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Bei einem Luftschlag wurde in Aleppo eine Klinik und angrenzende Gebäude getroffen. Dabei sollen bis zu 30 Menschen ums Leben gekommen sein.
© Abdalrhman Ismail/Reuters
Update

Krieg in Syrien: UN-Generalsekretär: Angriff auf Krankenhaus in Aleppo "unentschuldbar"

Alle 25 Minuten ist in Syrien ein Toter zu beklagen. Die Feuerpause droht endgültig zu scheitern. Auch die Genfer Vermittlungsversuche enden ergebnislos – die Gewalt im Land nimmt wieder zu.

Vogelgezwitscher statt permanentem Artilleriefeuer. Spielplatz statt beengtes Wohnzimmer. Einkaufsbummel statt ums Leben rennen – vor zwei Monaten gab es in Syrien für ein paar Tage so etwas wie Alltag, wenn auch unter den Bedingungen eines Krieges. Eine von den USA und Russland durchgesetzte Waffenruhe hatte den geschundenen Menschen dieses Durchatmen ermöglicht. Doch damit scheint es vorbei.

Die Intensität der Gewalt nahm zwar zunächst tatsächlich ab. Es wurde weniger gelitten und gestorben als vor der Übereinkunft. Hilfsorganisationen wie das Welternährungsprogramm (WFP) konnten erstmals seit langer Zeit vor allem die Not der Menschen in belagerten Städten ein wenig lindern. Bis zu 700.000 Bedürftige habe man mit Nahrungsmitteln versorgen können, berichtet Jakob Kern, Landesdirektor der UN-Organisation in Syrien. Einige Orte mussten zuvor bis zu anderthalb Jahren auf Unterstützung warten.

Doch schon als die Vereinbarung am 27. Februar in Kraft trat, gab es erhebliche Zweifel, ob die Feuerpause Bestand haben würde. Die aus vielen nicht islamistischen und islamistischen Milizen bestehende Opposition traut nach wie vor dem Regime nicht über den Weg. Die Regierung in Damaskus wiederum sieht sich seit Moskaus Eingreifen zurück auf der Siegerstraße und glaubt, das ganze Land zurückerobern zu können.

Aleppo spielt in diesen Plänen eine zentrale Rolle. Seit Tagen wird die einstige Rebellenhochburg und Wirtschaftsmetropole wieder heftig attackiert. Allein am Donnerstag wurden Rettungshelfern zufolge bei Luftangriffen unter anderem auf ein Krankenhaus mindestens 30 Menschen getötet. Das Rote Kreuz warnt, in Aleppo seien „Millionen in Gefahr“.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon verurteilte den Angriff auf das Krankenhaus scharf. Es sei "unentschuldbar", Zivilisten ins Visier zu nehmen, erklärte Ban in New York. Die Verantwortlichen müssten zur Rechenschaft gezogen werden. Ban beklagte "blindwütige Bombardierungen durch Kräfte der Regierung und der Opposition" in jüngster Zeit. Er rief die Konfliktparteien auf, "unverzüglich die Feindseligkeiten einzustellen". Der UN-Generalsekretär forderte dabei insbesondere die USA und Russland auf, ihren Einfluss geltend zu machen und die verfeindeten Parteien zu einem Ende der Gewalt zu bewegen.

US-Außenminister John Kerry richtete diese Erwartung vor allem an Russland. Die Truppen der von Russland unterstützten Regierung von Baschar al-Assad griffen "offenbar absichtlich medizinische Einrichtungen" an, erklärte Kerry in Washington. Die Attacke auf das Krankenhaus in Aleppo sei "empörend", kritisierte er. "Russland hat eine dringende Verantwortung, Druck auf das Regime auszuüben." Das militärische Vorgehen der Regierungstruppen in Aleppo verstoße gegen die Vereinbarungen des Waffenstillstands.

Wann und ob weiter verhandelt wird, ist völlig offen

Die Feuerpause war ohnehin immer eine unter Vorbehalt. Und die heftigen Kämpfe in den vergangenen Tagen zeigen in aller erschreckenden Deutlichkeit: Der Waffenstillstand ist nicht nur brüchig, sondern am Ende. Selbst die diplomatisch zurückhaltenden Vereinten Nationen schlagen jetzt Alarm. In den vergangenen zwei Tagen sei im Durchschnitt alle 25 Minuten ein Syrer getötet worden, sagte der UN-Sonderbeauftragte Staffan de Mistura am Donnerstag. Die Feuerpause drohe „zu kollabieren“. Washington und Moskau müssten daher sofort eine neue Friedensinitiative starten.

Dass die Feuerpause nun endgültig zu scheitern droht, liegt nicht zuletzt an den Genfer Verhandlungen. Die sollen dabei helfen, den Konflikt mit politischen Mitteln zu lösen. Doch die jüngste Gesprächsrunde in der Schweiz endete am Mittwoch ergebnislos. Wann und ob es überhaupt weitergeht, ist völlig offen, ja, sehr fraglich. Denn die Positionen der Opposition und der syrischen Machthaber liegen nach wie vor extrem weit auseinander. Beide Seiten haben bisher noch nicht einmal direkt miteinander geredet. UN-Vermittler De Mistura musste deshalb immer wieder Botschaften zwischen den verfeindeten Parteien übermitteln.

Was wird aus Assad?

Die Vertreter der Aufständischen sind nach wie vor fest davon überzeugt, dass das Regime keinerlei Interesse an einem friedlichen Übergang hat. Vielmehr lasse Baschar al Assad keine Gelegenheit aus, sein Herrschaftsgebiet mit Waffengewalt auszubauen. Experten bestätigen diese Einschätzung: Die Zahl der Luftangriffe hatte sich zwar zeitweise verringert, gänzlich eingestellt wurden sie allerdings nie.

Auch in der Frage, was aus Assad werden soll, liegen die Rivalen über Kreuz. Die Repräsentanten aus Damaskus bestehen darauf, dass Syriens Diktator sein Amt als Staatschef behält – für die Aufständischen ist dies unvorstellbar. Zu viel Blut klebe an Assads Händen, sagen sie. Doch nicht nur die offenkundig unvereinbaren Positionen machen die Gespräche in Genf so schwierig. Es mangelt inzwischen wohl auch an Vertrauen in De Misturas Neutralität. Die Opposition beklagt schon seit Längerem, der UN-Vermittler ergreife zu sehr für das Regime Partei.

Dass die Gespräche in Genf nicht vorankommen, hat direkte Folgen für die Menschen in Syrien. Laufe es bei den Verhandlungen schlecht, werde es auch für seine Organisation schwieriger zu helfen, sagt Jakob Kern vom Welternährungsprogramm. „Im Gegensatz zu Ende Februar warten wir heute oft lange, bis Hilfslieferungen genehmigt werden.“ Und auch das ist Realität in Syrien: Von 18 belagerten Gebieten sind drei – allesamt Vororte von Damaskus – bis heute für die Vereinten Nationen unzugänglich. (mit AFP)

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