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Der amerikanische und der chinesische Präsident: Donald Trump und Xi Jinping
© imago/Kyodo News

Apec-Gipfel: Wie China in Trumps Lücke vorstößt

Die USA ziehen sich aus der globalen Verantwortung zurück, Peking nutzt das Machtvakuum. Die wichtigsten Fragen und Antworten zu den neuen Rollen der beiden Weltmächte.

Es ist alles andere als eine unbedeutende Runde, die sich am Freitag in der vietnamesischen Stadt Da Nang versammelt hat. Die 21 Staaten der Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftsgemeinschaft (Apec) vertreten 40 Prozent der gesamten Weltbevölkerung, erbringen gemeinsam rund 60 Prozent der Weltwirtschaftsleistung und bilden eine der wichtigsten wirtschaftlichen Boomregionen der Welt. Vor diesem Publikum warben US-Präsident Donald Trump und Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping, die beiden mächtigsten Männer der Welt, um ihre Konzepte. Doch nur einer konnte seinen internationalen Führungsanspruch auch unterstreichen.

Wie präsentierte Donald Trump die USA?

Trumps Rede bedeutet eine radikale Abkehr der USA von multilateralen Bündnissen. An deren Stelle sollen nun isolierte Verträge zwischen einzelnen Ländern treten. „Ich will mit jedem Land der indo-pazifischen Region, das unser Partner sein will, bilaterale Handelsbeziehungen“, erklärte der US-Präsident. Vor allem kleinere Länder bevorzugen allerdings multilaterale Bündnisse, weil das ihre Verhandlungsposition gegenüber der größten Volkswirtschaft der Welt stärkt. Jeder kämpft für sich alleine, lautete Trumps Botschaft: „Ich werde immer Amerika an die erste Stelle setzen, und ich erwarte auch von allen anderen in diesem Raum, dass sie ihre Länder an die erste Stelle setzen.“

Seine Rede klang mitunter wie eine Drohung. „Wir müssen sicherstellen, dass sich alle an die Regeln halten“, sagte der US-Präsident. Wer das nicht mache, könne sicher sein, dass die USA Verletzungen, Betrug und wirtschaftlicher Aggression nicht länger zusehen werden, sagte er. Trump klagte über unfairen Wettbewerb und Diebstahl geistigen Eigentums durch andere Staaten in der Region. Auf wen sich seine Vorwürfe beziehen, sagte er nicht. Er dürfte aber unter anderem China gemeint haben.

Was bot Xi Jinping der Gemeinschaft an?

Chinas Präsident ging in seiner Rede nicht näher auf die Vorwürfe ein. Sein Auftritt stand in einem starken Gegensatz zum Isolationismus des US-Präsidenten. Xi Jinping bezeichnete die Globalisierung als „unumkehrbaren historischen Trend“. Die Gewinne müssten aber „offener, inklusiver und ausgeglichener“ verteilt werden. „Wir sollten den Multilateralismus hochhalten, durch Zusammenarbeit und enge Partnerschaft.“ China sei sich der Verantwortung als weltweit zweitgrößte Wirtschaftsnation bewusst.

Xi Jinping sprach sich auch für ein „globales Netzwerk von Freihandelszonen“ aus. Öffnung bringe Fortschritt, sagte er, Selbstabschottung hingegen lasse einen zurück. Xi Jinping unterstrich damit den neuen Führungsanspruch Chinas, den er auch bei dem im Oktober zu Ende gegangenen 19. Parteitag der Kommunistischen Partei Chinas formuliert hatte: In der „Neuen Ära“ des Sozialismus mit chinesischen Merkmalen solle das Reich der Mitte, wie sich China selbstbewusst selber bezeichnet, bis 2050 „ein globaler Führer von nationaler Stärke und internationalem Einfluss zugleich“ sein.

Wo ziehen sich die USA bereits zurück?

In einer seiner ersten Amtshandlungen hatte Donald Trump sich aus den Verhandlungen mit elf Staaten über das pazifische Freihandelsabkommens TPP zurückgezogen. Auch aus dem Pariser Klimaabkommen wollen die Vereinigten Staaten austreten, als inzwischen einziges Land der Erde. Unter Donald Trump verlieren die USA auch ihre Glaubwürdigkeit als Führung des liberalen Westens.

Das hat auch sein Besuch in Peking gezeigt. So gab sich die US-Delegation damit zufrieden gab, dass die chinesische Seite keine Fragen auf der gemeinsamen Pressekonferenz zulassen wollte. Vorherige US-Delegationen hatten noch für eine echte Pressekonferenz gekämpft – und diese auch durchgesetzt.

