Saudi-Arabien geht auf den Iran zu: Warum der Prinz den Mullahs die Hand reicht
Saudi-Arabien und der Iran sind seit Langem Erzfeinde. Doch jetzt kommt Kronprinz bin Salman dem Rivalen entgegen. Was steckt hinter dem Kurswechsel?
Seit der islamischen Revolution und den Sturz des Schahs vor mehr als 40 Jahren sind der Iran und Saudi-Arabien Todfeinde. Sie ringen um die Vorherrschaft in der islamischen Welt und liefern sich Stellvertreterkriege. Gemessen an dem iranischen Revolutionsführer Ali Chamenei sei selbst Adolf Hitler ein Waisenknabe gewesen, sagte der saudische Thronfolger Mohammed bin Salman einmal.
Doch jetzt entdeckt Salman plötzlich Sympathien für den Rivalen am Golf. Er wolle gute Beziehungen zu Teheran und wünsche sich einen wohlhabenden Nachbarn, sagte er im saudischen Fernsehen. Der Sinneswandel hat einen Grund: Die Aussicht auf einen Rückzug der Schutzmacht USA aus Nahost zwingt den Kronprinzen zum Kurswechsel.
Irans Führung begrüßte jetzt bin Salmans Äußerungen. Beide Länder könnten ein neues Kapitel der Zusammenarbeit aufschlagen, sagte Außenamtssprecher Saaed Chatibzadeh. Über Nacht werden sich die Differenzen zwischen dem sunnitischen Saudi-Arabien und dem schiitischen Iran aber nicht überwinden lassen, zu tief reicht ihre Feindschaft.
Der Krieg im Jemen ist für die Saudis ein Dabakel
Der Erzfeind habe es auf die heiligen Städte Mekka und Medina in Saudi-Arabien abgesehen, erklärte bin Salman 2017. Sein Land werde es aber nicht auf einen iranischen Angriff ankommen lassen, sondern den Krieg nach Iran tragen. Mit Unterstützung des früheren US-Präsidenten Donald Trump schmiedete der Prinz ein Nahost-Bündnis gegen Teheran.
Doch nun ist dem saudischen Thronfolger die Streitlust vergangen. Der Krieg gegen die vom Iran unterstützten Huthi-Rebellen im Jemen, den bin Salman 2015 anzettelte, ist für die Saudis nicht zu gewinnen.
Die Huthis marschieren auf die strategisch wichtige Stadt Marib zu und greifen saudische Städte und Ölanlagen mit Raketen und Drohnen an. Die neue US-Regierung will den Feldzug nicht mehr militärisch unterstützen. Gegen den Willen der Iraner wird der Krieg nicht enden, bessere Beziehungen zu Teheran wären für Riad also wichtig.
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Vertreter beider Regierungen, die seit fünf Jahren keine diplomatischen Beziehungen miteinander mehr haben, kamen nach Vermittlung durch die irakische Führung Anfang des Monats in Bagdad zusammen und sprachen dabei über den Krieg im Jemen.
Die Wende in der amerikanischen Nahost-Politik seit dem Amtsantritt von Joe Biden zwingt Saudi-Arabien ebenfalls zu Zugeständnissen. Der US-Präsident verhandelt mit dem Iran über eine Wiederbelebung des Atomabkommens von 2015 – gegen den Willen der Saudis. In seinem Fernsehinterview spielte bin Salman die Differenzen mit den USA herunter. Sein Land und Amerika seien sich bei 90 Prozent der Themen einig.
Schutzmacht Amerika? Das könnte bald vorbei sein
Auf mittlere Sicht wollen die USA weitere Truppen aus dem Nahen Osten abziehen und sich auf die Rivalität mit China konzentrieren. Saudi-Arabien wird sich also nicht ewig auf den Schutz der Amerikaner verlassen können.
Bisher hätten Länder wie Saudi-Arabien es den USA überlassen, die Probleme der Region zu lösen, sagt Nahost-Experte Trita Parsi von der US-Denkfabrik Quincy Institute. Unter Amerikas Schutzschirm hätten die Saudis auf Konfrontation mit dem Iran gesetzt. Nun könne das Königshaus nicht mehr sicher sein, dass dieser Schutzschirm aufgespannt bleibe. Deshalb sei „plötzlich die regionale Diplomatie zur Lieblingsoption“ geworden.
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Dennoch bereiten sich die Saudis auch darauf vor, dass der Versöhnungsversuch am gegenseitigen Misstrauen scheitert. Und da kommt Israel ins Spiel. Die Golfmonarchie lehnt zwar offiziell jede Kooperation mit dem jüdischen Staat ab. Aber es ist kein Geheimnis, dass es Gespräche zwischen Riad und Jerusalem gibt, wie man die Iraner in die Schranken weisen könnte.
Erst vor wenigen Monaten soll Premier Benjamin Netanjahu bin Salman in Saudi-Arabien getroffen haben. Doch solange dessen Vater, König Salman, noch herrscht, ist es für seinen Sohn nicht opportun, die Kontakte zu Israel offenzulegen.