohe Strompreis dabei eine Rolle spielt, ist auch nicht neu.
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Im Januar lag die Inflation bei 4,9 Prozent. Nun soll plötzlich korrigiert werden, was im November offenkundig noch als zumutbare Entscheidung galt – die Umlage eben erst 2023 abzuschaffen. Wie die Koalition sich dahin bugsiert hat, ist keinesfalls ein Musterbeispiel für gutes Regieren. Wie schon bei dem Förderstopp für ein Programm zur Verbesserung der energetischen Gebäudeeffizienz führen SPD, Grüne und FDP auch bei der Strompreiszulage vor, wie man es nicht macht.
Ohne echte Not
Es beginnt bei der Ampel verblüffend früh, was nicht ganz ungewöhnlich ist in Koalitionen – ein Entscheidungsdurcheinander, das auf Profilierungsabsichten der Partnerinnen zurückgeht. Nach zwei Monaten schon ohne echte Not einen fest vereinbarten Termin zu kippen, für ein Projekt, das zudem mit Blick auf die Finanzierung einigermaßen konkret im (ansonsten nicht immer sehr detaillierten) Koalitionsvertrag verankert ist – es wirkt nicht sonderlich souverän.
SPD und FDP wollen ein Entlastungssignal senden. Die Grünen fühlen sich unwillig dazu gedrängt. Am Mittwoch wurde in einer kurzfristig einberufenen Koalitionsrunde eine offenbar eher lockere Verständigung erzielt. Am Donnerstag tut der Finanzminister von der FDP so, als ob das Finanzielle geregelt und alles gar kein Problem sei. Aus der Kanzlerpartei wird in die Öffentlichkeit getragen, man habe die Abschaffung zum 1. Juli beschlossen. Am Abend lässt der grüne Wirtschaftsminister das dementieren. Am Freitag herrscht Schweigen. Ohje.
Schulden - wofür?
Christian Lindner sagt, man habe „für diese Zwecke“ – also die Entlastung bei der Umlage – den Energie- und Klimafonds (EKF) mit 60 Milliarden Euro an neuen Schulden verstärkt. Über den EKF soll laut Koalitionsvertrag tatsächlich die Abschaffung der Umlage finanziert werden. Dafür gibt es dort auch Mittel. Aber der Kreditrahmen muss für sich rentierende Investitionen in Klimaschutz reserviert sein. Alles andere verbietet sich. Die Koalition sollte nicht den Eindruck erwecken, sie finanziere Entlastungen über höhere Schulden. Es wäre keine nachhaltige Politik.