Krise von Air Berlin: Für die Lufthansa ist der Weg frei
Deutschlands größte Fluggesellschaft könnte Teile der Flotte und auch Personal übernehmen. Die Verhandlungen laufen bereits.
Immer wieder hatte Lufthansa-Chef Carsten Spohr in den vergangenen Monaten sein großes Interesse an Air Berlin betont. Kaum war die Meldung über die Insolvenz am Dienstag raus, verkündete das Unternehmen, dass es bereits in Verhandlungen „über den Erwerb von Teilen der Air Berlin Gruppe“ stehe. Beobachter rechnen damit, dass dies schon in der nächsten Woche so weit sein könnte.
Dabei dürfte es um die Übernahme von Teilen der Flotte von Air Berlin gehen. Damit könnte sich die Lufthansa wichtige Start- und Landerechte sichern und Wettbewerber wie Ryanair auf Distanz halten. Zugleich würde die Lufthansa, wie sie am Dienstag betonte, auch Personal von Air Berlin übernehmen. Über Zahlen wollte ein Lufthansa-Sprecher am Dienstag noch keine Angaben machen. Nur so viel: „Lufthansa unterstützt gemeinsam mit der Bundesregierung die Restrukturierungsbemühungen der Fluggesellschaft.“ Die Industriegewerkschaft Luftverkehr forderte Lufthansa auf, dieser Verantwortung „schnell und fair“ nachzukommen.
Seit Monaten vorbereitet
Nach Angaben von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt gibt es keine Kartellprobleme, wenn Lufthansa nur Teile von Air Berlin übernimmt. Im Übrigen hätten auch andere Airlines Interesse an der insolventen Gesellschaft, vor allem den Start- und Landerechten. Die Verhandlungen seien weit fortgeschritten, vor allem mit der Lufthansa, sagt Dobrindt. Zu den Interessenten zählt angeblich unter anderem die britische Easyjet.
Die Lufthansa hatte sich seit Monaten auf diese Entwicklung vorbereitet. Mit Thomas Winkelmann steht seit Februar ein enger Vertrauter von Spohr an der Spitze von Air Berlin, der den Niedergang aber auch nicht stoppen konnte. Seit Anfang des Jahres hat die Lufthansa nach und nach 38 Jets von Air Berlin mitsamt Besatzung für ihre Töchter Eurowings und Austrian Airlines gemietet. 36 fliegen mittlerweile in den Farben der beiden Gesellschaften. Zudem kooperiert die Lufthansa mit Etihad, unter anderem durch mehrere Gemeinschaftsflüge zwischen Deutschland und dem Emirat am Arabischen Golf.
Rekordergebnis erwartet
Lufthansa kann sich eine Investition leisten. Im ersten Halbjahr hat die Airline ihren Betriebsgewinn auf mehr als eine Milliarde Euro verdoppelt und so viel erreicht wie nie zuvor in einem Halbjahr ihrer Geschichte. Zugleich konnten die Nettoschulden um mehr als 60 Prozent auf 1,1 Milliarden Euro heruntergefahren werden. Auch für das gesamte Jahr erwartet Spohr ein neues Rekordergebnis. Im Vergleich zu den wichtigsten europäischen Wettbewerbern wie Air France/KLM und der International Airlines Group mit British Airways und der spanischen Iberia steht die Lufthansa gut da. Auch auf den wichtigen Strecken nach Asien hat die Airline aufgeholt. Schärfster Konkurrent im Billigsegment in Europa ist und bleibt die irische Ryanair, die seit März mit ihren Maschinen vom Lufthansa-Heimatflughafen Frankfurt fliegt. Allerdings hält Lufthansa mit Eurowings nach Ansicht von Branchenexperten mittlerweile gut dagegen. Eurowings soll in diesem Jahr erstmals schwarze Zahlen liefern, ein Jahr früher als bislang erwartet.
Die Brussels Airline hat das Unternehmen im ersten Halbjahr bereits komplett übernommen. Neben Air Berlin gilt derzeit die schwer angeschlagene Alitalia als ein möglicher Übernahmekandidat. Während Ryanair bereits eine Offerte für Alitalia abgegeben hat, hält sich Lufthansa dort allerdings noch bedeckt.