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Will in den Markt eingreifen. FDP-Chef Christian Lindner.
© IMAGO/Chris Emil Janßen
Update

Lindner für 30 bis 40 Cent Tankrabatt: „Wenn es nach mir geht, landen wir bei unter zwei Euro je Liter“

Die Finanzminister hat seine Tankrabatt-Pläne konkretisiert. SPD und Grüne halten diese für ungerecht und befürchten Missbrauch durch die Mineralölwirtschaft.

An die Selbstregulierungskräfte des Markts scheint FDP-Chef Christian Lindner nicht mehr zu glauben. Am Sonntagabend lancierte der Finanzminister über die „Bild“-Zeitung seine Pläne eines Tankrabatts.

Um die zuletzt rasant gestiegenen Benzin- und Diesel-Preise für Autofahrer auszugleichen, schlägt der Liberale vor, dass der Staat den Preis an der Tankstelle künstlich mit einem Rabatt senken soll. Eigentlich ein No-Go für die Liberalen, doch Kehrtwenden haben seit dem Beginn des Ukrainekriegs Konjunktur.

„Krisenrabatt Kraftstoffe“, nannte Lindner die Maßnahme am Montag bei einer Pressekonferenz. „Der Staat darf die Bürgerinnen und Bürger und die Wirtschaft mit steigenden Preisen nicht allein lassen“, sagte der Finanzminister und skizzierte seinen Vorschlag. Die Tankstellen würden weiterhin die eigentlichen Preise anzeigen. An der Kasse würden die Kunden wie die Inhaber einer Rabattkarte im Supermarkt automatisch einen Rabatt bekommen.

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Dafür wird der Staat ordentlich Geld in die Hand nehmen müssen. Ein Monat Entlastung um zehn Cent bei Diesel und Benzin koste 550 Millionen Euro Steuermittel, sagt Lindner. „Es wird, wenn es nach mir geht, mehr als zehn Cent und mehr als ein Monat sein müssen.“

Für Fahrzeughalter von E- oder Gas-Autos, für die die Preise zuletzt auch gestiegen sind, sei die Maßnahme nicht gedacht. „Dieser Vorschlag bezieht sich Kraft Natur der Sache nur auf diejenigen, die durch den gestiegenen Weltmarktpreis für Öl betroffen sind“, sagte Lindner, der ein Tempolimit zum Einsparen von Sprit weiter ablehnt.

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Im ZDF-„heute journal“ sagte der FDP-Chef am Montagabend auf die Frage, wie hoch die Chancen seien, dass er dies am Ende durchkriege: „Hoch“. Lindner sagte weiter: „Wir sollten uns an der Marke von zwei Euro orientieren, das sollte beim Beginn dieser Maßnahme der Orientierungspunkt sein.“

Man dürfe die Familien, die Pendler und die Gewerbetreibenden mit den stark steigenden Preisen nicht allein lassen. „Das ist nicht die einzige Entlastungsmaßnahme, die wir brauchen, aber es ist eine wichtige und dringliche.“

Ein „fixer Krisenrabatt“ könnte 30 oder 40 Cent betragen, sagte Lindner. Er sprach von einer zeitlich befristeten Maßnahme. Gegenüber der "Rheinischen Post" sprach Lindner von einem Zuschuss von 40 Cent pro Liter für drei Monate befristet. Das würde den Staat rund 6,6 Milliarden Euro kosten, sagte Lindner. Die konkrete Ausgestaltung sei in der Regierung aber noch offen. "Wenn es nach mir geht, landen wir mit dem Tankrabatt bei unter zwei Euro je Liter Diesel und Benzin."

Scharfe Kritik an den Plänen kommt von den Grünen. Schon am Sonntagabend kassierte Wirtschaftsminister Robert Habeck den Vorschlag öffentlich wieder ein. „Das kann man noch ein bisschen besser machen“, sagte der Grünen-Politiker im ARD-Talk „Anne Will“. Ein Tankrabatt führe nicht zu mehr Effizienz oder einem marktwirtschaftlichen Anreiz, weniger Benzin zu verbrauchen, kritisierte Habeck.

