Immigration in den USA: Obama nennt Abschaffung von "Dreamer"-Programm "grausam"
US-Präsident Trump kippt ein Schutzprogramm für Kinder illegaler Einwanderer. Sein Vorgänger Obama kritisiert das in einem langen Facebook-Post auf das Schärfste.
Der frühere US-Präsident Barack Obama hat die von seinem Nachfolger Donald Trump beschlossene Beendigung des Schutzprogramms für Kinder illegaler Einwanderer - sogenannte "Dreamer" - scharf kritisiert. "Diese jungen Leute ins Visier zu nehmen, ist falsch - sie haben nichts Falsches gemacht", schrieb Obama in einer langen Stellungnahme bei Facebook. "Und es ist grausam."
Immigration sei ein umstrittenes Thema, schrieb Obama. Alle wollten sichere Grenzen und eine florierende Wirtschaft. "Aber darum geht es nicht bei der heutigen Entscheidung des Weißen Hauses", schrieb Obama weiter. "Hier geht es um junge Menschen, die in Amerika aufgewachsen sind - Kinder, die an unseren Schulen lernen, junge Erwachsene, die eine Karriere beginnen, Patrioten, die unserer Fahne Loyalität geschworen haben." Diese "Dreamers" seien Amerikaner im Herzen und im Denken.
Die jungen Menschen seien als Kinder von ihren Eltern in die USA gebracht worden. Viele hätten kein anderes Land kennengelernt und sprächen nur Englisch. Die Entscheidung Trumps schade Amerika, denn die "Dreamers" wollten ihren Beitrag leisten für "das Land, das wir lieben".
"Die heutige Entscheidung ist rechtlich nicht notwendig", schrieb Obama weiter. "Es ist eine politische Entscheidung und eine moralische Frage."
"Was immer Amerikaner auch für Bedenken und Beschwerden zu Einwanderung allgemein haben können: Wir sollten die Zukunft dieser jungen Leute nicht gefährden. Sie sind nicht aus eigenem Verschulden hier, sie sind keine Gefahr und nehmen keinem von uns etwas weg."
"Hier geht es letztlich ganz grundsätzlich um Anstand", schrieb Obama weiter. "Es geht darum, wer wir als Menschen sind - und wer wir sein wollen."
Obama hatte das Dekret zur Deferred Action for Childhood Arrivals (Daca) 2012 erlassen. Es gewährte Hunderttausenden Kindern ohne gültige Papiere ein Aufenthaltsrecht und schützte sie vor Abschiebung.
Trump folgt seinem Wahlversprechen
Trump hatte das Programm am Dienstag für beendet erklärt und gemäß seiner Devise "America first" damit begründet, dass "amerikanische Arbeiter" Vorrang haben müssten. "Unsere erste und höchste Priorität bei der Einwanderungsreform ist es, die Jobs, Gehälter und Sicherheit für amerikanische Arbeiter und ihre Familien zu verbessern", teilte Trump mit. "Wir sollten uns daran erinnern, dass auch die jungen Amerikaner Träume haben."
Von der Aufkündigung des Programms sind rund 800.000 junge Menschen betroffen. Sie haben eine Schonfrist von sechs Monaten: Bis zum 5. März 2018 hat der Kongress nun Zeit, eine neue gesetzliche Regelung für die Betroffenen zu finden, wie die amtierende Heimatschutzministerin Elaine Duke erklärte. Sollte der Kongress jedoch keinen Kompromiss finden, sind die Betroffenen illegal in den USA, sobald ihre Aufenthaltserlaubnis abgelaufen ist.
Protest in zahlreichen US-Städten
In vielen US-Städten gingen Menschen auf die Straße, um gegen Trumps Entscheidung zu demonstrieren. In Washington versammelten sich am Dienstag (Ortszeit) Hunderte Demonstranten vor dem Weißen Haus, noch bevor Justizminister Jeff Sessions die Entscheidung verkündete. In New York wurden 34 Menschen bei Sitz-Protesten in der Nähe des Trump Tower festgenommen, teilte die Polizei mit. Auch in Städten wie Denver, Los Angeles, San Francisco und Minneapolis protestierten Bürgerrechtler.
Trump habe lange gesagt, er liebe die "Dreamers," sagte Gustavo Torres von der Einwanderer-Organisation Casa der "Washington Post". "Er hat uns belogen." (mit AFP)
Kai Portmann