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Kalifornier protestieren gegen das von US-Präsident Trump beschlossene Ende eines Programms zum Schutz von jungen Immigranten.
© Kevin Warn/dpa

Junge Migranten in den USA: Wer baut jetzt Houston wieder auf?

Jetzt wird der US-Präsident auch noch feige: Donald Trump will illegale Migranten abschieben, ohne die politische Verantwortung zu übernehmen. Ein Kommentar.

Hurrikan "Harvey" hat den Südwesten von Texas verwüstet. Besonders betroffen ist der Großraum Houston. Wer macht die Drecksarbeit bei sommerlichen Temperaturen von oft über 35 Grad Celsius: die stinkenden Überreste tagelanger Überschwemmung aus Häusern räumen, zerstörte Straßen reparieren mit heißem Asphalt?

US-Bürger, die dazu bereit sind, gibt es schon im normalen Alltag nicht in ausreichender Zahl. Erst recht in Ausnahmesituationen wie jetzt nach dem Hurrikan. Den Großteil dieser Arbeiten erledigen nach aller Erfahrung illegale Einwanderer aus Lateinamerika. So war das auch in New Orleans nach Hurrikan "Katrina". Die Illegalen haben eigene kleine Firmen oder sie verdingen sich gegen Stundenlohn bei US-Betrieben, was formal auch nicht legal ist, weil sie keine Arbeitserlaubnis haben, ja nicht einmal einen Aufenthaltstitel.

Deshalb wirkt es wie die sprichwörtliche Faust aufs Auge, dass Präsident Donald Trump gerade jetzt die Duldung der so genannten "Dreamer" beendet. So nennt man in den USA jene Illegalen, die als Kinder mit ihren Eltern ins Land kamen. Sie selbst haben sich nicht aktiv der illegalen Einreise schuldig gemacht. Deshalb hat Barack Obama für diese Gruppe eine Duldung angeordnet. Sie wachsen in den USA auf, gehen in die Schule, streben eine gute Berufsausbildung oder gar ein Studium an - kurzum: Sie leben den "amerikanischen Traum". Sie wollen sich ein gutes Leben aufbauen, ein besseres als in den Herkunftsländern ihrer Familie. Daher die Bezeichnung "Dreamer" in dem für die USA typischen Pathos. Trump beendet jetzt die von Obama verfügte Duldung. Damit erfüllt er ein Wahlkampfversprechen.

Trump könnte versuchen den Kongress zu erpressen

Auffallend aber ist: Trump bedient seine Basis, will keine Verantwortung für die Folgen dieser Entscheidung übernehmen. Dafür ist er zu feige. Er weiß, dass eine Mehrheit der US-Bürger die Duldung der "Dreamer" richtig findet. Also schickt Trump seinen Justizminister Jeff Sessions vor. Der verkündet und begründet das Aus für die "Dreamer". Und: Trump und Sessions tun so, als wollten sie doch nur eine Legalisierung eines illegalen Zustands ermöglichen. Sie geben dem Kongress sechs Monate Zeit, eine gesetzliche Lösung zu finden. Beide wissen: Es ist unwahrscheinlich, dass dies gelingt. Seit Jahren versucht das Parlament überparteiliche Kompromisse in den umstrittenen Einwanderungsfragen zu finden - bisher ohne Erfolg.

Wenn der Kongress in der Gnadenfrist keine Lösung für die "Dreamer" findet, wäscht Trump seine Hände in Unschuld. Sollte sich aber wider Erwarten ein Kompromiss abzeichnen, könnte Trump ein Erpressungsmanöver versuchen: Er würde seine Unterschrift unter so ein Gesetz davon abhängig machen, dass der Kongress das nötige Geld für die Mauer an der Grenze zu Mexiko bewilligt.

So weit ist es mit der Trump-Präsidentschaft gekommen: Er wagt es nicht einmal mehr, sich zu den Kernthemen seines Wahlkampfs zu bekennen. Er ist in der Defensive. Und lauert in seiner Not darauf, mit welchen Winkelzügen er seine Partei erpressen könnte, die ihm längst nicht mehr folgen will.

Christoph von Marschall

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