Ostukraine und Siedlungsbau: USA kritisieren Russland und Israel
Die Regierung Trump hat Russlands Verhalten im Ukraine-Konflikt als "aggressives" Vorgehen verurteilt. Den neuen Siedlungsbau in Israel betrachtet sie als "nicht hilfreich". Der Adressat reagiert zurückhaltend.
In zwei weltpolitischen Konflikten hat die neue US-Regierung nun erstmals Stellung bezogen - und das auf von ihr unerwartete Weise. Überraschend distanzierte sich das Weiße Haus von Israels Siedlungspolitik. Wer neue Siedlungen baue oder bestehende erweitere, gefährde damit womöglich die Friedensbemühungen im Nahen Osten, hieß es am Donnerstagabend aus Washington. In New York verurteilte UN-Botschafterin Nikki Haley Russlands "aggressives" Vorgehen in der Ostukraine. Die Sanktionen sollten aufrecht erhalten werden. In beiden Fällen hatte es von Donald Trump bisher Signale eines milderen Umgangs gegeben.
„Wir glauben zwar nicht, dass die Existenz von Siedlungen ein Hindernis für den Frieden sein muss“, teilte Trumps Sprecher Sean Spicer zur israelischen Politik mit. „Aber der Bau neuer Siedlungen oder ihre Ausweitung über bestehende Grenzen hinaus könnten für das Erreichen dieses Ziels nicht hilfreich sein.“
Grundsätzlich habe die neue US-Regierung noch keine offizielle Position zum Siedlungsbau bezogen, hieß es. Dies sei Gegenstand weiterer Diskussionen, auch mit Netanjahu, der Trump am 15. Februar besuchen wird. Mit dem frisch vereidigten US-Außenminister Rex Tillerson telefonierte Netanjahu am Donnerstag. Über den Gesprächsinhalt wurde zunächst nichts bekannt.
Israels UN-Botschafter: "Werden nicht bei allem einig sein"
Auf die öffentliche Distanzierung reagierte Israel zunächst zurückhaltend. „Ich würde das nicht als einen U-Turn der US-Regierung einordnen, aber das Thema ist sicher auf deren Agenda“, sagte UN-Botschafter Danny Danon dem israelischen Radio am Freitag. Das Büro von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu wollte sich auf Anfrage nicht äußern. Das Thema werde bei Netanjahus Staatsbesuch in den USA diskutiert werden, sagte Danon. „Wir werden uns nicht immer bei allem einig sein.“
Israels Regierungschef hatte am Mittwochabend den Bau einer neuen Siedlung für die Einwohner der nicht-genehmigten und deshalb zwangsgeräumten Siedlung Amona im Westjordanland angekündigt - und mit diesem Vorpreschen Trumps Regierung in ihrer außenpolitischen Findungsphase verärgert, wie ein Zeitungsbericht nahelegt. Ein Komitee solle einen passenden Ort finden und die Einzelheiten klären. Laut der Organisation Peace Now ist es das erste Mal seit 1992, dass die israelische Regierung eine neue Siedlung im Westjordanland gründet. Seitdem habe es nur Erweiterungen bestehender Siedlungen oder rückwirkende Legalisierungen illegaler Außenposten gegeben.
Der Siedlungsbau in den besetzten Palästinensergebieten gilt als Hindernis auf dem Weg zu einem Nahost-Frieden und international als völkerrechtswidrig - denn Staaten dürfen keine eigene Zivilbevölkerung in besetztes Territorium umsiedeln. Israel vertritt dagegen die Auffassung, das im Sechs-Tage-Krieg 1967 eroberte Westjordanland - damals von Jordanien verwaltet - sei zuvor kein Staat gewesen.
Die Vereinten Nationen forderten zuletzt im Dezember einen vollständigen Siedlungsstopp. Die damalige US-Regierung machte von ihrem Veto-Recht kein Gebrauch und erntete dafür massive Kritik aus Israel - und von Trump. Mit dessen Vorgänger Barack Obama war Netanjahu mehrfach wegen der Siedlungspolitik aneinandergeraten.
Ex-Obama-Berater: Israels Rechte sah Blanko-Scheck
Seit Trumps Amtsantritt präsentiert sich Netanjahu in Bezug auf den Siedlungsausbau im Westjordanland und Ost-Jerusalem deutlich offensiver. Anders als früher gab es bisher auch keine öffentliche Kritik aus den USA an seinen Plänen. Die nun erfolgte Distanzierung überrascht, da sich Trump bislang toleranter zur israelischen Siedlungspolitik geäußert und einen ihrer Verfechter als neuen US-Botschafter in Israel auserkoren hat.
Trump wolle den Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern beenden, zitierte die „Jerusalem Post“ einen Vertreter der US-Regierung. Deshalb sollten alle Parteien „unilaterale Handlungen“ vermeiden, die mögliche Fortschritte gefährdeten - dazu gehöre auch die Ankündigung neuer Siedlungen. Trumps Regierung müsse zunächst die Chance zur Abstimmung mit allen Beteiligten haben.
Obamas früherer Nahost-Beauftragter Dennis Ross sagte der „Washington Post“, Spicers Stellungnahme solle offensichtlich „den Überschwang der israelischen Rechten bremsen, die meint, sie habe einen Blanko-Scheck“. Auch die israelische Zeitung „Haaretz“ sprach von einer „womöglich schweren Enttäuschung“ für Hardliner, die gehofft hätten, Trump würde sich von einer Zwei-Staaten-Lösung verabschieden und dem Siedlungsbau weit positiver gegenüberstehen als Obama.
Strafmaßnahmen, bis Russland Kontrolle über Krim zurückgibt
Die neue US-Regierung hat nun auch Moskau Grenzen aufgezeigt. Das geht aus Äußerungen der US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Nikki Haley, am Donnerstag in New York hervor. Die Strafmaßnahmen wegen der russische Annexion der Krim-Halbinsel blieben bestehen, "bis Russland die Kontrolle über die Halbinsel an die Ukraine zurückgegeben hat".
Haley verurteilte zugleich die "aggressiven Handlungen" in der Ostukraine. Zwar strebe ihre Regierung eine Verbesserung der Beziehungen zu Moskau an, sagte sie vor dem UN-Sicherheitsrat. Doch verlange die "grässliche Situation" in der Ukraine nach einer "klaren und starken Verurteilung" des russischen Vorgehens.
Die Kämpfe in der Ostukraine hatten sich zuletzt verschärft. Bei den tagelangen Gefechten zwischen ukrainischen Soldaten und prorussischen Rebellen wurden mehr als 20 Menschen getötet.
Die Vereinigten Staaten stünden auf der Seite des ukrainischen Volkes, das seit fast drei Jahren "unter der russischen Besatzung und Militärintervention leiden", sagte Haley. Solange Russland und die separatistischen Kräfte nicht die Souveränität der Ukraine respektierten, "wird diese Krise weitergehen".
Haleys Stellungnahme zum Ukraine-Konflikt unterschied sich nicht von den Positionen, die die Vorgängerregierung von Präsident Barack Obama bezogen hatte - sie selber sprach von einer "Neuauflage" der früheren Statements.
Seit dem Amtsantritt des neuen US-Präsidenten vor zwei Wochen war mit Spannung erwartet worden, ob es eine Veränderung in der US-Position zum Ukraine-Konflikt geben könnte, nachdem sich Trump wiederholt anerkennend über den russischen Staatschef Wladimir Putin geäußert hatte. (dpa, AFP)
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