Die Achse der Rechtspopulisten: Wie AfD und Pegida paktieren
Die AfD versucht seit Wochen, eine enge Allianz mit Pegida zu schmieden. Die CDU in Sachsen steht dabei nicht völlig abseits.
Frauke Petry wusste gut Bescheid. Es war Anfang Januar, die sächsische AfD-Landtagsfraktion hatte am Vortag die Spitzenleute von Pegida getroffen. Bundessprecherin Petry unterrichtete die Presse im Dresdner Landtag darüber, wer bei der Anti-Islam-Bewegung nun das Sagen hat. „Soviel ich weiß, ist Lutz Bachmann nicht mehr Cheforganisator“, sagte Petry, die auch an der Spitze der AfD-Landtagsfraktion steht. Das war Tage bevor ein Rückzug von Bachmann am Mittwoch vergangener Woche dann tatsächlich von seinen Mitstreitern erzwungen wurde.
Rassistische Facebook-Posts waren publik geworden, in denen Bachmann Asylbewerber als „Dreckspack“, „Viehzeug“ und „Gelumpe“ beschimpft hatte. Nachdem dann noch ein Foto aufgetaucht war, auf dem sich Bachmann als Hitler- Double präsentierte, war es zunächst vorbei für den Pegida-Gründer. Die „Bild“- Zeitung hatte aus dem Hitler-Bachmann eine Titelstory gemacht.
Jetzt wird Pegida offenbar von neuen internen Machtkämpfen erschüttert, ein Bachmann-Comeback ist nicht auszuschließen. Das sind Entwicklungen, die vor allem eine Partei nicht unberührt lassen werden: die AfD. Sie versucht seit Wochen, eine enge Allianz mit Pegida zu schmieden und hat längst Einfluss genommen auf die Entwicklung der Bewegung. Schon vor Weihnachten nahm Brandenburgs AfD-Chef Alexander Gauland an einer Pegida-Demonstration in Dresden teil und kam nach eigenen Worten mit einem „sehr guten Eindruck“ zurück. „Wieso das eine Schande für Deutschland sein sollte, konnte ich auch nicht feststellen“, sagte er damals in einem Reuters-Interview. Und auch wenn Gauland beteuert, nie direkten Kontakt zu Bachmann gehabt zu haben: Er schwärmt von Pegida als „Volksbewegung“, vergleicht die Anti-Islam-Aktivisten mit der früheren Anti-Atom-Bewegung.
Brandenburgs AfD knüpfte im Januar Kontakte zu Lutz Bachmann
Gaulands Mitstreiter in der Alternative für Deutschland haben längst Drähte auch zu den Pegida-Anführern geknüpft – zum Beispiel Birgit Bessin, Geschäftsführerin der Potsdamer Landtagsfraktion. Der RBB zitierte am Mittwoch aus einer E-Mail Bessins von Anfang Januar, in der sie an Parteifreunde schreibt: „In einem persönlichen Telefonat mit dem Initiator, Herrn Bachmann, haben wir beide uns ausgetauscht. Das Interesse, Pegida in Brandenburg zu entwickeln, ist vorhanden.“ Auch einen Bus mit AfD-Anhängern wollte die Politikerin demnach zu einer Pegida-Kundgebung nach Dresden schicken.
Mehrere Hinweise darauf, dass sich Pegida zu einer Art AfD-Vorfeldorganisation entwickelt, gibt es auch aus Sachsen. In Meißen stellte Siegfried Däbritz einen Aufnahmeantrag, eines der Mitglieder des Pegida-Orgateams. Er soll dem „Spiegel“ zufolge Muslime unter anderem als „mohammedanische Kamelwämser“ oder „Schluchtenscheißer“ bezeichnet haben. Die „Sächsische Zeitung“ wiederum berichtete, dass der Dresdner AfD-Vorstand Achim Exner, bis 2006 Sicherheitschef des Fußballklubs Dynamo Dresden, zur Zeit als Berater für das Pegida-Orgateam arbeitet. Mehrere von Pegida veröffentlichte Pressemitteilungen geben demnach in den Dokumenteneigenschaften Exner als Verfasser an.
Mit im Bund mit Pegida ist auch der frühere stellvertretende AfD-Landesvorsitzende Thomas Hartung – er war 2014 von diesem Posten zurückgetreten, nachdem er sich abfällig über Menschen mit Trisomie geäußert hatte. Hartung gehört ebenfalls dem Dresdner AfD-Kreisvorstand an und bekennt sich im Internet als „überzeugter Pegida-Gänger“. Mit dem Hinweis „lesenswert, sehr lesenswert“ postete Pegida auf ihrer Facebook-Seite am Mittwoch einen Aufsatz von Hartung, in dem es heißt: „Das Schlagwort ,Willkommenskultur‘ verpflichtet die Deutschen gutzuheißen, im eigenen Land zur Minderheit zu werden.“
Pegida könnte bei der Oberbürgermeisterwahl in Dresden eine Rolle spielen
Exner war – neben der bisherigen Organisatorin Oertel – einer der beiden Pegida-Funktionäre, die der sächsische Innenminister Markus Ulbig (CDU) am Montag an unbekanntem Ort traf. Er warb, wie er am Mittwoch bei einer Regierungserklärung im Landtag erläuterte, für einen „sachkundigen Dialog“. Es solle weniger Auseinandersetzungen auf der Straße geben, erläuterte er. Der Staatsregierung zufolge war Ministerpräsident Stanislaw Tillich nicht vorab informiert. Die Opposition empörte sich – und auch die Organisatoren des großen Bürgerfestes am selben Montag, bei dem unter anderem Herbert Grönemeyer auf dem Dresdner Neumarkt auftrat.
Ulbig will im Juni zum Oberbürgermeister von Dresden gewählt werden. Dann könnte auch Pegida wieder eine Rolle spielen. In der Sachsen-Union wird für möglich gehalten, dass die Bewegung einen Kandidaten aufstellt oder einen Bewerber der AfD massiv unterstützt. Ein einflussreicher CDU-Politiker aus Sachsen sagte dem Tagesspiegel dazu, er wolle Pegida ein solches Vorgehen nicht empfehlen. „Es schreckt mich aber auch gar nicht.“ Schließlich könne dann auch über Inhalte und Themen diskutiert werden – und Pegida komme „raus aus der Märtyrerrolle“.