Referendum in Schottland: Was die Anhänger der Unabhängigkeit versprechen
Die Versprechungen der schottischen Nationalisten klingen emotional und staatstragend - aber vieles bleibt vage. Klar ist aber: Bei einem Nein wird es so bald keine neue Abstimmung geben.
Was die Scottish National Party mit Alex Salmond an der Spitze für den Fall der Unabhängigkeit verspricht, klingt so emotional wie staatstragend – und lässt in keinen Rückschluss auf allerlei ungeklärte Detailfragen zu. „Wählen wir Ja, halten wir die Zukunft Schottlands in unseren eigenen Händen. Wählen wir Nein, stehen wir still.“ So steht es am Anfang des 670 Seiten dicken Buches, das die schottische Regierung Ende 2013 herausgegeben hat. Zehn Kapitel skizzieren eine mögliche Zukunft. Der Plan der Unabhängigkeitsbefürworter ist ambitioniert – und vage. Wichtige Fragen sind ungeklärt und dürften es auf absehbare Zeit auch bleiben.
Welche Währung ein unabhängiges Schottland haben sollte zum Beispiel. Oder wie England und Schottland die gemeinsamen britischen Schulden unter sich aufteilen sollten. Auch ob Schottland so einfach Mitglied der Europäischen Union bleiben kann, wird seit Wochen und Monaten viel diskutiert. In der Bevölkerung, vor allem aber in den Wirtschaftsteilen und Kommentarspalten der Zeitungen. Grundsätzlich müsste die Regierung in Edinburgh das Datum der tatsächlichen Unabhängigkeit abwarten, bevor sie sich offiziell um eine EU-Mitgliedschaft bewerben darf. Der Aufnahmeprozess könnte allerdings mehrere Jahre dauern und erfordert die Zustimmung aller Mitgliedsstaaten. Dass Schottland die ohne weiteres bekommen wird, daran bestehen Zweifel.
Atomwaffen weg?
Salmonds Wunsch, Atomwaffen von schottischem Gebiet zu entfernen, findet zwar viel Zustimmung in der Bevölkerung, dürfte aber ebenfalls alles andere als leicht und schnell zu bewerkstelligen sein. Die britischen Atom-U-Boote liegen – bislang – im Firth of Clyde, nahe Glasgow. Im „Handbuch für ein unabhängiges Schottland“ heißt es, die atomare Bewaffnung der U-Boote solle innerhalb der ersten Legislaturperiode der neuen Regierung aus dem Land geschafft werden. Gewählt werden soll die am 5. Mai 2016. Seine Energieversorgung will Schottland schon vorher gesichert haben. Ganz egal, ob es einer künftigen Regierung gelingen kann, den Großteil der Gewinne aus der Ölförderung für sich zu beanspruchen oder nicht, plant das Land den Ausbau erneuerbarer Energien (die jetzt schon 40 Prozent ausmachen), vor allem der bereits viel genutzten Windkraft. Bis zum Jahr 2015 sollen es 50 Prozent sein. Tatsächlich produziert Schottland insgesamt schon jetzt mehr Energie, als es selber braucht.
Weil in einem unabhängigen Schottland die Regierung über die Energiepreise entscheiden soll und nicht die Konzerne, wie bislang im Vereinigten Königreich üblich, könnte der Strom für Schotten billiger werden. Der Bevölkerung jedenfalls sichert die Regierung bis zu 70 Pfund Ersparnis pro Jahr zu. Zum Wohle der Einwohner sollen im Fall der Unabhängigkeit auch das Steuer- und Sozialsystem reformiert werden. Vor allem soll das Parlament in Westminster in diesen Belangen nichts mehr zu sagen haben, Gemeinschaft soll wieder etwas zählen.
Nur einmal in einer Generation
Was aber, wenn die Schotten am 18. September mehrheitlich mit Nein stimmen? Wird es ein neues Referendum geben? Auf der Webseite der schottischen Regierung wird diese Frage mit einem eindeutigen Nein beantwortet. Das „Abkommen von Edinburgh“, mit dem das nun stattfindende Referendum eingeleitet wurde, sieht keine weitere Befragung der Bevölkerung in dieser Angelegenheit vor. „Es ist die Meinung der derzeitigen schottischen Regierung, dass ein Referendum eine Möglichkeit ist, die einer Generation nur einmal gegeben ist“, heißt es auf der Seite.
ür den Fall, dass die Abstimmung verloren geht, weiß auch das Handbuch keinen Rat: Weder die Regierung in London noch die Kampagne gegen die Unabhängigkeit hätten konkrete Vorschläge gemacht, wie das schottische Parlament unter Kontrolle Westminsters künftig zu weiteren Befugnissen kommen könne. Der Stichtag für die Unabhängigkeit Schottlands soll der 24. März 2016 sein, der 309. Jahrestag des Act of Union von 1707, mit dem das Königreich überhaupt erst ein vereinigtes britisches wurde. Bis dahin wäre noch einiges zu tun. SNP-Chef Salmond aber ist sicher: Das Land wird vorbereitet sein.