Trump gegen Teheran: Wie der US-Präsident Iran schwächen will
Die USA wollen verhindern, dass Iran sein Öl verkaufen kann – und drohen allen Abnehmern mit Sanktionen. Ist das Atomabkommen endgültig gescheitert?
Überrascht darf eigentlich niemand sein. Darüber, dass die USA unter Donald Trump ihren Kurs gegenüber dem Iran genauso durchziehen, wie sie es angekündigt haben. Entschlossen, ohne Rücksicht auf Verluste – auch im Verhältnis zu den engsten Verbündeten.
Bis November sollen alle ausländischen Staaten ihre Ölimporte aus dem Iran stoppen, verlangte die US-Regierung am Dienstag. Ansonsten drohen ab dem 4. November Sanktionen, wie ein hochrangiger Mitarbeiter des Außenministeriums ankündigte. Ausnahmen werde es keine geben.
Das Ziel ist die vollständige wirtschaftliche Isolation des Iran, dem die US-Regierung vorwirft, die Welt zu betrügen und seine wahren, extrem gefährlichen Absichten zu verschleiern. Dass die angedrohten Maßnahmen nicht nur China und Indien, sondern auch die Nato-Partner in Europa vor den Kopf stoßen, nimmt man in Kauf.
"Maximaler ökonomischer Druck"
Beziehungsweise: Genau dieser „maximale ökonomische Druck“ ist gewollt. Außenminister Mike Pompeo hatte in einer Grundsatzrede Ende Mai vor der konservativen Heritage Foundation Amerikas Iran-Strategie vorgestellt und dabei die „stärksten Sanktionen in der Geschichte“ angedroht, sollte die Islamische Republik ihr Verhalten nicht ändern. Das Land sei der größte Terrorismus-Finanzierer und führe unter dem Deckmantel des Atomdeals Stellervertreterkriege im Nahen Osten.
US-Präsident Donald Trump hatte das 2015 geschlossene Atomabkommen mit dem Iran am 8. Mai einseitig aufgekündigt und Unternehmen in anderen Ländern mit Strafmaßnahmen gedroht, sollten sie weiter mit der Islamischen Republik Geschäfte machen.
Diese Ankündigung könnte sehr wohl wirken, glaubt Nahostexperte Michael Doran vom Hudson Institute in Washington. "Die Europäer, die großen Firmen werden sich entscheiden müssen zwischen den USA und Iran - aus geschäftlicher Sicht ist die Entscheidung einfach." Und das werde Teheran erhebliche ökonomische Probleme bereiten.
Betroffen von Trumps Drängen ist auch Deutschland, dessen Bemühungen, mit dem Iran im Gespräch zu bleiben, in Washington äußerst kritisch gesehen worden. Die US-Regierung wünscht sich eine geschlossene Front gegenüber dem Iran. Deutschland dagegen möchte an dem Atomabkommen festhalten, weil man in Berlin davon ausgeht, dass es immer noch die beste Möglichkeit ist, einen nuklear bewaffneten Iran zu verhindern.
Die Europäische Union versucht seit Wochen die USA davon zu überzeugen, Sanktionen gegen EU-Unternehmen oder -Individuen vom Tisch zu nehmen. Offenbar vergeblich. Unverhohlen hört man in Washington derzeit Drohungen gegen EU-Offizielle und Zentralbank-Vorstände wie die, besser keinen Urlaub in den USA zu planen. Begründet wird dies mit einer zu großen geschäftlichen Nähe zum Iran.
Sollte es den USA tatsächlich gelingen, Irans Ölexporte massiv zu beschränken - es wäre für die Islamische Republik eine Katastrophe. Zwischen 70 und 80 Prozent der Exporterlöse stammen aus diesem Sektor. Öl ist damit die wichtigste Einnahmequelle.
2,7 Millionen Barrel pro Tag
Seit dem Nuklearabkommen und dem Ende vieler Sanktionen konnte Teheran seine Fördermenge kontinuierlich steigern. Heute verkauft das Land als einer der weltweit größten Ölproduzenten rund 2,7 Millionen Barrel (ein Barrel entspricht 159 Liter) pro Tag. Hauptabnehmer sind China, Indien und die Türkei. Deutschland bezieht so gut wie kein Öl aus dem Iran.
Auf diese Einnahmen ist Teheran dringend angewiesen. Zum einen wird das Geld benötigt, um der Wirtschaft auf die Beine zu helfen. Zum anderen finanziert das Regime damit die kostspieligen Einsätze etwa in Syrien und den Ausbau der militärischen Schlagkraft. Genau dem wollen Trump, einige Golfstaaten und Israel einen Riegel vorschieben.
Ob diese Rechnung aufgeht ist allerdings mehr als ungewiss. Der Iran dürfte sich kaum dem Willen Trumps beugen. Auch Experte Michael Doran ist sich nicht sicher, ob dadurch Teheran zu Verhandlungen oder gar zu Konzessionen genötigt werden kann. Nach Lesart der dort Herrschenden werden nach wie vor alle Auflagen des Atomdeals erfüllt. Was auch die Internationale Energieagentur als Kontrollbehörde bestätigt. Vertragsbrüchig sei vielmehr Amerika geworden, heißt es in Teheran. Und: Gerade China – ohnehin im Handelsstreit mit den USA– dürfte sich kaum davon abbringen lassen, Öl beim Iran zu kaufen. Ähnliches gilt für die Türkei.
Hardliner in Washington und Teheran auf einer Linie
Trumps Drohung wird vielmehr Teherans Hardliner bestärken. Sie bekämpfen die Vereinbarung über das Nuklearprogramm von Anfang an. Selbst moderate Kräfte haben jetzt deutlich gemacht, dass es auch bei ihnen Grenzen gibt.
Sollte das Öl-Geschäft kaputtgemacht werden, habe sich die Sache mit dem Atomdeal erledigt. Dem könnte selbst Präsident Hassan Ruhani kaum etwas entgegensetzen. Er gerät immer mehr in Bedrängnis, weil es ihm schwer fällt, seinen Kurs der Öffnung zu verteidigen. Denn ein Großteil des 80-Millionen-Volks spürt wenig vom versprochenen Aufschwung, den der Fall der Sanktionen bringen sollte.
Und nun befindet sich das Land in einem Wirtschaftskrieg mit den USA. Erst vor wenigen Tagen gab es heftige Proteste wegen des dramatischen Verfalls der heimischen Währung Rial. Auch die Arbeitslosigkeit ist nach wie vor hoch. Die Unzufriedenheit wird größer. Für den Atomdeal sind das denkbar schlechte Aussichten.
Den hält Michael Doran ohnehin für einen Fehler. "Die Übereinkunft war immer eine alleinige Entscheidung von Präsident Barack Obama - und in Amerika immer sehr umstritten." Denn bis 2012 habe das Sanktionsregime gegen den Iran gut funktioniert. "Es gab einen weltweiten Konsens, Teheran zu isolieren. Den hat Obama konterkariert und dafür nur bescheidene, vor allem zeitlich befristete Konzessionen vom Iran erhalten."