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Donald Trump hat sich noch in der Nacht zum Sieger der US-Präsidentenwahl erklärt.
© Carlos Barria/REUTERS

Trump will Auszählung stoppen: Wer stellt das Endergebnis fest – und wie kann die Wahl angefochten werden?

Einige Staaten werten noch Briefwahlstimmen aus. Trump hält das für nicht rechtmäßig und will dagegen vorgehen. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Obwohl die Entscheidung noch nicht gefallen war, hat sich Donald Trump noch in der Nacht zum Sieger der US-Präsidentenwahl erklärt und verlangt, die weitere Auszählung von Stimmen müsse gestoppt werden. Er werde sich mit dieser Forderung an die Gerichte wenden.

Später erhob er über Twitter auch Betrugsvorwürfe: Im hart umkämpften Bundesstaat Pennsylvania werde „hart daran gearbeitet“, schnell eine halbe Million Stimmen „verschwinden zu lassen“.

Trump erweckte den Eindruck, dass die noch nicht gezählten Briefwahlstimmen erst nach Schließung der Wahllokale ausgefüllt worden seien und deshalb nicht berücksichtigt werden dürften. Tatsächlich sollten Stimmzettel, um gültig zu sein, am Wahltag oder früher ausgefüllt und auf den Postweg gebracht werden - gezählt werden dürfen aber auch Stimmen ohne Poststempel, wenn es keine Beweise gibt, dass sie nach dem Wahltag verschickt wurden.

Briefwahlstimmen sind nach allgemeiner Erwartung in der großen Mehrheit Stimmen von Anhängern der Demokraten. Sie nutzen die Möglichkeit zur Briefwahl. Republikaner tendieren dazu, die Stimme persönlich im Wahllokal abzugeben.

Wer stellt das Ergebnis letztendlich fest?

Einen zentralen nationalen Wahlleiter wie in Deutschland gibt es nicht. Die Stimmen werden in den Countys, in den Kreisen ausgezählt und gemeldet.

Die großen Fernsehsender wie Fox und CNN und die Nachrichtenagentur AP zählen die Meldungen aus den Kreisen zusammen. Sie erklären einen Kandidaten zum Gewinner in einem Staat, sobald der Vorsprung bei der Summe der Kreise so groß ist, dass eine Aufholjagd nicht mehr möglich ist.

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Dabei werden teils auch Projektionen für die verbliebenen Kreise mit einbezogen – was dazu führen kann, dass die Einschätzungen der Sender unterschiedlich sind. In Arizona zum Beispiel erklärte Fox Joe Biden schon sehr früh am Abend zum Gewinner – auch AP erklärte Biden in diesem zentralen Rennen schon um 2.50 Uhr amerikanischer Zeit (8.50 deutsche Zeit) zum Gewinner – während CNN das Rennen noch bis in die späten Nachmittagsstunden deutscher Zeit offenließ.

Wenn 270 Wahlmännerstimmen erreicht sind, erklärt sich in der Regel ein Kandidat zum Sieger, der andere gesteht seine Niederlage ein und gratuliert. Diese förmliche Anerkennung des Ergebnisses basiert aber auf Traditionen, nicht auf Gesetzen – was nun zum Problem geworden ist.

Die Gouverneure der Bundesstaaten melden dann förmlich, wer ihre Wahlmänner und -frauen sind und stellen ihnen „Zertifikate“ aus. Das stammt noch aus der Frühzeit der amerikanischen Geschichte, als die Wahlmänner mit Kopien dieser Zertifikate zur Versammlung ritten. Das muss bis spätestens zum 8. November geschehen, der „Safe Harbor Deadline“.

Das Electoral College kommt dann am Montag nach dem zweiten Mittwoch im Dezember zusammen – dieses Jahr am 14. Dezember. Sie wählen und stellen dem Präsidenten ein Zertifikat aus. Das letzte Siegel gibt der Kongress der Wahl. Er kommt am 6. Januar zusammen, zählt die Stimmen der Wahlmänner aus und verkündet das Ergebnis.

