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Große Pläne: Frankreichs Präsident Macron im Gespräch mit Angela Merkel.
© Reuters/Christophe Petit Tesson

Merkel zu Besuch bei Macron: Im europäischen Wartezimmer

Kanzlerin Merkel und Frankreichs Staatschef Macron hoffen auf eine Zustimmung des SPD-Parteitags zur großen Koalition. Derweil will sich die AfD-Fraktion nicht am Elysée-Festakt in Paris beteiligen.

Eigentlich hatte sich Emmanuel Macron mehr Tempo gewünscht. Zum 55. Jahrestag des deutsch-französischen Freundschaftsvertrages, der am kommenden Montag gefeiert wird, wollte Frankreichs Präsident gerne eine Neufassung des Vertrages präsentieren. Der Elysée-Vertrag, den Konrad Adenauer und Charles de Gaulle am 22. Januar 1963 unterzeichnet hatten, sollte um künftige Projekte für die deutsch-französische Zusammenarbeit bereichert werden. So wünschte es sich Macron in seiner Rede an der Pariser Universität Sorbonne zwei Tage nach der Bundestagswahl im vergangenen September.

Die von beiden Seiten geplante Neufassung des Elysée-Vertrages lässt noch etwas auf sich warten. Dies soll aber nichts daran ändern, dass Macron und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in diesem Jahr neue Impulse für die Europäische Union geben wollen. Drei Tage vor dem Jubiläum des Elysée-Vertrages stattete Merkel dem französischen Präsidenten am Freitag einen Besuch in Paris ab. Bei dem Treffen ging es neben europapolitischen Themen auch um internationale Fragen.

Vor der Begegnung antwortete Macron bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Merkel auf die Frage nach seinen konkreten Vorstellungen für einen eigenen Haushalt für die Euro-Zone, es sei jetzt nicht angezeigt, einen konkreten Betrag zu nennen. Vielmehr gehe es darum, eine gemeinsame Vision für die Zukunft der EU zu entwickeln. Dabei nannte Macron unter anderem die Stärkung der gemeinsamen EU-Verteidigungspolitik, eine größere Eigenständigkeit in der Digital-, Umwelt- und Entwicklungspolitik. Jede dieser Aufgaben habe auch „Folgen für den Haushalt“, fügte Macron hinzu.

Merkel: Euro-Zone muss Avantgarde bei der Wettbewerbsfähigkeit sein

Merkel erklärte: „Die Euro-Zone muss die Avantgarde sein, wenn es um Wettbewerbsfähigkeit geht.“ In dem gemeinsamen Sondierungspapier von Union und SPD sei bewusst offen gelassen worden, wie ein mögliches Budget für die Euro-Zone gestaltet werde, erläuterte die Kanzlerin. Das Papier sei aber in jedem Fall so gehalten, „dass wir Raum für Gespräche mit Frankreich haben“.

Aus Macrons Sicht gleicht die internationale Politik derzeit einer Rechnung mit vielen Unbekannten. US-Präsident Donald Trump hat das Verhältnis der USA mit der EU einer Zerreißprobe unterzogen. Die britische Premierministerin Theresa May, die Macron bei einem Gipfel bei London am Donnerstag traf, sucht ihren Kurs beim Brexit. Und beim wichtigsten Partner, also in Deutschland, ist zumindest bis zum SPD-Parteitag am kommenden Sonntag nicht klar, wie es mit der zögerlichen Regierungsbildung in Berlin weitergeht. Macron äußerte die Hoffnung, dass die SPD „großen europäischen Ehrgeiz“ zeige. Die Kanzlerin betonte, dass es insbesondere in der Europapolitik „eine große Basis der Gemeinsamkeit“ zwischen der Union und der SPD gebe.

Größere Klarheit herrscht indes in der Frage, wie Deutschland und Frankreich den 55. Jahrestag des Elysée-Vertrages am kommenden Montag feiern wollen. Die Parlamente beider Länder wollen eine Resolution verabschieden, in der eine Neufassung des Vertrages gefordert wird. Dabei soll unter anderem die Zusammenarbeit beider Länder in der Außen-, Verteidigungs- und Entwicklungspolitik ausgebaut werden. Auch beim Klimaschutz wird eine Fortsetzung der Zusammenarbeit zwischen Berlin und Paris gefordert.

Abgeordnete der AfD wollen nicht mit nach Paris reisen

So viel Aufwand wie beim 50. Jahrestag des Vertrages soll diesmal nicht betrieben werden. Vor fünf Jahren hatten beide Seiten eine gemeinsame Sitzung des Bundestages und der französischen Nationalversammlung in Berlin veranstaltet. Dieses Mal ist eine Rede des französischen Parlamentspräsidenten François de Rugy im Bundestag vorgesehen. Rund 50 Abgeordnete der Nationalversammlung werden am Montag in Berlin erwartet. Anschließend ist am späten Montagnachmittag eine Rede von Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) in der Nationalversammlung geplant. Bei seiner Reise nach Paris wollen Abgeordnete aus allen Fraktionen – außer der AfD – Schäuble begleiten.

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