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Das Kriegsschiff "HMS Montrose" musste nach britischer Darstellung eingreifen.
© AFP

Tankerzwischenfall im Persischen Golf: Von dem Zwischenfall profitieren die Hardliner im Iran und in den USA

Iranische Schiffe sollen einen britischen Öltanker bedrängt haben. Teheran bestreitet das – doch für Europa wird es schwieriger, in dem Konflikt zu vermitteln.

Viele Freunde hat der Iran auf der internationalen Bühne ohnehin nicht – jetzt bringt Teheran auch noch die verbliebenen Partner in Europa gegen sich auf. Großbritannien, einer der europäischen Unterstützer des internationalen Atomabkommens, musste am Donnerstag nach eigenen Angaben mit dem Einsatz eines Kriegsschiffes den Versuch der Iraner verhindern, einen britischen Öltanker in der Straße von Hormus vom Kurs abzubringen.

Die Provokation erschwert es der EU, einen Ausweg aus dem Konflikt zwischen dem Iran und den USA zu finden.

Auf der engen Wasserstraße am Eingang zum Persischen Golf, einem Nadelöhr für rund 20 Prozent des gesamten Welthandels mit Öl, wurde der britische Tanker „British Heritage“ nach britischen Regierungsangaben von drei iranischen Schiffen bedrängt. Das britische Kriegsschiff „Montrose“, das den Tanker begleitete, schob sich demnach zwischen den Öltanker und die iranischen Schiffe, die daraufhin abdrehten. Die Revolutionsgarden erklärten in Teheran, es habe keine Konfrontation gegeben.

Bruch der EU-Sanktionen?

Der mutmaßliche Angriff auf den Öltanker könnte eine Retourkutsche der Islamischen Republik dafür gewesen sein, dass britische Soldaten vor einer Woche bei Gibraltar einen iranischen Tanker aufbrachten. Das Schiff soll auf dem Weg nach Syrien gewesen sein, was einen Bruch von EU-Sanktionen bedeuten würde. Der Iran hatte Großbritannien daraufhin mit Konsequenzen gedroht. Dessen ungeachtet wurden am Donnerstag der Kapitän und ein Offizier festgenommen.

Bei dem Streit mit Großbritannien spielt für die Islamische Republik auch die Geschichte eine Rolle. London und Washington organisierten 1953 einen Putsch gegen den damaligen Ministerpräsidenten Mohammed Mossadegh. Das haben die Iraner beiden Ländern bis heute nicht verziehen.

Amerika will Bündnis gegen Teheran schmieden

Der britische Ölkonzern BP, in dessen Auftrag der am Donnerstag bedrängte Tanker unterwegs war, ist aus der früheren „Anglo-Iranian Oil Company“ hervorgegangen, die von Mossadegh aus dem Land geworfen wurde und nach dessen Sturz nach Iran zurückkehrte.

Schon vor der jüngsten Eskalation war die Lage am Persischen Golf gespannt. In den vergangenen Monaten waren mehrere Öltanker mit Haftminen angegriffen worden. Der Iran hatte vor einigen Wochen eine amerikanische Drohne abgeschossen. Zur Sicherung der Öltransporte durch den Golf und durch das Rote Meer wollen die USA jetzt eine internationale Allianz aus Marine-Verbänden befreundeter Staaten bilden. In einigen Wochen soll feststehen, welche Staaten sich an dem Bündnis beteiligen.

Irans Revolutionsgarden erklärten, es habe keinen Vorfall gegeben.
Irans Revolutionsgarden erklärten, es habe keinen Vorfall gegeben.
© Ebrahim Noroozi/AP/dpa

Der Tanker-Streit mit Großbritannien könnte in Europa die Unterstützung für den Iran in der Auseinandersetzung mit den USA bröckeln lassen. Mit absichtlichen Verstößen gegen Vorschriften des Atomvertrags von 2015 zur Uran-Anreicherung versucht Teheran, die europäischen Vertragspartner – Deutschland, Frankreich, Großbritannien und die EU – zu wirksamen Maßnahmen gegen die US-Sanktionen zu bewegen. Die Europäer wollen das Abkommen trotz des US-Ausstiegs erhalten. Teherans Führung verlangt aber, dass Europa das Land für die Verluste „entschädigt“, die durch Amerikas Strafmaßnahmen entstanden sind.

Hilf- und machtlose Europäer

Washington wiederum will möglichst alle iranischen Ölexporte unterbinden, um den Iran zu Verhandlungen über sein Nuklearprogramm zu zwingen. Deshalb drohen die USA allen Ländern mit Strafen, die Öl vom Iran kaufen. Bisher haben die Europäer keinen Weg gefunden, Washingtons Strafandrohungen zu umgehen.

Natürlich habe der Iran angesichts Amerikas Verhaltens allen Grund, frustriert zu sein, sagt Amanda Paul, Expertin für europäische Außenpolitik bei der Brüsseler Denkfabrik European Policy Centre. Allerdings werde es für die Europäer bei weiteren Verstößen Teherans gegen das Abkommen immer schwerer, an der Vereinbarung festzuhalten. „Im schlimmsten Fall könnte dies zur Wiedereinführung aller Sanktionen – also auch jener der Vereinten Nationen und der EU – sowie einer schärferen Konfrontation zwischen dem Iran und der internationalen Gemeinschaft führen“, sagt Paul.

John Bolton gilt als Scharfmacher in der Trump-Administration.
John Bolton gilt als Scharfmacher in der Trump-Administration.
© Alex Edelman/imago images /UPI Photo

Nutznießer der Spannungen sind Hardliner in den USA und im Iran. So bestärkt jede Attacke, die auf Teherans Konto geht, jene Kräfte in Washington, die für einen harten Kurs plädieren. Nach Überzeugung von Donald Trumps Sicherheitsberater John Bolton muss es eine militärische Antwort auf solche Provokationen geben. Er hat mehrfach für einen Krieg plädiert – den der US-Präsident jedoch gerne vermeiden möchte.

Für Irans Ultras ist der Atomdeal eine Schmach

Allerdings dürfte mit jeder Attacke Trumps Handlungsspielraum geringer werden. Das heißt, er wird reagieren müssen, um nicht als Zauderer dazustehen. Das wissen die Ultras im Iran ganz genau. Sie sehen im Atomabkommen eine nationale Schmach und wollen sich dem Druck Amerikas keinesfalls beugen.

Es ist daher nicht ausgeschlossen, dass Gruppen wie die Revolutionsgarden es darauf anlegen, einen US-Militärschlag zu provozieren. Die moderateren Kräfte um Präsident Hassan Ruhani scheinen immer mehr ins Hintertreffen zu geraten.

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