Transatlantik-Flüge der Bundesregierung: Vier Flugzeuge für fünf Minister
Einzeln, statt gemeinsam: Die Bundesregierung treibt für Termine in den USA den CO2-Ausstoß in die Höhe. Nur eine Ministerin fliegt Linie.
Es sieht in diesen klimabewegten Zeiten nicht gut aus, entsprechend wortkarg ist die Kommunikation. Auf die Frage, warum das Kanzleramt dagegen war, dass Angela Merkel zusammen mit Verteidigungsministerin und CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer in einem Regierungsflieger zu unterschiedlichen Terminen in die USA fliegt, antwortet eine Regierungssprecherin: „Unterschiedliche Delegationsreisen werden unabhängig geplant.“
Soll heißen: Organisatorische Gründe haben einen Strich durch Überlegungen gemacht, gemeinsam in einer Maschine zu fliegen, statt einen zweiten Regierungsflieger für Kramp-Karrenbauer zu buchen.
Es kam zulasten des Klimas anders: So herrschte am Sonntag am militärischen Teil von Berlin-Tegel Hochbetrieb. Erst flog Angela Merkel zusammen mit Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) mit einem Airbus A 340 nach New York. Flugstrecke: 6400 Kilometer mit einem CO2-Ausstoß von geschätzt rund 270 Tonnen für eine Strecke.
Die Bundeskanzlerin will beim UN-Klimagipfel das Klimapaket der Bundesregierung vorstellen und dafür werben, mit engagierteren Maßnahmen als bisher die Erderwärmung einzudämmen.
AKKs Delegation hätte keinen Platz gehabt
Kramp-Karrenbauer musste zufällig auch an die US-Ostküste, sie will sich in Washington erstmals mit US-Verteidigungsminister Mark Esper treffen. Ursprünglich hatte Kramp-Karrenbauer daher mit ihrer Delegation in der Kanzler-Maschine mitfliegen sollen. Der Airbus A340 sollte erst in New York zwischenlanden und dann weiter nach Washington fliegen.
Da Kramp-Karrenbauer bereits am Montagabend nach Deutschland zurückfliegt, wollte sie mit einer normalen Linienmaschine die Rückreise antreten. Die Flugtickets waren bereits bestellt. Das Problem: Kramp-Karrenbauer hat auch eine Delegation und Sicherheitspersonal dabei – es wäre schwierig geworden, beide Delegationen in der Kanzlermaschine unterzubringen.
Doch das Signal ist ein schwieriges, will man doch zum Beispiel durch eine höhere Luftverkehrsabgabe das Fliegen vor allem im Inland teurer machen. So wird die transatlantische Reisetätigkeit in diesen Tagen zumindest klimatechnisch von der Opposition als verheerendes Signal zerpflückt. Laut „Spiegel“ kostet eine Flugstunde der Regierungsflieger zwischen 24000 und 35000 Euro. Die Kosten für das zusätzliche Flugzeug beliefen sich auf mindestens 360000 Euro.
Svenja Schulze reist per Linienmaschine nach New York
Insgesamt gibt es sogar vier Flüge mit Regierungsmitgliedern Richtung USA. Neben Merkel mit dem großen A340 und wenig später Kramp-Karrenbauer, die mit einem Airbus A310 von Berlin Richtung Washington reist, fliegt Dienstag auch noch Außenminister Heiko Maas (SPD) per Regierungsflieger zur UN-Generalversammlung nach New York.
Noch am klimafreundlichsten ist Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) zu dem ebenfalls bei den Vereinten Nationen stattfindenden Klimagipfel geflogen – sie ist per Linienmaschine nach New York gereist.
Das alles wirkt etwas unglücklich nach der großen Präsentation eines „Klimaschutzprogramms 2030“ am Freitag, aber Regierungsmitglieder können sich halt nicht wie Greta Thunberg zwei Wochen in ein Segelboot setzen. Zudem wurde in Regierungskreisen auch verwiesen auf die zuletzt immer wieder von Pannen begleiteten Regierungsflüge, weshalb getrennte Anreisen die Chance eines pünktlichen Ankommens erhöhen.
Hinzu kommt immer wieder auch der Hinweis auf das Sicherheitsargument. 2010 starben bei einem Flugzeugabsturz im Landeanflug auf Smolensk Polens Staatspräsident Lech Kaczynski, seine Ehefrau und viele Abgeordnete und Regierungsmitglieder.
Mehr als 40.000 Tonnen CO2 im Jahr
Das Verteidigungsministerium verweist darauf, dass die Bundesregierung seit 2014 die Klimawirkungen der notwendigen Dienstreisen ausgleiche. Das heißt, für die entstehenden Treibhausgasemissionen werden zur Kompensation Zertifikate erworben, durch die dann wiederum umweltverträgliche Projekte finanziert werden.
Über ihre Flugbereitschaft stößt die Bundesregierung in einem Jahr fast so viel Kohlendioxid aus wie eine kleine Stadt. Das geht aus einer Aufstellung des für die Flugbereitschaft zuständigen Verteidigungsministeriums über die Flüge der Ministerien sowie des Bundeskanzleramtes zwischen Mai 2018 und April 2019 hervor.
Der CO2-Ausstoß der gesamten Flotte lag in der Zeit demnach mit knapp 3000 Flügen bei über 40.000 Tonnen. Die statistische Durchschnittsemission lag in Deutschland zuletzt bei 11,3 Tonnen CO2 pro Jahr und Kopf. Georg Ismar