Könnte Trump die weitere Auszählung tatsächlich stoppen lassen?

Seit seiner Ankündigung, die Auszählung durch Gerichte stoppen zu lassen, rätseln Beobachter, wie das gehen soll. Und mit welcher Begründung. Die Abläufe der Wahl und der Auszählung bestimmt jeder der 50 Bundesstaaten selbst. Um vor Gericht zu ziehen, müssten Trumps Anwälte einen Verstoß gegen die jeweiligen Regeln nachweisen. In aller Regel geht das erst nach Verkündung des offiziellen Ergebnisses in dem Staat. Eine Unterbrechung der Auszählung ist so eher nicht zu erreichen.

Die Vorgaben in drei umkämpften Staaten im Nordosten sind unterschiedlich. In Michigan werden nur Stimmen gezählt, die am Wahltag oder zuvor eintreffen. Wegen der hohen Zahl kann die Auswertung aber ein, zwei Tage dauern. Im Lauf des Mittwochabends ging Biden dort nach Auszählung von 94 Prozent mit rund 50.000 Stimmen in Führung. Zuvor führte Trump. Der Wechsel war vor allem auf die Auszählung der Briefwahlstimmen zurückzuführen.

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In Pennsylvania dürfen Briefwahlzettel bis Freitag, 6. November, eintreffen und werden gezählt, sofern der Poststempel nachweist, dass sie am Wahltag oder früher eingeworfen wurden. Dort führte Trump am Mittwochabend nach Auszählung von 80 Prozent mit rund 469.430 Stimmen – 150 000 weniger als am Nachmittag. Auch diesen Vorsprung kann Biden durch Auszählung der Briefwahlstimmen im Prinzip wettmachen, da mehr als eine Million Stimmen noch fehlen.

In Wisconsin werden nur Stimmen gezählt, die am Wahltag oder früher eingetroffen sind. In vielen Wahlbezirken werden die persönlich abgegebenen Stimmen zuerst ausgezählt, danach die Briefwahlstimmen. So verwandelte sich ein anfänglicher Vorsprung für Trump im Laufe des Mittwoch nach Auszählung von 98 Prozent der Stimmen in einen knappen Vorsprung für Biden.  Allerdings hat das Trump-Lager bereits verkündet, dass man in Wisconson eine Neuauszählung verlangen werde. Bei knappen Wahlausgängen hat die unterlegene Partei auch einen Rechtsanspruch darauf.

Wie könnte Trump die Ergebnisse anfechten?

Trump hatte bereits vor einigen Tagen vor Gericht beantragt, die nach dem Wahltag eintreffenden Briefwahlstimmen in Pennsylvania nicht zu berücksichtigen. Der Supreme Court lehnte den Eilantrag ab mit der Begründung, das könne auch später noch entschieden werden. In vielen Staaten waren Wahlbeobachter beider Lager und ihre Anwälte zugegen, um Unregelmäßigkeiten früh zu protokollieren und gegebenenfalls Einspruch einzulegen. Doch die formalen Anforderungen an eine korrekte Briefwahl sind nicht allen Wählern bekannt, da viele diese Form der Stimmabgabe 2020 wegen der Coronakrise zum ersten Mal genutzt haben.

Wie stehen Trumps rechtliche Chancen?

Der ausgefüllte Wahlzettel muss in einen dafür vorgesehenen Umschlag getan werden; und dieser muss mit einer Erklärung, wer den Stimmzettel ausgefüllt hat, in einen weiteren Vorschlag gesteckt werden. Wird dies nicht befolgt, kann die Stimme als ungültig gewertet werden. Experten rechneten damit, dass einige Wähler diese Anforderungen nicht korrekt erfüllen.

Je knapper der Abstand zwischen den Stimmen für Biden und Trump, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass Ergebnisse angefochten und Nachzählungen beantragt werden. Zunächst müssen solche Anträge im jeweiligen Staat gestellt werden. Die Verfahren können dann aber durch die Instanzen bis zum Supreme Court gehen.

