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Die Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht.
© imago images/Jürgen Heinrich
Update

Linke kritisieren Auftritt bei „Anne Will“: „Wagenknecht verbreitet Impfmythen“

Die Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht trat bei „Anne Will“ als Impfskeptikerin auf. Abgeordnete und die Parteichefin distanzieren sich deutlich.

Impfungen schützen nicht verlässlich vor Corona-Infektionen. Nebenwirkungen lassen sich nicht abschätzen. Solche Zweifel halten viele Menschen in Deutschland davon ab, sich gegen das Coronavirus impfen zu lassen.

Etwa auch die Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht, die am Sonntagabend bei der ARD-Sendung „Anne Will“ im Studio saß. „Wer sich impfen lässt, schützt als erstes sich selbst“, sagte Wagenknecht. „Auch wer geimpft ist, kann andere anstecken.“ Die Impfung sei eine individuelle Entscheidung. Sie selbst sei nicht geimpft.

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Auch mögliche Nebenwirkungen würden ihr Sorgen machen, erklärte Wagenknecht. Schließlich seien die mRNA-Impfstoffe neu und Langzeitfolgen nicht ausgeschlossen. Nur ältere Menschen und Risikogruppen sollten sich ihrer Meinung nach auf jeden Fall impfen lassen, da das Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf sehr hoch sei. Ihr 78-jähriger Ehemann Oskar Lafontaine sei deshalb geimpft.

Verschiedene Fraktions- und Vorstandsmitglieder der Linken kritisierten Wagenknechts Äußerungen bei Twitter. Die Abgeordnete Kathrin Vogler warf ihr vor, „Impfmythen“ zu verbreiten und Impfangst zu schüren. Vorstandsmitglied Katrin Lompscher schrieb: „Wagenknecht bei Anne Will spricht nicht in meinen Namen und schon gar nicht für die Linke.“

Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach, ebenfalls Talk-Gast, widersprach Wagenknecht in der Sendung immer wieder, versuchte mit Fakten ihre Äußerungen zu entkräften. Und war dabei sichtlich verärgert.

„Das ist doch eine Räuberpistole“, warf er Wagenknecht vor, als diese den Haftungsausschluss der Hersteller als Hinweis auf das Risiko für Nebenwirkungen interpretierte. Für Nebenwirkungen hafte der Staat immer, wenn er Empfehlungen für eine Impfung ausspreche. Das sei Standard.

Auch bezeichnete er Wagenknechts Aussage „Geimpfte haben die gleiche Viruslast wie Ungeimpfte, wenn sie infiziert sind“ als missverständlich. Die ersten sechs Monate nach der Immunisierung habe ein Geimpfter zunächst ein sehr viel geringeres Risiko, sich zu infizieren. „Wenn er sich doch infiziert, hat er eine ähnlich hohe Viruslast, aber diese Viren sind nicht so lebendig, also weniger ansteckend“, sagte Lauterbach.

Außerdem sei die Person nur drei statt sieben Tage infektiös. Das alles mache einen großen Unterschied. „Sie schützen nicht nur sich, sondern auch andere.“

Auch sogenannte Langzeitfolgen gebe es nicht, so Lauterbach. „Es ist noch nie so gewesen, dass eine Nebenwirkung spät aufgetreten ist. Wenn dann sind die Nebenwirkungen nur sehr selten und wir sehen sie erst, wenn sehr viele geimpft sind.“

Zudem sei die Technologie der Vektor-Impfstoffe nicht neu. Und auch die mRNA-Impfstoffe seien mittlerweile Millionen mal verimpft worden. Durch die intensive Forschung und Studien wisse man mittlerweile sehr viel über sie.

Linken-Chefin: „Werde Sahra Wagenknecht nicht mehr erklären“

Linken-Chefin Susanne Hennig-Wellsow distanzierte sich nach der Sendung von Wagenknechts Äußerungen. Die Haltung der Linken sei sehr klar. Es gebe die Beschlusslage, dass Impfkampagnen unterstützt würden, sagte Hennig-Wellsow am Montag in Berlin. „Sahra Wagenknecht ist Bundestagabgeordnete und hat keine führende Rolle oder keine demokratisch legitimierte Rolle im Bundesverband“, sagte sie auf die Frage nach der Position der Linken zum Thema. Die Parteivorsitzenden sprächen für den Bundesverband und die Fraktionschefs für die Fraktion. Impfen sei auch die Verantwortung, andere zu schützen. „Insofern ist es nicht banal, das Impfen abzulehnen oder vom Impfen abzuhalten.“ Für die Linke sei es notwendig, für das Impfen zu werben.

Sie und ihre Co-Vorsitzende Janine Wissler seien „eher die Fraktion Vorsicht und Solidarität“. „Ich kann und werde Sahra Wagenknecht nicht mehr erklären“, sagte Hennig-Wellsow.

Wagenknecht hatte in der Vergangenheit immer wieder innerhalb der Partei provoziert. Fraktionschef Dietmar Bartsch schrieb auf Twitter, er werbe weiterhin „nachdrücklich dafür, sich gegen Covid19 impfen zu lassen“, auch aus Gründen der Solidarität. (mit dpa)

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