Deutsch-französischer Vertrag: Vive la Freundschaft
Merkel und Macron wollen in diesem Jahr einen neuen deutsch-französischen Vertrag abstimmen. Dabei sollen die Beziehungen weiter ausgebaut werden - unter anderem in der Verteidigungspolitik.
Wenn zwei alte Freunde ihre Partnerschaft wiederbeleben wollen, kehren sie manchmal an den Ort zurück, wo alles begann. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron wählten also den Salon Murat im Elysée-Palast, um in einer am Sonntag verbreiteten gemeinsamen Videobotschaft ein Bekenntnis zur Erneuerung des deutsch-französischen Freundschaftsvertrages aus dem Jahr 1963 abzugeben. In diesem Salon hatten seinerzeit Konrad Adenauer und Charles de Gaulle den Elysée-Vertrag unterzeichnet – ein wichtiges Datum in der europäischen Nachkriegsgeschichte, das sich an diesem Montag zum 55. Mal jährt. Macrons Aufruf an Schüler, Auszubildende und Studenten aus beiden Ländern, die Sprache auf der jeweils anderen Rheinseite zu lernen, folgte ein zweisprachiger Appell. „Vive l’amitié franco-allemande“, sagte Merkel. „Es lebe die deutsch-französische Freundschaft“, erklärte Macron.
Feierstunden in Berlin und Paris
An diesem Montag werden mehrere Dutzend Abgeordnete der Nationalversammlung in Berlin erwartet, wo die französische Delegation an einer Sondersitzung des Bundestags zum 55. Jahrestag des Elysée-Vertrages teilnimmt. Nach einer Rede des französischen Parlamentspräsidenten François de Rugy im Bundestag stattet Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) mit einer Parlamentarierdelegation am Nachmittag den Gegenbesuch in Paris ab und spricht ebenfalls vor der Nationalversammlung.
Ein runderneuerter Elysée-Vertrag, wie ihn Macron unmittelbar nach der Bundestagswahl gefordert hatte, liegt zwar noch nicht vor. Die Kanzlerin und der Präsident verständigten sich aber bei ihrem Treffen am vergangenen Freitag in Paris darauf, im Laufe dieses Jahres einen neuen deutsch-französischen Freundschaftsvertrag abzustimmen. In einer schriftlichen Erklärung Macrons und Merkels hieß es, dass der neue Vertrag unter anderem dazu beitragen solle, die wirtschaftliche Vernetzung zwischen beiden Ländern zu verstärken. Dabei solle die bilaterale Rechtsharmonisierung und die gemeinsame Umsetzung von EU-Recht gefördert werden. Merkel und Macron betonten zudem, dass die Wettbewerbsfähigkeit in beiden Ländern gestärkt werden solle.
In der Außen- und Verteidigungspolitik sprachen sich Merkel und Macron für mehr Zusammenarbeit beim Kampf gegen den Terrorismus aus. Das strategisches Denken in der Verteidigungs- und Sicherheitspolitik solle angenähert werden, hieß es in der Erklärung.
Eine gemeinsame Strategie in Verteidigungsfragen ist insofern von Belang, als zahlreiche EU-Staaten am Ende des vergangenen Jahres eine „permanente strukturierte Zusammenarbeit“ (Pesco) der europäischen Streitkräfte vereinbart haben. In Paris setzt man darauf, dass Frankreich dadurch bei künftigen Auslandseinsätzen entlastet wird. Während Frankreich etwa im Jahr 2013 den Einsatz gegen Islamisten in Mali anfangs im Alleingang initiierte, will Paris künftig insbesondere die deutschen Partner stärker miteinbeziehen. So sollen Geheimdienstinformationen rechtzeitig geteilt und gemeinsame Übungen schon im Vorfeld stattfinden.
Aufruf des CDU-Abgeordneten Kruse und seines französischen Kollegen Riester
Derweil beklagten der Bundestagsabgeordnete Rüdiger Kruse und sein französischer Kollege Franck Riester in einem gemeinsamen Appell, dass die deutsch-französische Beziehung in den letzten Jahren geschwächt worden sei. Die an diesem Montag geplanten Sondersitzungen des Bundestages und der Nationalversammlung seien „mehr als eine Gedenkverstaltung“, hieß es in dem Aufruf, den Kruse und Riester im Tagesspiegel-Debattenportal „Causa“ online veröffentlichten.
Der CDU-Abgeordnete Kruse und Riester, der wegen der Zusammenarbeit mit Macron aus der Partei der konservativen Republikaner ausgeschlossen wurde und anschließend im vergangenen November die Mitte-rechts-Partei „Agir“ gründete, forderten unter anderem die Ausarbeitung eines gemeinsamen Wirtschaftsgesetzbuches. Damit sollen kleine und mittelständische Unternehmen ein einheitliches rechtliches Umfeld erhalten. Zudem fordern die beiden Abgeordneten die Schaffung gemeinsamer deutsch-französischer Kulturzentren im Ausland mithilfe von Kooperationen zwischen dem Goethe-Institut und dem Institut Français. Diese Initiative findet sich auch in der gemeinsamen deutsch-französischen Resolution wieder, die der Bundestag und die Nationalversammlung beschließen wollen.