Demokraten warnen regelmäßig, am Supreme Court gebe es nun eine stabile konservative Mehrheit, nachdem Donald Trump insgesamt drei neue Richter in seiner Amtszeit ernannt hat. Erst kürzlich ist die von Trump nominierte Richterin Amy Coney Barrett vom Senat bestätigt worden. Andere Beobachter sagen, Verfassungsrichter urteilten nicht nach weltanschaulichen Vorlieben, sondern auf Basis der Gesetze und der Verfassung.

Gibt es auch von Biden Signale, das Ergebnis anzufechten?

Nein. Sollte Biden die Wahl nach Auszählung aller Stimmen verlieren, dürfte er das Ergebnis wohl anerkennen. Auch Bidens Wahlkampfteam hat, wie das Team von Trump, eine regelrechte Armee von Rechtsanwälten zusammengestellt. Ziel ist es aber wohl weniger, die Wahl selbst anzufechten, sondern sich rechtlich auf eine Anfechtung der Wahl vorzubereiten, ebenso wie auf die vielen Klagen reagieren zu können, die Trumps Wahlkampfteam schon vor der Wahl gegen Briefwahlregelungen in den Bundesstaaten erhob.

Hat Trump auch politische Möglichkeiten, die Wahl noch für sich zu entscheiden?

Wahrscheinlich nicht. Im Vorfeld der Wahl wurde über folgende Option spekuliert: Die Verfassung setzt tatsächlich nicht fest, auf welche Art und Weise die Parlamente der Bundesstaaten die Wahlmänner und -frauen bestimmen. Es hat sich tradiert, dass die Staaten allgemeine Wahlen abhalten und dann die Wahlleute nach dem „Winner takes all“-Prinzip dem Gewinner zuschlagen (Ausnahmen sind Maine und Nebraska, die die Wahlleute zwischen den Kandidaten splitten). Sie sind aber theoretisch frei, sie auch anders zu bestimmen – etwa durch eine Abstimmung im Parlament. Theoretisch könnte also das Parlament eines Bundesstaates, in dem es eine republikanische Mehrheit gibt, sagen: Wir erkennen die allgemeine Wahl nicht an und benennen die Wahlleute. Ob das Bestand hätte – vor allem, wenn es nachträglich erklärt wird –, wäre fragwürdig. In Pennsylvania haben die Republikaner zum Beispiel die Mehrheit im Parlament, der Gouverneur allerdings ist ein Demokrat. Die Voraussetzung für ein solche Foulspiel wäre auch, dass Trump in der eigenen Partei genügend Unterstützung dafür hätte.

Wie groß ist die Gefahr von Unruhen?

In der Nacht von Dienstag auf Mittwoch ist es bereits in mehreren Städten zu Demonstrationen gekommen. Diese blieben überwiegend friedlich, teilweise kam es aber zu Auseinandersetzungen mit der Polizei und Festnahmen. Demonstriert wurde unter anderem in Washington D.C., Portland, Chicago und in Raleigh, North Carolina. Wie sich die Lage entwickelt – ob Trumps Unterstützer im Falle einer Niederlage auf die Straße gehen und wo, ist kaum vorherzusagen. Er hat sie dazu aufgefordert –, am Wahltag selbst aber blieb es vergleichsweise friedlich.

[Erläuterung zu unseren Zahlen zur US-Wahl: Bei den Wahlentscheidungen in den einzelnen Bundesstaaten nutzen die US-Medien unterschiedliche Berechnungsmodelle, bevor sie einen Call veröffentlichen, also die Wahlleute des Staates einem Kandidaten zurechnen. Je nach der Quelle, auf die sich aktuelle Grafiken und Karten beziehen, sind die Zahlen auch in den deutschen Medien unterschiedlich. Beim Tagesspiegel nutzen wir für unsere Live-Daten Angaben der Deutschen Presse-Agentur dpa, die sich wiederum auf Zahlen des US-Senders CNN stützt.]

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