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Armin Laschet (CDU), Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, spricht auf einer Pressekonferenz.
© Federico Gambarini/dpa

AKK geht – aber wer folgt?: Warum Armin Laschet jetzt die besten Chancen hat

AKK schmeißt das Handtuch. Das war unvermeidbar. Die politischen Verwerfungen in Berlin werden wohl weitergehen. Eine Analyse.

Einen solchen Druck entfacht der Tabubruch von Thüringen – das haben sich die Kemmerichs und Lindners und Mohrings wohl nicht so vorgestellt. Aber jetzt gerät alles in Bewegung, vom Land bis in den Bund, und wer weiß, was am Ende des Tages vom Bekannten noch übrig ist.

Die CDU verliert schon mal ihre Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer. Sie hat derart unglücklich agiert und taktiert, dass ihr selbst klargeworden sein muss: bis hierher und nicht weiter. Wer in fünf Stunden in der Landtagsfraktion in Erfurt nicht zu überzeugen vermag, der hat verloren. Sie hat es eingesehen.

Doch nun beginnt eine tektonische Verschiebung ihresgleichen. Denn keiner, der jetzt kommt – ein Mann wird es sein, das steht fest – will noch einmal unter der heimlichen und unheimlichen Chefin Angela Merkel arbeiten. Ein Problem der AKK war ja auch genau das. Hinzu kommt, dass Merkel mit ihrem Handeln der CDU Schaden zugefügt hat. Aus Sicht der CDU.

Annegret Kramp-Karrenbauer im Juni 2019 – damals galt sie noch als Merkel Nachfolgerin.
Annegret Kramp-Karrenbauer im Juni 2019 – damals galt sie noch als Merkel Nachfolgerin.
© John MACDOUGALL / AFP

Den Ostbeauftragten der Regierung abzulösen, Christian Hirte aus Thüringen, wird in Thüringen eine weitere Gegenreaktion herbeiführen: vielleicht wird Hirte sogar nach Mike Mohring der nächste CDU-Landesvorsitzende. Auch die Beschlüsse im Koalitionsausschuss des Bundes mit der SPD, was die Thüringer zu tun hätten, haben manche in der Union eher an einen selbsternannten Wächterrat erinnert, mit Merkel an der Spitze. Der Koalitionsausschuss ist ja kein Verfassungsorgan, geriert sich nur als solches. Was auch wieder ein Fehler ist. Oder war.

Nach AKK-Rückzug: Ist Lindner der nächste?

Und so spitzt sie sich zu, die strategische Lage, immer weiter. Denn die FDP ist lange nicht gerettet, ihr Vorsitzender Christian Lindner auch nicht, allen Treuebekundungen zum Trotz. Zwei riesige strategische Fehler – Jamaika/Kemmerich – sind einer zu viel. Mit riesigen Folgen.

[Rückzug von AKK - verfolgen Sie alle Entwicklungen in unserem Liveblog]

Die Umfragen sagen nämlich schon, dass die FDP nicht nur in Hamburg bei der anstehenden Wahl gefährdet ist, sondern nun beim nächsten Mal auch wieder aus dem Bundestag fliegen kann. Was das bedeuten würde? Grün-Rot-Rot marschiert auf eine Mehrheit zu: Bekommt die Union nur wenig mehr als 20 Prozent, reichen schon um die 45 Prozent für eine Mehrheit im Bundestag. Für Grün-Rot-Rot mit 20+15+14 allemal.

Das weiß die CDU. Wissen alle in der Spitze, schon gar die, die Macht erhalten wollen. Denn die CDU allein, ohne die CSU, dümpelt um die 20 Prozent, auch nicht viel besser als die SPD. Und darum geht es jetzt: Wer macht’s.

AKK geht – kommt jetzt Armin Laschet?

Nach Lage der Dinge: der Vorsitzende des mitgliederstärksten Landesverbandes der CDU, dem in Nordrhein-Westfalen. Nein, nicht Friedrich Merz, nein, nicht Jens Spahn, die sind nur Mitglieder da - Armin Laschet! Er, noch dazu Ministerpräsident des Bundeslandes, das für sich gesehen der 16. größten Industriestaat der Welt ist, muss dann aber die „AKK-Falle“ vermeiden.

Das ist gerade zu verhandeln: die Nachfolge für Laschet in NRW, die dann zweieinhalb Jahre hat, sich zu bewähren; mit einem Widerstand von Koalitionspartner FDP ist nicht zu rechnen, so wie er dasteht. Und die Übernahme der Kanzlerschaft neben dem CDU-Bundesparteivorsitz.

Die Wahl von Laschet im Bundestag ist verfassungsrechtlich möglich. Kurt-Georg Kiesinger war nicht Mitglied im Bundestag, sondern Stuttgarter Ministerpräsident und wurde doch in Bonn der Chef, Kanzler, der ersten Groko. Merkels Hauptargument für ihren Verbleib – Stabilität angesichts der anstehenden europäischen Ratspräsidentschaft – ist keines gegen Laschet. Der ist in der Wolle gefärbter Europäer, hat lange genug im Europa-Parlament gesessen, kommt aus der Euro-Region Aachen.

Bleibt die SPD. Wenn sie den Wechsel nicht wollte, müsste sie Neuwahlen wollen. Sagen wir so: Das ist als Argument eher schwach. Es sei denn, man findet, zwölf Prozent seien auch schon ein schönes Ergebnis. Mal sehen, ob Angela Merkel dazu auch etwas einfällt.

AKK: Ihre Stationen als Parteichefin

  • Am 29. Oktober 2018 kündigt Angela Merkel an, nicht erneut als CDU-Chefin anzutreten. Annegret Kramp-Karrenbauer, zu diesem Zeitpunkt seit gerade acht Monaten CDU-Generalsekretärin, meldet ihre Kandidatur an.
  • Beim Bundesparteitag in Hamburg am 7. Dezember 2018 setzt sich Kramp-Karrenbauer im zweiten Wahlgang knapp gegen ihren Konkurrenten Friedrich Merz durch.
  • Eine ihrer ersten größeren Amtshandlungen als Parteichefin ist im Januar 2019 das Werkstattgespräch zur Migrationspolitik. Dabei geht es vor allem um die künftige Flüchtlingspolitik der Union
  • Im Juli fällt der Beschluss, dass die bisherige Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen neue EU-Kommissionschefin werden soll. Annegret Kramp-Karrenbauer wird – obwohl sie ein Regierungsamt zunächst ausgeschlossen hatte - am 17. Juli 2019 zur Verteidigungsministerin ernannt.
  • In den Bundesparteitag 2019 in Leipzig im November geht AKK bereits sehr angeschlagen. Sie kann ihre Kritiker aber kurzfristig zum Schweigen bringen, indem sie direkt die Machtfrage stellt.
  • Nach der Wahl des FDP-Politikers Thomas Kemmerich zum Ministerpräsidenten von Thüringen mit den Stimmen der CDU und der AfD steht Kramp-Karrenbauer zunehmend als machtlos in der Partei da. Am 10. Februar erklärt sie sowohl ihren Verzicht auf die Kanzlerkandidatur als auch auf den Parteivorsitz.

Stephan-Andreas Casdorff

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