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Der Fußball verbindet noch: Die Staatsoberhäupter Andrzej Duda (links) und Joachim Gauck im Juni 2016. Der 25. Jahrestag des Nachbarschaftsvertrags fiel mit dem EM-Spiel Deutschland-Polen zusammen.
© dpa

Andrzej Duda lobt Deutschland: Überraschend freundliche Töne aus Warschau

Ein wirtschaftlich und militärisch starkes Deutschland liege im Interesse Polens, sagt Präsident Andrzej Duda. Das weckt Hoffnung auf einen Kurswechsel. Ein Porträt.

Seit dem Wahlsieg der rechtspopulistischen PiS-Partei im Herbst 2015 gehört es in Polen zum Regierungsalltag, vor Deutschland zu warnen, seiner Übermacht in Europa und dem verbreiteten Hang zur romantischen Verklärung Russlands in den Eliten.

Die Vorgängerregierung hatte Deutschland als guten Nachbarn und besten Verbündeten behandelt. Das gipfelte in der Berliner Rede ihres Außenministers Radoslaw Sikorski: Deutschland sei eine „unverzichtbare Nation“ für Europa und Polen. „Ich fürchte nicht deutsche Macht, sondern deutsche Untätigkeit.“

"Polen braucht ein starkes Deutschland"

Deshalb ist bemerkenswert, wie positiv sich Präsident Andrzej Duda jetzt äußert. „Auch ich fürchte Deutschland nicht. Ein wirtschaftlich starkes Deutschland liegt in Polens Interesse“, sagt er der Zeitschrift „Polski Przeglad Dyplomatyczny“. (Hier die englische Fassung.) Ebenso ein militärisch starkes Deutschland, „denn wir brauchen starke Verbündete in der Nato“. Und Polen „braucht ein Deutschland, das solidarisch mit seinen EU-Partnern ist, besonders in der Energiepolitik“. Die Diskussion, ob Deutschland die Führungsrolle in der EU haben solle, erklärt der der 44-Jährige für überflüssig. „Deutschland ist der reichste, mächtigste und einflussreichste Staat Europas. Das wird sich in den kommenden Jahrzehnten wohl auch nicht ändern. Punkt.“

Duda tritt dem in Polen verbreiteten Bild entgegen, viele Deutsche zeigten zu viel Verständnis für Wladimir Putin. Auch er kenne die Umfragen, wonach eine Mehrheit der Deutschen zögere, ihre Nato-Partner in Polen und den baltischen Staaten gegen einen Angriff zu verteidigen. Das ändere aber nichts daran, dass „Angela Merkel die einzige Person ist, die noch einen minimalen Einfluss auf Wladimir Putin hat“. Merkel „weiß genau, welche Gefahr vom heutigen Russland für Europa ausgeht“.

Befreit sich Duda aus Kaczynskis Schatten?

Die frische Tonlage steht in erfreulichem Kontrast zu der des Parteichefs Jaroslaw Kaczynski und des Außenministers Witold Waszczykowski. Kündigt sie eine Neuorientierung des Präsidenten an? Dann öffnen sich neue Chancen – bilateral und in der Europapolitik. Es war erstaunlich, dass weder Duda noch Regierungschefin Beata Szydlo ihre respektablen Wahlsiege bisher genutzt haben, um sich aus dem Schatten des 67-jährigen „Präses“ Kaczynski zu befreien und ein eigenes Profil zu entwickeln.

Inzwischen musste die PiS aber erste Niederlagen hinnehmen, zum Beispiel im Kampf um ein schärferes Abtreibungsrecht. Und vielleicht spielt Dudas Frau Agata Kornhauser-Duda eine Rolle: Sie ist Germanistin und hat große Sympathien für Deutschland. Es lohnt sich, die Entwicklung in Warschau im Auge zu behalten.

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