Grüne werben für Energiegeld

In seiner Partei wird nun für ein Energiegeld geworben, das an alle Bürger ausgezahlt würde. Damit habe jeder mehr auf dem Konto, die Ärmsten würden jedoch am meisten profitieren, sagte Grünen-Chefin Ricarda Lang am Montag: „Das Energiegeld hat sowohl eine Breitenwirkung, wie auch eine Zielwirkung und ist daher ein sinnvolles Instrument zur Entlastung.“

Auch der verkehrspolitische Sprecher der Grünen, Stefan Gelbhaar, hält Lindners Vorschlag für sozial nicht gerecht. „Spritgutscheine wären so leider nur teure Schaufenster-Politik. Profitieren würden prozentual vor allem Menschen mit großen Fahrzeugen“, sagte der Berliner Abgeordnete dem Tagesspiegel.

Vielmehr müssten Menschen motiviert werden, weniger Benzin zu verbrauchen und, wo möglich, auf Bus und Bahn umzusteigen. „Um Preiserhöhungen bei Bus- und Bahntickets zu vermeiden, muss entsprechend geprüft werden, ob der ÖPNV-Rettungsschirm hier greift“, sagte der Verkehrspolitiker.

Auch in der SPD, die vor allem für einen höheren Heizkostenzuschlag wirbt, kam Kritik an Lindners Plänen: „Wir wollen kein Förderprogramm für die Mineralölwirtschaft, sondern Bürgerinnen und Bürger bei den hohen Gas-, Strom- und Spritpreise unterstützen“, sagte der sozialpolitische Sprecher der Fraktion, Martin Rosemann, dem Tagesspiegel.

Doch nicht nur von Seiten der Koalitionspartner war am Montag Kritik an Lindners Tankrabatt zu vernehmen. Der Tankstellenverband ZTG teilte ungewöhnlich scharf mit: „Das wäre sprichwörtlich von hinten durch die Brust ins Auge geschossen“, sagte Geschäftsführer Jürgen Ziegner. Dabei geht es dem Verband vor allem um die Umsetzung: Ein an der Tankstelle gewährter Preisabzug sei der falsche Weg, und „hochbürokratisch“, betonte der Verband.

Preise, die viele Autofahrer schmerzen.
Preise, die viele Autofahrer schmerzen.
© Wolfram Steinberg/dpa

Immerhin, die Mehrheit der Deutschen scheint der FDP-Vorsitzende hinter sich zu haben. In einer repräsentativen Umfrage des Instituts Civey im Auftrag des Tagesspiegel sprachen sich 77 Prozent der Befragten für eine Spritpreisbremse aus, nur 15 Prozent lehnten diese ab. Für Lindner und die FDP ist das eine Chance zu punkten.

In knapp zwei Wochen wird im Saarland gewählt, wo die Liberalen bisher nicht im Parlament sitzen. Noch wichtiger für die Liberalen sind die Wahlen am 8. Mai in Schleswig-Holstein und am 15. Mai in Nordrhein-Westfalen. In beiden Ländern sitzt die FDP in der Regierung und möchte das auch bleiben.

Union will Senkung von 40 Cent

Der angesichts der Umfragen stark unter Druck stehende saarländische Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) hatte in einem Handyvideo vor einer Tankstelle bereits in der vergangenen Woche eine Spritpreisbremse gefordert und eine Bundesratsinitiative zur Senkung der Mehrwertsteuer angekündigt. Am Montag fordert der Vize-Fraktionschef der Union, Jens Spahn, gar eine Senkung von 40 Cent pro Liter durch Steuersenkungen.

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Dem erteilte die FDP-Spitze am Montag jedoch eine Abfuhr. „Eine Entlastung über eine Steuersenkung, wie sie die Union vorschlägt, dauert zu lange und bringt zu wenig“, sagte der Fraktionsvorsitzende der FDP, Christian Dürr, dieser Zeitung. Eine Steuersenkung müsste zunächst auf europäischer Ebene vereinbart werden und könnte nur rund 15 Cent Einsparung einbringen. Zu wenig, finden die Liberalen.

Geld für ein mögliches weiteres Entlastungspaket scheint jedenfalls vorhanden. „Wir werden das aus dem Haushalt finanzieren“, sagte Lindner. In einer Präsentation des Finanzministeriums für die Haushaltsaufstellung, die dem Tagesspiegel vorliegt, heißt es: „Es ist absehbar, dass der Krieg in der Ukraine die wirtschaftliche Dynamik in Deutschland beeinflussen wird.“ Man werde dafür einen „Ergänzungshaushalt“ einbringen.

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