Auch sprach Trump die Menschenrechtsdefizite in China nicht öffentlich an. Seine Vorgänger Barack Obama oder Bundeskanzlerin Angela Merkel hatten bei ihren Peking-Besuchen Vertreter der Zivilgesellschaft getroffen, darunter auch Kritiker der kommunistischen Herrschaft. Einen solches Treffen fand mit Donald Trump nicht statt. Stattdessen gratulierte er dem chinesischen Parteichef im Vorfeld des Besuchs zu dessen „erfolgreicher Wiederwahl“. Als hätte Xi Jinping einen demokratischen Wahlkampf hinter sich. Und nicht einen undurchsichtigen, hinter den Kulissen geführten Machtkampf, bei dem innerparteiliche Oppositionelle mit Hilfe einer gewaltigen Anti-Korruptionskampagne ausgeschaltet worden sind. Und zahlreiche Menschenrechtsanwälte verhaftet wurden. Stattdessen lobte Donald Trump seinen Gastgeber in Peking als „ganz besonderen Mann“.

Wie nutzt China den Rückzug der USA?

Was die militärische und wirtschaftliche Stärke betrifft, liegt China zwar weiter hinter den USA auf Rang zwei. Der Politikexperte Ian Bremmer von der Eurasia-Gruppe twitterte allerdings aus Da Nang: „Jeder ausländische Staatschef, mit dem ich beim Apec-Gipfel gesprochen habe, glaubt, dass die Trump-Präsidentschaft ein riesiges Geschenk für die Chinesen ist. Jeder einzelne.“ Tatsächlich stößt China geschickt in das Machtvakuum, das durch den Rückzug der USA entstanden ist. Am deutlichsten wird das beim Handel und bei der Klimapolitik.

China arbeitetet an einem Wirtschaftsbündnis, das in der pazifischen Region an die Stelle des TPP-Abkommens treten könnte. Ohne die USA. Bei der UN-Klimakonferenz in Bonn will China eine Führungsrolle übernehmen. Mit der Neuen Seidenstraße verfügt das Land über ein ambitioniertes Zukunftsprojekt, das die Wirtschaft weltweit ankurbeln könnte. Mit einem gigantischen Investitionsvolumen von 900 Milliarden Euro ist es das größte Entwicklungsprojekt seit dem Marshallplan der USA.

Die chinesische Führung investiert auch massiv in die digitale Zukunft sowie Robotertechnik, Raumfahrt, Medizin oder Hochgeschwindigkeitszüge. Und auch innerhalb der Vereinten Nationen übernimmt China vermehrt Verantwortung. Hinzu kommt, dass sich auch Xi Jinpings Macht nach dem Parteitag innenpolitisch auf dem Höhepunkt befindet. Donald Trump hingegen muss sogar im Lager seiner Partei große Widerstände bekämpfen.

Welche Folgen hätte Chinas Führung für die Welt?

Antony John Blinken, stellvertretender US-Außenminister unter Barack Obama, schreibt in der „New York Times“: „Indem Herr Trump China das Terrain überlässt, könnte die liberale Weltordnung, die die zweite Hälfte des 20. Jahrhundert definiert hat, den Weg frei machen für eine autoritäre Ordnung.“ Die Unzulänglichkeiten des chinesischen repressiven Systems würden angesichts einer fehlenden überzeugenden Alternative keine Rolle spielen, argumentiert Blinken.

Der ehemalige australische Premierminister Kevin Rudd sieht ähnliche Folgen für eine Welt unter chinesischer Führung. „Die Grundlagen des Westens – jüdisch-christliche Werte und die Prinzipien der Aufklärung bei Wissenschaft, Freiheit und Menschenrechten – werden gegen diese Herausforderung nicht immun sein“, schreibt der China-Experte, „etwas anderes zu glauben, würde die tiefen Veränderungen, die gerade im Gange sind, vorsätzlich ignorieren.“

Welche Rolle spielt Europa?

Wenn man China als Zentrum der boomenden Fernost-Region betrachtet, zeigt sich, dass die EU hier in erster Linie wirtschaftliche Interessen verfolgt. China ist für die EU nach den USA der zweitwichtigste Handelspartner. Aus der Sicht Pekings liegt die Europäische Union nach Angaben der EU-Kommission als Handelspartner sogar noch vor den USA. Den Angaben zufolge beträgt das durchschnittliche Handelsvolumen zwischen der EU und China mehr als eine Milliarde Euro – pro Tag.

Deutschland hat daran einen entscheidenden Anteil: Im Jahr 2016 betrug der Wert der von Deutschland nach China exportierten Waren 76 Milliarden Euro. Den größten Anteil machten dabei mit 20 Milliarden Euro Kraftwagen und Kraftwagenteile aus. Trotz des florierenden Handels gibt es weiter gravierende Probleme auf der chinesischen Seite – darunter mangelnde Transparenz und die dominante Stellung von staatlich gelenkten Firmen.

2016 stellten die EU-Kommission und die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini eine neue China-Strategie vor, in der die Kooperation beider Seiten betont wurde – angefangen von Krisenherden wie Syrien bis zu globalen Themen wie der Migration und dem Klimawandel. Auf längere Sicht könne auch das ehrgeizige Ziel eines vertieften und umfassenden Freihandelsabkommens ins Auge gefasst werden, hieß es seinerzeit bei der Vorstellung der Strategie. Aber dies ist bislang Zukunftsmusik geblieben. (mit dpa)

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