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Hier entlang. Israels Premier Netanjahu, hier mit US-Verteidigungsminister Austin, hält an seinem Anti-Iran-Kurs fest.
© Menahem Kahana/Pool AFP/AP/dpa

Angriff auf iranische Atomanlage Natans: Israels Attacken – ein Affront gegen Joe Biden?

Israel will mit allen Mitteln verhindern, dass der Iran eine Atombombe besitzt. Doch der Schattenkrieg ist für Jerusalem heikler geworden. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Dr. Christian Böhme

Für Israel ist die Sache klar. Der jüdische Staat wird nicht tatenlos zuschauen, wie der Iran sein Nuklearprogramm vorantreibt. Denn das Land fühlt sich existenziell bedroht. Also tut es alles, um Teheran auf eigene Faust vom möglichen Besitz einer Atombombe abzuhalten oder zumindest diesen Zeitpunkt hinauszuzögern.

Die Cyber-Attacke auf die Anlage zur Urananreicherung in Natans trägt denn auch die Handschrift des Mossads. Und die Sabotage des Geheimdienstes hat eine klare Botschaft: Wir können jederzeit an jedem Ort zuschlagen! Schon seit Jahren hintertreibt Jerusalem ganz gezielt die Versuche des Iran, aufzurüsten und seinen Einfluss in der Region auszuweiten.

Mal werden Teherans Stellungen in Syrien bombardiert, mal iranische Schiffe beschädigt, mal gibt es Angriffe auf die Infrastruktur des Erzfeindes. Der wiederum rächt sich mit ähnlichen Mitteln. Das alles ist Teil eines Schattenkrieges. Doch für Israel ist die Sache heikler als noch vor ein paar Monaten.

Zentrifugen in der Urananreicherungsanlage Natans.
Zentrifugen in der Urananreicherungsanlage Natans.
© dpa/Atomic Energy Organization of Iran/AP

Unter US-Präsident Donald Trump hatte Jerusalem carte blanche. Sein Amtsnachfolger Joe Biden aber möchte den Atomdeal wiederbeleben, will verhandeln statt provozieren. Er dürfte Israels Attacken als kontraproduktiv empfinden, wenn nicht gar als Affront. Und das kann nicht im Interesse Jerusalems sein.

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Selbst wenn Amerikas neue Führung ihren unverbrüchlichen Bund zum jüdischen Staat wortreich bekundet - um die bilateralen Beziehungen war es schon mal besser bestellt. Was nicht nur in Sachen Iran deutlich wird, sondern auch bei den Belangen der Palästinenser.

150 Millionen Dollar für palästinensische Flüchtlinge

Joe Biden hat mehrfach betont, dass er auf eine Zweistaatenlösung drängen werde. Und er hat angekündigt, die Palästinenser - anders als sein Vorgänger - wieder finanziell unterstützen zu wollen. Allein das UN-Hilfswerk für Palästinaflüchtlinge soll einen Betrag von 150 Millionen Dollar erhalten.

Politisch noch schwerer dürfte wiegen, dass Washington beim Nahostkonflikt eine andere Sprache spricht. Erst vor einigen Tagen betonte die US-Regierung, sie stufe künftig das Westjordanland als "besetzt" ein. Unter der Trump-Administration tauchte dieser Begriff nicht auf.

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Netanjahu wird sich an diesen Signalen stören. Aber er kann es sich zugleich nicht leisten, mir Amerika den wichtigsten Verbündeten zu verprellen. Einerseits. Andererseits hat er auch Barack Obama überstanden. Und der war Netanjahu nun wahrlich nicht wohl gesonnen.

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